Zum Start in die Sommerpause rät die Landtagspräsidentin allen bayerischen Abgeordneten zur Abkühlung - für Körper wie Geist. "Ich freue mich, dass hier im Parlament es stellenweise auch gelungen ist, dass sachfremde Hitzigkeit in der Debatte herausgenommen wurde", sagt Ilse Aigner (CSU) in ihren traditionellen Schlussworten. Genau das wünsche sie sich für die Zukunft: "Miteinander - nur so kann es gehen in einer Demokratie." Aigners Appell an die Parlamentarier: "Heizen wir die Debatten nicht unnötig an."
Als kurz darauf AfD-Politikerin Katrin Ebner-Steiner als Chefin der größten Oppositionsfraktion ans Rednerpult tritt, tut sie genau das Gegenteil. Sie teilt aus: gegen alle anderen Parteien und gegen Migranten.
Ebner-Steiner teilt aus
Ebner-Steiner spricht von einer "gespenstischen Entwicklung" in Deutschland und verspottet die SPD als "Spezialdemokraten", die "einen Staatsstreich versucht" hätten. Die Politik der "Kartellparteien" höhle das Grundgesetz aus, beklagt die AfD-Politikerin und geht über zum Thema Migration: Einheimische würden von "migrantischen Tätern" getötet, vergewaltigt, mit Messern attackiert.
Mehrmals schaltet sich Aigner ein, bittet die AfD-Fraktionschefin, sich an die Gepflogenheiten zu halten, bei den Schlussworten versöhnliche Töne zu wählen. Ebner-Steiner zeigt sich unbeeindruckt: "Ich gestalte meine Rede so, wie ich das möchte", ruft sie und liest weiter ihr Manuskript ab. Aigner versucht es erneut: "Wenn Sie sich jetzt nicht an die Regeln halten, werde ich die Sitzung unterbrechen."
Ebner-Steiner lässt es darauf ankommen: "Frau Präsidentin, auch Sie werden sich an neue Gepflogenheiten gewöhnen müssen!" Es werde nicht mehr lange dauern, bis die AfD an der Macht sei. Weiter geht es im Redetext: "Überall in Bayern gibt es Übergriffe auf Kirchen und Christen. Das Bild vieler Innenstädte wird mittlerweile von Dönerläden, Barbershops, Shisha-Händlern und arabischen..." In diesem Moment schaltet Aigner das Mikrofon ab und verkündet: "So, Frau Kollegin, ich beende das jetzt."
Söder: AfD soll niemals die Macht erlangen
Traditionell folgt auf die Oppositionsführerin der Ministerpräsident als letzter Redner. Markus Söder (CSU) geht nur kurz auf Ebner-Steiner ein. "Wir haben freies Rederecht", sagt er. Aber: "So, wie diese Rede gehalten wurde, ist klar, dass wir Demokraten zusammenhalten, damit Sie eben nicht jemals die Macht bei bei uns erlangen".
In Ebner-Steiners Schlusswort habe man gehört, wie schlimm und schlecht alles sei. Söder verwahrt sich gegen "die Zerrbilder, die manchmal von Bayern und unserem Land gezeichnet werden". In Wahrheit bleibe der Freistaat "ein großartiges und starkes Land".
Im Video: Ilse Aigner zum AfD-Eklat vor der Sommerpause
Ilse Aigner zum AfD-Eklat vor der Sommerpause
Ebner-Steiner zum Zweiten
Normalerweise wäre die Sitzung jetzt zu Ende. Doch die AfD-Fraktion beantragt, auf die Rede des Ministerpräsidenten reagieren zu dürfen. Das ist bei den Schlussworten nicht üblich, laut Geschäftsordnung aber möglich.
Ebner-Steiner bringt ihre Rede doch noch zu Ende: Sie kritisiert "multi-ethnischen Besiedlungszonen", warnt vor "orientalischen Jugendgruppen", wirft der CSU vor, "dieses Land zu islamisieren". Ein "Spinnennetz aus Parteien, Vorfeldorganisationen und Lobbyverbänden" habe eine milliardenschwere "Machterhaltungsmaschinerie" geschaffen. Deutschland habe eine kollektive Psychose und müsse auf die Couch.
"Hass und Hetze"
Das wolle sie so nicht stehen lassen, sagt Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Um Ebner-Steiner nicht mehr Raum zu geben, "als sie verdient", spricht Schulze über die Menschen, die in Bayern eine Heimat gefunden haben: "Wir als Demokratinnen und Demokraten, wir stehen hinter neben und vor ihnen!" CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek kritisiert es als unangemessen, "im Hohen Haus bei Schlussworten Hass und Hetze zu setzen".
Nach der Sitzung stehen viele Abgeordnete noch beisammen, diskutieren mit ernsten Gesichtern. Ebner-Steiner posiert derweil im Plenarsaal lächelnd für ein Foto. Später wird sie einen "beispiellosen Eingriff" in ihr Rederecht beklagen.
Aigner mag sich im ersten Moment nicht äußern, auch sie schickt später ein Statement: Über Jahrzehnte sei es bei den Schlussworten üblich gewesen, "versöhnlich aufzutreten und politische Erklärungen in den Hintergrund zu stellen". Die AfD-Fraktionsvorsitzende habe diese Gepflogenheit missbraucht: "Sie hat rechtsextremistische Thesen geäußert und damit ihre Vertreter-Rolle für alle anderen Oppositionsparteien verwirkt." Für den Herbst kündigt Aigner Gespräche mit den Fraktionen an, "ob oder wie es mit dieser Tradition weitergeht".
Im Video: AfD provoziert Eklat im Landtag
AfD-Fraktionsvorsitzende Ebner-Steiner
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