In einem mehrtägigen Treffen wollen Vertragsstaaten der Anti-Tabak-Konvention zum Kampf gegen Tabakkonsum beraten. Auch die Lobbyarbeit der Konzerne wird Thema sein auf der Konferenz von183 Staaten, die ein Rahmenabkommen der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Eindämmung des Tabakkonsums (FCTC) unterzeichnet haben. Am heutigen Montag beginnt in ihre 11. Konferenz.
Wirbel um die Filter der Filterzigaretten
Im Vorfeld der Konferenz hatte es Wirbel um Filterzigaretten gegeben, genauer: um die Filter, die aus Kunststoff sind und nach Angaben des kommissarischen Leiters des FCTC-Sekretariats, Andrew Black, nicht nur giftig sind, sondern auch erheblich zur weltweiten Plastikverschmutzung beitragen.
Was daran wahr ist: Ein Expertenpapier, das in Genf auf dem Tisch liegt, enthält unter anderem den Vorschlag zu einem Verbot der Einfuhr und Herstellung von Filtern und Filterzigaretten. Aber es enthält auch 15 weitere Maßnahmen, zum Beispiel ein Verbot von Aromastoffen in E-Zigaretten.
Wunsch nach höherer Tabaksteuer
Das Papier stammt von unabhängigen Expertinnen und Experten, die von den Vertragsstaaten beauftragt waren, neue Ideen zur Einschränkung von Tabak- und Nikotin-Konsum vorzulegen. Filterzigaretten machen 90 Prozent des Marktes aus. Die Tabak-Lobby sieht in dem Entwurf den ersten Schritt für ein mögliches Verbot von Filterzigaretten.
Wahr ist zwar auch, dass die WHO ein Filterverbot begrüßen würde. "Das darf aber nicht etwa von der Besteuerung von Tabak ablenken, was den Verbrauch sehr viel stärker schrumpfen lassen würde", sagte Etienne Krug, Direktor der für Tabak zuständigen WHO-Abteilung, zu der Filterdiskussion im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Von Deutschland wünscht sich die WHO regelmäßig höhere Tabaksteuern.
Diskussion um Werbeverbot und Tabakverkauf
Eine der 16 empfohlenen Maßnahmen sieht auch vor, Werbung ganz zu verbieten und Tabakprodukte nicht mehr kommerziell verkaufen zu lassen, sondern nur noch von öffentlichen Einrichtungen unter strikten Regeln. Das verhindere, dass Firmen mit Werbung neue Kunden ködern und ihren Gewinn maximieren können.
Ein anderer Vorschlag ist, den Verkauf an Personen ab einem bestimmten Geburtsdatum zu verbieten, wie es in Teilen des US-Bundesstaates Massachusetts und seit 1. November auf den Malediven gilt. Die Vorschläge empfehlen zudem ein Verbot sämtlicher Tabakzusätze und Aromastoffe.
Auch neue Produkte der Tabakindustrie wie E-Zigaretten oder solche, die den Tabak erhitzen statt verbrennen sind der WHO ein Dorn im Auge. "Die WHO empfiehlt allen Ländern, Nikotinpflaster, E-Zigaretten, Tabakerhitzer und rauchfreien Tabak mindestens genauso streng zu regulieren wie herkömmliche Tabakprodukte", verlangt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
WHO: 15 Millionen Minderjährige weltweit nutzen E-Zigaretten
Die WHO hat sich auch bereits für ein Verbot von Aromastoffen ausgesprochen, weil die Produkte vor allem auf Kinder zielten, um sie früh nikotinabhängig zu machen. Nach Angaben von Benn McGrady, Jurist in der WHO-Abteilung, die sich mit Tabak beschäftigt, nutzen weltweit 15 Millionen Minderjährige E-Zigaretten. "In Ländern, für die Daten vorliegen, ist die Konsumrate bei Kindern neunmal höher als bei Erwachsenen", sagt er.
Bei dem Treffen in Genf wollen Delegierte auch über die massive Lobbyarbeit der Tabakkonzerne sprechen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor Industrieversuchen, den Kampf gegen Tabak und Nikotin zu untergraben.
Vorschläge nicht verbindlich
Was die Konferenz erarbeitet, ist für die Länder nicht verbindlich. "Normalerweise wird ein solcher Bericht von der Konferenz zur Kenntnis genommen, und dann könnten einzelne Vertragsparteien die Maßnahmen ergreifen, die sie für angemessen halten", sagt WHO-Jurist McGrady.
Das würde auch für Filter und Filterzigaretten gelten. Wobei die EU ein solches Verbot gar nicht vorhat: "Die Europäische Kommission plant nicht, Filterzigaretten zu verbieten", stellt die Gesetzesinitiativen zuständige EU-Kommission klar.
Und selbst wenn die EU-Kommission ein Filterverbot auf den Weg bringen würde, könnten die EU-Staaten - also auch die Bundesregierung - das verhindern. Denn im Bereich der Gesundheitspolitik hat die EU nur eingeschränkte Kompetenzen.
Schädliches Rauchen
Weltweit sterben jedes Jahr laut Schätzungen acht Millionen Menschen durch den Tabakkonsum und seine Folgen. In der EU sollen es jährlich rund 700.000 Menschen sein. Mehr als ein Viertel der europäischen Krebstoten ist einer statistischen Erhebung zufolge auf Rauchen zurückzuführen. Auch Passivrauchen erhöht demnach das Krebsrisiko.
Mit Informationen von AFP und dpa.
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