Für Kushtrim Latifi kam die Kündigung wie aus dem Nichts. Jahrelang hat der Logistiker bei einer Firma, die Batterien für die E-Autos von Porsche herstellt, gearbeitet. Seinen Job hielt er für zukunftssicher, doch dann kam das Schreiben seines Arbeitgebers. "Mit diesem Brief sind in der Sekunde viele Träume geplatzt", erzählt er im BR-Politikmagazin Kontrovers.
"Vergleichbare Situation noch nicht erlebt"
Die deutsche Automobilindustrie hat über 52.000 Stellen innerhalb eines Jahres abgebaut, auch in Bayern sind viele Arbeitsplätze weggefallen. "Eine vergleichbare Situation zu heute habe ich so noch nicht erlebt", sagt Michael Waasner. Er leitet das Forchheimer Familienunternehmen Gebr. Waasner und beschäftigt 380 Mitarbeiter.
Das Unternehmen baut Metall-Komponenten für Autohersteller. Noch ist die Auftragslage stabil - doch Waasner beobachtet, dass viele seiner Kunden den Standort Deutschland verlassen wollen. "Die Automobilindustrie generell ist unter Druck, was natürlich auch was mit dem Verbrenner-Aus zu tun hat", sagt er. "Das war die Technologie der deutschen Automobilhersteller und mit der waren sie international sehr wettbewerbsfähig."
Verbrenner-Aus bis heute in Deutschland politisch umstritten
Doch ab 2035 dürfen in der Europäischen Union keine neuen Autos mit Verbrenner-Motoren mehr zugelassen werden. Ein Beschluss, mit dem sich die deutsche Industrie schwertut. Auch politisch bleibt das Vorhaben umstritten: Während die Bundesregierung daran festhält, lehnen beispielsweise weite Teile von CDU und CSU das Verbrenner-Aus bis heute ab.
Experte: "Wir müssen uns auf die Zukunftstechnologien besinnen"
Dabei sehen viele Experten schon seit langem keine Alternative. "Ich glaube, dass die Innovationspotenziale beim Verbrenner, die jetzt noch hinzukommen, absolut begrenzt sind", sagt etwa Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management. "Die Verbrenner-Technologie ist eine auslaufende Technologie. Wir müssen uns auf die Zukunftstechnologien besinnen."
Schlechte Rahmenbedingungen und politische Instabilität
Im Mittelpunkt der Zukunftstechnologien stehen vor allem Elektroautos. Während chinesische Hersteller wie BYD ein Modell nach dem anderen vorstellen, hinkt Deutschland in diesem Bereich massiv hinterher. Bei den Rahmenbedingungen, bei den Batterien, beim Preis. Hinzu kommt eine jahrelange politische Instabilität: Förderungen für E-Autos etwa wurden erst eingeführt, dann wieder abgeschafft. All das führe zu Verunsicherung und immer tiefer in die Krise, so Experten.
"Die Chinesen sind uns eigentlich immer Schritte voraus"
Das Forchheimer Unternehmen Gebr. Waasner baut Komponenten für Verbrenner sowie für E-Autos – und würde das auch weiterhin gerne in Deutschland machen. Doch die Wettbewerbssituation hierzulande sei ungünstig, sagt Simon Waasner in Kontrovers: "Die Chinesen sind uns eigentlich immer Schritte voraus. Sie wissen genau: sie müssen nicht viele Fragen, Abstimmungen machen, sondern es gibt eine klare Strategie und die wird verfolgt."
Experte: Wettbewerbsdruck entscheidender Weg aus der Krise
Experten glauben dennoch, dass die deutsche Autoindustrie wieder aus der Krise herauskommt. "Es schützt der Wettbewerb, denn der Wettbewerb spornt an, immer mehr und innovativer zu sein", glaubt etwa Wirtschaftsexperte Ferdinand Dudenhöfer. "Das konnten die deutschen Autobauer in den letzten 50 Jahren. Das können sie auch noch in den nächsten 50 bis 100 Jahren, wenn man ihnen nur Spielraum gibt."
Dem Logistiker Kushtrim Latifi machen diese Worte wenig Mut, sein Job ist weg. "Jetzt stehe ich bald vor dem Nichts", sagt er. Ab Dezember ist er vermutlich arbeitslos.
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