Ein Strauß Blumen und eine Kerze vor dem Kinder- und Jugendzentrum Wunsiedel (2023).
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Ein Strauß Blumen und eine Kerze vor dem Kinder- und Jugendzentrum Wunsiedel (2023).

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Wunsiedel-Urteil - So reagiert die Familie

Wunsiedel-Urteil - So reagiert die Familie

Im Prozess um den Missbrauch eines Mädchens in einem Kinderheim in Wunsiedel ist das Urteil gefällt worden. Der angeklagte Daniel T. wurde unter anderem wegen Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Am Landgericht Hof ist das Urteil im Prozess gegen Daniel T. gefallen. Der 26 Jahre alte Müllwerker wurde zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er wurde schuldig gesprochen für Vergewaltigung und den schweren Missbrauch von Kindern mit und ohne Körperkontakt. Auch ein Wohnungseinbruchsdiebstahl und vier Diebstähle werden dem 26-Jährigen zur Last gelegt. Eine Beteiligung an der Tötung des Mädchens konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Angeklagter war nicht wegen der Tötung angeklagt

"Es sei eine unbegreifliche Verkettung schwerwiegender Zufälle", so der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. Das Geschehen im Wunsiedler Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef habe zum Tod der zehnjährigen Lena geführt. Auch wenn es für die Eltern des getöteten Kindes schwer nachvollziehbar sei: Es sei nicht Aufgabe des Gerichts aufzuklären, wer Lena ermordet habe.

Der Angeklagte sei wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung angeklagt gewesen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Träger des Kinderheims, die Katholische Jugendfürsorge Regensburg, für den Tod mitverantwortlich sei, hieß es in der Urteilsbegründung weiter.

Die Angaben, die der Angeklagte selbst zu Prozessbeginn äußerte, seien im Laufe des Prozesses bestätigt worden. Das Gericht stufte sie als glaubwürdig ein. Die Aussagen des mittlerweile zwölfjährigen Jungen hingegen nicht. Seine Aussagen seien nicht zu verwenden, so der vorsitzende Richter. Der Zwölfjährige werde intensiv betreut und habe keinen Kontakt zu anderen Kindern, so der Anwalt des Jungen, der ebenfalls als Nebenkläger auftrat.

Pädophile Neigungen "nicht diagnostizierbar"

Die Frage, wieso sich ein erwachsener Mensch von einem Kind zu sexuellen Handlungen hätte verleiten lassen, wurde mit der Frühsexualisierung des damals Elfjährigen erklärt. Der Junge soll bereits vor der Tatnacht pornografischen Videos gesehen haben. Pädophile Neigungen des Angeklagten seien hingegen nicht diagnostizierbar gewesen. Der Angeklagte habe sich während des Prozesses geständig, kooperativ und reuig gezeigt, so der vorsitzende Richter. Während der Urteilsverkündung und der anschließenden Begründung richtete der Angeklagte den Blick auf den Boden.

Mutter: "Bitter und unbefriedigend"

Die Mutter der getöteten Lena habe das Urteil mit "gemischten Gefühlen" aufgenommen, erklärte ihr Anwalt im Gespräch mit BR24. Sie könne zwar verstehen, dass das Urteil so oder so ähnlich ausfallen musste. Dennoch sei es schwer zu akzeptieren, da ihr Kind so grausam gestorben sei. Es sei "bitter und unbefriedigend", denn es gebe Fragen, die offen bleiben.

Die getrennt lebenden Eltern Lenas waren als Nebenkläger aufgetreten. Allerdings waren sie nie selbst im Landgericht Hof vor Ort anwesend. "Das wäre psychisch viel zu belastend, zumal das Medieninteresse auch so groß ist", hatte die Anwältin des Vaters, Martina Fuchs-Andonie, beim Prozessauftakt erklärt.

Trägerin: "Viele Monate im Krisenmodus"

Nach der Verurteilung hat sich die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg als Trägerin des Kinderheims zu Wort gemeldet. Das Kinder- und Jugendhilfezentrum blicke auf viele Monate im Krisenmodus zurück, teilte die Jugendfürsorge der Diözese Regensburg am Mittwoch mit. "Für die Familie des Mädchens bleibt der Verlust eines Kindes zu betrauern ebenso wie für die Einrichtung St. Josef", heißt es in der Mitteilung weiter.

Auch die Kinder, Jugendlichen und Mitarbeiter seien von großer Betroffenheit bewegt. Sie leben seit einem Jahr in einer "Ausnahmesituation, in der Trauer und Ängste angesehen und gemeinsam bewältigt werden mussten." In dieser sehr schweren Zeit sei es den Verantwortlichen vor allem ein Anliegen gewesen, "die Kinder bestmöglich zu begleiten."

Trauerarbeit als fester Bestandteil des Alltags

In den ersten Wochen nach dem Tod des zehnjährigen Mädchens seien neben dem Krisenteam in der Einrichtung insbesondere die Erzieherinnen und Erzieher im Gruppendienst gefordert gewesen. Für die Betreuung der Kinder nachts sei das Personal verstärkt worden, um den Kindern bei Belastungsanzeichen zu helfen. Es hätten zwei Psychologinnen und ein Psychologe die Kinder auch in Einzelgesprächen betreut. Auch seien die Schulleitungen und Lehrkräfte der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen aus in die Krisenbewältigung einbezogen worden, um die Kinder und Jugendlichen "emotional zu stabilisieren."

Die Trauerarbeit sei fester Bestandteil des Alltags gewesen. In der Kirche, in der Wohngruppe sei jeweils ein Trauerort geschaffen worden. "Dies gab den Kindern die Möglichkeit zu zeigen, wofür sie keine Worte hatten", heißt es in der Mitteilung weiter. Bis heute sei ein eigens gepflanzter Apfelbaum auf dem Gelände der Ort, wo die Kinder und Mitarbeiter trauern könnten.

Der Fall der vergewaltigten und später getöteten Zehnjährigen belastet das Wunsiedler Kinderheim nach wie vor. Der Prozess gegen den heute verurteilten 26-Jährigen habe "ängstigend und verstörend auf die Kinder und Jugendlichen wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in St. Josef" gewirkt. Das Kinderheim ringe nach wie vor um Normalität.

Mädchen tot im Kinderheim aufgefunden: Was war geschehen?

Im April des vergangenen Jahres war die zehn Jahre alte Lena aus Waldsassen tot in einem Bett des Wunsiedler Kinderheims aufgefunden worden. Ermittlungen der Polizei ergaben, dass das Mädchen vor ihrem Tod sexuell missbraucht worden war. Die Auswertung der Spuren führte die Ermittler des Sonderkommission "Park" zu einem 26-Jährigen aus dem Landkreis Wunsiedel. Seit Februar muss sich Daniel T. nun vor dem Landgericht Hof verantworten.

Auf der Suche nach Diebesgut soll er durch ein geöffnetes Badfenster in die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung eingestiegen sein. Dort sei er auf einen damals noch elfjährigen Heimbewohner getroffen. Zwischen den beiden soll sich den Ermittlungen zufolge ein Gespräch mit sexuellen Inhalten entwickelt haben. Der Angeklagte habe sich dann vor dem Jungen befriedigt und die zehnjährige Lena missbraucht. Dann soll er laut eigener Aussage das Heim verlassen haben. Später soll der Junge das Mädchen erdrosselt haben – offenbar in einem Streit.

Während des Prozesses wurde klar: Eine Beteiligung an der Tötung des Mädchens kann dem 26 Jahre alten Müllwerker nicht nachgewiesen werden. Dass hingegen der heute Zwölfjährige das Mädchen getötet hat, scheint unbestritten. Er ist jedoch nicht strafmündig.

Gutachter kritisiert: Setzte Polizei Jungen unter Druck?

Aussagen des Jungen hatten besagt, dass er von Daniel T. zur Tötung angestiftet worden sei. "Wenn der Einbrecher nicht gekommen wäre, dann wäre das alles gar nicht passiert", soll der heute Zwölfjährige laut Aussage seines Anwalts Michael Hasslacher gesagt haben.

Es war jedoch für den eingesetzten Gutachter nicht möglich, die Glaubwürdigkeit der Aussagen zu beurteilen. Die Frageweise der Ermittler sei manipulativ und suggestiv gewesen und die Vorgehensweise hätte keinen internationalen Standards entsprochen. Daher konnte die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Jungen nicht beurteilt werden.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den 26 Jahre alten Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren gefordert, wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung. Der Verteidiger des angeklagten Mannes hatte auf sechs Jahre plädiert.

Im Audio: Im Prozess um den Tod eines Mädchens in Wunsiedel ist das Urteil gefallen

Der Angeklagte sitzt hinter einer Glaswand im Landgericht Hof.
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Der Angeklagte sitzt hinter einer Glaswand im Landgericht Hof.

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