Der Bundestag hat das umstrittene Rentengesetz der schwarz-roten Regierung mit absoluter Mehrheit beschlossen. Nach Angaben von Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow stimmten von 597 Abgeordneten 319 mit Ja, 225 mit Nein und 53 enthielten sich. Insgesamt hat der Bundestag 630 Abgeordnete.
Wenn der Entwurf auch den Bundesrat am 19. Dezember passiert, kann das Gesetz am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Damit würde das Rentenniveau bis zum Jahr 2031 auf 48 Prozent des aktuellen Durchschnittseinkommens festgeschrieben werden.
Rentenpaket: Nötige Stimmen aus Koalition?
Alle 120 SPD-Abgeordneten und 198 der 208 Unionsabgeordneten stimmten laut der endgültigen Ergebnisliste des Bundestags für das Paket. Sieben Unionsabgeordnete stimmten mit Nein, zwei enthielten sich und einer war abwesend. Bei den Nein-Stimmen kam auch eine aus Bayern - die von Konrad Körner, der für den Wahlkreis Erlangen im Bundestag sitzt.
Damit hat die Koalition die von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angestrebte Kanzlermehrheit von mindestens 316 Stimmen aus eigener Kraft erreicht und damit eine drohende Regierungskrise abgewendet: AfD und Grüne hatten vor der Abstimmung ihre Ablehnung angekündigt.
Die 64 Abgeordneten der Linken hatten sich verständigt, sich zu enthalten, und der Koalition damit das Erreichen einer eigenen Mehrheit erleichtert. Denn Enthaltungen werden bei der Berechnung einer einfachen Mehrheit nicht mitgezählt, wodurch die Gesamtheit der Stimmen und die daraus errechnete nötige Mehrheit kleiner werden. Ihre Ablehnung des Rentengesetzes begründeten die Linken damit, dass ihnen die vorgesehene Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent nicht ausreiche und sie 53 Prozent fordere.
Turbulente Debatte im Bundestag
Die SPD hat das Rentengesetz am Freitag im Bundestag in einer turbulenten Debatte verteidigt. "Die Menschen wollen, dass man sich auf die Rente verlassen kann, wenn man sein ganzes Arbeitsleben lang Beiträge gezahlt hat", sagte Fraktionsvize Dagmar Schmidt. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hielt bei den Rentengesetzen "ein starkes Mandat" der Koalition für erforderlich und verwies auf den Einsatz einer Rentenkommission. Das Rentenpaket werde nicht ausreichen, um die Zukunft des Rentensystems zu meistern. "Wir brauchen einen zweiten Schritt."
Die AfD-Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing kritisierte mit Blick auf die angekündigte Enthaltung der Linken, die Koalition wolle das Gesetz mit "Linksextremisten" durchbringen. Das Rentensystem sei nicht mehr finanzierbar, wenn es nicht grundlegend reformiert werde. Der Grünen-Abgeordnete Andreas Audretsch kritisierte, dass das Rentenpaket Armut nicht verhindere und die heute junge Generation im Stich lasse. Notwendig seien stattdessen "grundlegende Reformen". Die Grünen hatten ihr Nein angekündigt. Linke-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warf den Grünen daraufhin vor, sie hätten in der rot-grünen Regierungszeit durch Gesetze mit dafür gesorgt, dass das Rentenniveau überhaupt gesunken sei.
"Junge Gruppe"-Vorsitzender kündigte sein Nein an
Der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unionsfraktion, Pascal Reddig, sagte in der Debatte am Freitag, der Gesetzentwurf gehe "gegen meine fundamentalen Überzeugungen", gegen alles, wofür er Politik gemacht habe und gegen Generationengerechtigkeit. Deshalb wolle er diesem Gesetz nicht zustimmen.
Die Junge Gruppe der Unionsfraktion hatte wegen befürchteter Milliardenkosten, die durch das Rentenpaket entstehen, im Vorfeld mit einem Nein gedroht.
Einsetzung einer Rentenkommission
In einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses vergangene Woche wurde als ein Entgegenkommen zur "Jungen Gruppe" beschlossen, dass dem Gesetzespaket ein Begleittext hinzugefügt werden soll, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, und der sicherstellen soll, dass die junge Generation nicht alleine die finanzielle Last tragen muss.
Die Bundesregierung will noch im Dezember eine Politiker- und Experten-Kommission einsetzen, die bis kommenden Sommer Vorschläge für eine grundsätzliche Rentenreform machen soll.
Abstimmung über Betriebsrente, Mütterrente und Aktivrente
Neben dem Rentenniveau stand mit dem Rentenpaket auch eine Betriebsrentenreform, die sogenannte Aktivrente und eine Ausweitung der Mütterrente zur Abstimmung.
Bei immer größeren demografischen Probleme für die Rentenkasse sollen die Betriebsrenten weitere Verbreitung finden - vor allem bei kleineren Unternehmen und für Beschäftigte mit geringen Einkommen.
Bei der von der CSU vorangetriebenen Ausweitung der Mütterrente soll die Zeit der Kindererziehung, die für die Rente anrechnungsfähig ist, für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert werden.
Eine neue Aktivrente soll Anreize zum längeren Arbeiten über das Renteneintrittsalter hinaus schaffen.
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Video: Die Renten-Debatte im Bundestag
Das Plenum bei der Abstimmung zu Unterpunkten der Renten-Regelung
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