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Cem Özdemir (Grüne) ist zur Ernennung als Landwirtschaftsminister mit dem Fahrrad statt mit dem Dienstwagen gefahren. Friedrich Merz (CDU) hat dafür plädiert, dass sich Politiker frühzeitig gegen Corona impfen lassen, um anderen Ängste zu nehmen. Kabinette wurden teils mit gleich vielen Frauen wie Männern besetzt. All das sollte zeigen: Wir als Politiker machen, was wir auch von anderen verlangen.
Kompetenz und authentisches Auftreten bei Politikern
Denn zwei Dinge sind aus der Forschung bekannt, die Politiker aus Sicht der Bürger mitbringen sollten, um gute Politiker zu sein: Kompetenz und authentisches Auftreten. So sagt es Marius Minas, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Trierer Institut für Demokratie- und Parteienforschung.
Beispiele dafür, dass sich Menschen von Politikern eine Vorbildfunktion wünschen, sind bei verschiedenen politischen Themen in den BR24-Kommentarspalten zu finden.
So reagierte User "oh_weh" auf Markus Söders Forderung nach einem "grundsätzlichen Update" des Sozialstaats mit: "Dann geht ihr Politiker schon mal mit gutem Beispiel voran, macht mal ein 'Update' von Euren üppigen Diäten (...)."
BR24-Nutzer "theelderone" kommentierte unter einen Beitrag zur Schwangerschaft der Bundesbauministerin: "Glückwunsch an Frau Hubertz und ihren Mann! Prima Vorbild! (…)"
Und "FXR" schrieb zu einem Bericht über Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb: "Ganz einfache Fragen an den Wirtschaftsminister: Antrieb Dienstwagen? Antrieb Traktor daheim? Antrieb privater Pkw? Falls keines der Fahrzeuge auf Wasserstoff setzt, dann keine Steuergelder mehr für diese Technologie!"
Vorbild sein für mehr Vertrauen
Unbequeme politische Entscheidung seien besser vermittelbar, wenn man sie selbst als Politiker vorlebt, sagt Minas. Gerade wenn es darum gehe, Vertrauen zurückzugewinnen, werde authentisches Auftreten entscheidend. Er hält es zwar für fraglich, ob es einen kausalen Zusammenhang gibt zwischen Politikern, die nicht handeln, wie sie sagen, und stärkerer Politikverdrossenheit. Aber: "Der Kompetenzfaktor ist bei den Personen wichtiger, die ein höheres Vertrauen generell in Politik haben, während das Authentisch sein wichtiger für Personen zu sein scheint, die per se eher weniger Vertrauen in Politik haben."
Minas macht deutlich, dass es Politikern leichter falle, authentisch zu sein, wenn sie von einer Sache überzeugt sind, sie aus intrinsischer Motivation heraus vertreten. Doch Politik sei komplex. "Viele Dinge müssen angegangen werden, die einen als Politikerin oder Politiker persönlich nicht per se im Alltag betreffen." Da dann richtig authentisch zu sein, sei deutlich schwieriger.
Politiker als Vorbild – mit anderen Möglichkeiten
Zumal Politiker in der Regel in ihrem Alltag privilegiert seien. Es komme nicht nur darauf an, zu sagen: "Ich mach das doch auch." Sondern den Menschen, denen es finanziell nicht so gut geht, müsse vermittelt werden, wie auch sie eine Sache unterstützen können. "Also auch diesen sozialen Aspekt noch mehr mitdenken und über das eigene Empfinden hinausgehen", so Minas.
Ähnlich sieht es Daniel Höhmann, Postdoktorand am Fachbereich Politikwissenschaft der Universität Basel. Die Lebensmöglichkeiten von Politikern unterschieden sich von anderen Bürgern: "Politiker können es nicht 1:1 in allen Bereichen umsetzen." Beispielsweise müssten Politiker manchmal eben ins Ausland fliegen. Das führt in der heutigen Medienwelt dazu, dass schnell herausgepickt wird, wenn jemand nicht mit gutem Beispiel vorangeht: "Es geht schon in beide Richtungen, aber grundsätzlich ist es eher so, dass negative, spektakuläre Sachen herausgegriffen werden", bestätigt Höhmann.
Vorbildfunktion auch privat?
Nun haben Politiker auch ein Privatleben: Setzt sich auch dort ihre Vorbildfunktion fort? Also zum Beispiel E-Dienstwagen, daher bitte auch E-Privatwagen? Wie das wahrgenommen wird, hängt womöglich vom Amt ab, sagt Höhmann: "Da kommt es drauf an, wie prominent und hochrangig der Politiker ist. Je höher sein Amt ist, desto schwieriger wird die Trennung."
Minas findet: "Man kann durchaus mal für die Gesellschaft etwas anprangern beziehungsweise sagen, 'hier muss sich etwas ändern', ohne dass man selbst den Schritt im Privaten schon komplett vollzogen hat." Aber wenn man es dann merkt, müssten Politiker so reflektiert auftreten, es dann bald auch öffentlich vorzuleben.
Vorleben sei das eine, sagt Höhmann noch. Es ersetze aber nicht das Erklären von Maßnahmen, gerade bei schwierigen Entscheidungen, die Bürgern viel abverlangen: "Ich würde sagen, es ist immer die Kombination. Ich muss eine Entscheidung gut kommunizieren, gut begründen, dann aber auch selbst vorleben, um langfristig eine Akzeptanz für die Entscheidung zu bekommen."
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