Besucher am Info-Stand der Traunsteiner Friedensinitiative, im Vordergrund PACE-Flagge
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Besucher am Stand der Traunsteiner Friedensinitiative
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Zuviel Verständnis für Putin? Friedensbewegung in der Krise

Zuviel Verständnis für Putin? Friedensbewegung in der Krise

Diesen Sonntag ist Weltfriedenstag, aber die Friedensbewegung hat schon bessere Zeiten gesehen: Angesichts des Ukrainekrieges kritisieren viele die "Naivität" der Pazifisten und wenden sich ab. Das bekommt auch die Traunsteiner Initiative zu spüren.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Ein bisschen mulmig ist Renate Schunck, wenn sie wie vergangene Woche an ihrem Info-Stand steht. "Es ist nicht einfach, immer wieder zu hören, Ihr seid ja Putin-Versteher", sagt die Vorsitzende der Friedensinitiative Traunstein Traunreut Trostberg. "Aber wir wollen zeigen: Nicht die ganze Bevölkerung ist dafür, kriegstüchtig zu werden. Wir wollen nicht, dass unsere Kinder wieder in den Krieg geschickt werden."

Nur einige Passanten nehmen Info-Flyer an

Große Plakate haben die Pazifisten in der Traunsteiner Fußgängerzone aufgehängt. "Sicherheit in Europa gibt es nur mit Russland" ist zu lesen, und: "Verhandeln statt Schießen". Schunck nimmt ein paar Flugblätter, will sie Passanten in die Hand drücken. "Hier bitte - Frieden neu denken", sagt sie. Manche greifen zu, aber der Großteil geht einfach weiter, einige drehen sich auch abrupt weg. Als eine Dame "Nein danke!" sagt, freut sich Schunck: "Oh, so höflich"!

Doch es gibt auch deutlichere Ablehnung: "Das bringt nix", sagt eine Traunsteinerin. "Putin und Co. kann man nicht umstimmen mit einer Initiative." Ein Mann aus München ergänzt: "Also ich bin nicht für Krieg, ich bin ganz stark für Frieden. Aber wir müssen uns schon so weit aufrüsten, dass uns keiner angreift."

Viel weniger Teilnehmer bei Ostermärschen als früher

Die Friedensbewegung in Deutschland hatte ihre Hochzeit in den 80er Jahren. Hunderttausende gingen auf die Straßen, demonstrierten unter anderem für Entspannungspolitik und gegen den NATO-Doppelbeschluss, der die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa vorsah. Von dieser Resonanz ist nur noch ein Bruchteil übrig.

Dieses Jahr freute sich die Friedenskooperative über insgesamt 40.000 Teilnehmer bei den rund 100 Ostermärschen bundesweit. Dies sei im Vergleich zu den Vorjahren "ein gutes Signal, dass viele Menschen mit dem aktuellen Regierungskurs der Hochrüstung und Kriegstüchtigkeit nicht einverstanden sind", schreibt die Zentralorganisation der deutschen Friedensinitiativen.

Keine Unterstützung mehr von den Grünen

Auch die Grünen, ursprünglich entstanden aus der Friedensbewegung, haben sich abgewendet. Bis zum Einmarsch Russlands in die Ukraine haben sie den Traunsteiner Ostermarsch mitorganisiert. Heute schreiben sie auf BR-Anfrage, sie hätten eine andere Vorstellung, wie Frieden erreicht werden könne. Ihre Hilfe gelte der Ukraine – solange es nötig sei, auch militärisch.

Die Traunsteiner Friedensaktivistin Ana Aigner ist selbst Mitglied bei den Grünen. Sie bedauert deren aktuelle offizielle Haltung und kämpft für Veränderung. Dazu ist sie der parteiinternen Gruppe "Gewaltfrei Grün" beigetreten. "Es gibt viele, nicht die Mehrheit, aber eine erhebliche Minderheit, die versuchen, innerhalb der Partei dieses Prinzip hochzuhalten."

Und auch in der Traunsteiner Fußgängerzone finden sich dann noch einige Mitstreiter gegen Wehrpflicht und Waffenlieferungen. Eine junge Mutter schaut sich lange am Infostand um, dann sagt sie: "Es fühlt sich hier für mich sehr richtig an, weil es keinen Hass propagiert, keine Isolation, keinen Krieg, sondern wirklich auf etwas zeigt, was Zukunft hat."

Pazifisten wollen weiter "Zeichen setzen"

Eine ältere Dame sagt, sie verstehe, dass die Menschen für Frieden auf die Straße gehen. "Im Krieg stehen sich junge Leute gegenüber, die haben sich nichts getan, die wären im normalen Leben wahrscheinlich Freunde, und jetzt sollen die aufeinander schießen. Ich find das schlimm."

Zwei Stunden verteilt Renate Schunck Flyer und führt Gespräche am Infostand . Zum Schluss zieht sie eine positive Bilanz: "Das hat man heute schön gesehen, dass viele Leute auch dankbar herkommen und froh sind, dass wir hier sind und ein Zeichen setzen." Das nächste Zeichen wollen die Traunsteiner Pazifisten am Tag der Deutschen Einheit setzen – und zu großen Friedensdemos nach Berlin und Stuttgart fahren.

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