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Bundesverfassungsgericht kippt Regelungen zu Triage

Bundesverfassungsgericht kippt Regelungen zu Triage

In Notlagen müssen Mediziner entscheiden, wer zuerst drankommt, wenn Intensivbetten zu knapp sind. Nun hat das Bundesverfassungsgericht die kürzlich beschlossenen gesetzlichen Vorgaben zur Triage gekippt.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-1-Nachrichten am .

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Ende 2022 beschlossenen Regelungen zu Triage – der Reihenfolge der Behandlung von Schwerkranken bei knappen Ressourcen – für nichtig erklärt. Es gab damit nach Angaben vom Dienstag zwei Verfassungsbeschwerden von Intensiv- und Notfallmedizinern statt. Der Eingriff in ihre Berufsfreiheit sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

BR24 hat die Bedeutung des Urteils geklärt - mit Kolja Schwartz aus der ARD-Rechtsredaktion und Prof. Uwe Janssens, Intensivmediziner und erfolgreicher Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Video finden Sie eingebettet oben in diesem Artikel.

Triage bedeutet, dass Ärztinnen und Ärzte in bestimmten Situationen entscheiden müssen, in welcher Reihenfolge sie Menschen helfen. Das Konzept gibt es etwa bei großen Unglücken mit vielen Verletzten, um meist eine kurzfristige Notlage zu überbrücken. In der Corona-Pandemie war das Thema angesichts voller Intensivstationen grundsätzlich in den Fokus gerückt. In Karlsruhe ging es um eine 2022 vom Bundestag beschlossene Neuregelung.

Karlsruhe betont Berufsfreiheit der Ärzte

Die Beschwerde richtete sich unter anderem gegen ein darin geregeltes Verbot einer nachträglichen Triage ("ex post") – also, dass die Behandlung eines Patienten mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit abgebrochen wird, um einen Patienten mit besserer Prognose zu versorgen. Die Kläger sahen darin einen Konflikt mit dem Berufsethos: Ärzten werde die Möglichkeit genommen, in einer Notlage die größtmögliche Zahl an Menschen zu retten.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die angegriffenen Vorgaben "wegen fehlender Bundeskompetenz für die konkreten Regelungen" nun für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Es werde in die Berufsfreiheit der Ärztinnen und Ärzte eingegriffen, die – im Rahmen therapeutischer Verantwortung – auch deren Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Heilbehandlung schütze. Dieser Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Ampel-Regierung wollte Benachteiligungen verhindern

Die Klage war Ende 2023 von Intensiv- und Notfallmedizinern eingereicht worden und wurde auch vom Ärzteverband Marburger Bund unterstützt. Sie richtete sich gegen die Novelle zum Infektionsschutzgesetz (IfSG) und die darin verankerte Triage-Regel, die der Bundestag 2022 beschlossen hatte. Ziel der damaligen Ampel-Regierung war es, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung und Alten zu verhindern.

Im Gesetz heißt es sinngemäß: Stehen Ärzte vor der Entscheidung, welche schwer kranken Patienten sie bei zu knappen Ressourcen zuerst intensivmedizinisch behandelt sollen, dann darf ausschließlich die kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit eine Rolle spielen – auf beispielsweise Alter, Geschlecht oder etwaige Behinderungen darf es nicht ankommen.

Mit der Neuregelung war der Bundestag einem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen. Das hatte zuvor entschieden, dass der Staat die Pflicht hat, Menschen vor Benachteiligung wegen einer Behinderung zu schützen.

Mit Informationen von AFP und dpa

Im Audio: Bundesverfassungsgericht kippt Gesetz zur Triage

Symbolbild: Rettungsstation
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In Notlagen müssen Mediziner entscheiden, wer zuerst drankommt, wenn Intensivbetten zu knapp sind.

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