Die Bundeswahlleiterin appelliert in einem Brief an Kanzler Olaf Scholz (SPD), beim Termin für Neuwahlen nichts zu überstürzen. Aus organisatorischen Gründen sei das riskant, schreibt Wahlleiterin Ruth Brand in einem Brief an Scholz, der BR24 vorliegt. Das Schreiben trägt den Titel "Herausforderungen und Risiken einer vorgezogenen Neuwahl im Januar beziehungsweise Februar 2025". Scharfe Kritik daran kommt von der Opposition.
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Brand: "Unabwägbare Risiken auf allen Ebenen"
"Insgesamt sehe ich in diesem Fall eine hohe Gefahr, dass der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnte", warnt die Wahlleiterin. Für eine ordnungsgemäße Wahl, die für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie essenziell sei, müsse der Zeitraum von 60 Tagen ab Auflösung des Bundestags voll ausgeschöpft werden. So könnten alle erforderlichen Maßnahmen "rechtssicher und fristgemäß" getroffen werden.
"Soweit Termine und Fristen in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, wäre der nur sehr knappe Zeitraum von 60 Tagen maßgeblich verkürzt", schreibt Brand. Dies könne zu "unabwägbaren Risiken auf allen Ebenen" führen.
Bayerns Digital-Staatsminister Fabian Mehring (Freie Wähler) kritisiert das. In einem schriftlichen Statement, das dem BR vorliegt, spricht er von einer "staatsorganisatorischen Bankrotterkärung". Sie bestärke "das Gefühl vieler Menschen, dass unser Land und seine Verwaltung schlichtweg nicht mehr vernünftig funktionieren".
Wahlämter unter Druck: Probleme bei Briefwahl möglich
Laut Bundeswahlleiterin Brand könne es Probleme schon bei der Beschaffung von Papier und der Beauftragung von Druckdienstleistern geben. Außerdem seien wegen zunehmender hybrider Bedrohungen besondere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.
Brand befürchtet zudem, dass Wahlvorschläge in der Eile überstürzt oder fehlerhaft eingereicht und dann nicht zugelassen werden. Nicht etablierte Parteien, die Unterstützungsunterschriften sammeln müssten, stünden unter zusätzlichem Zeitdruck.
Eine Überlastung der Wahlämter könnte dazu führen, dass Briefwahlunterlagen besonders ins Ausland nicht rechtzeitig versendet werden. Wahlunterlagen könnten fehlen und Wahlvorstände unzureichend geschult sein. Zudem sehe sie das Risiko, dass in größerem Ausmaß "fehlende Wahlunterlagen oder unzureichend geschulte Wahlvorstände eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl gegebenenfalls nicht hinreichend gewährleistet werden kann."
Wahlleiter beraten über Organisation der Neuwahl
Die Wahlleiter von Bund und Ländern wollen einem Medienbericht zufolge am Montag über den Umgang mit der voraussichtlichen vorgezogenen Neuwahl des Bundestages beraten. Die Bundeswahlleiterin Ruth Brand werde sich mit den Landeswahlleitern über die erforderlichen Maßnahmen austauschen, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) laut Vorabbericht unter Berufung auf Verwaltungskreise.
Neben der Koordination der Briefwahl zählen zu der organisatorischen Vorbereitung einer Neuwahl auch die Suche geeigneter Räume für Wahllokale, die Suche nach Wahlhelferinnen und Wahlhelfern sowie die Erstellung und der Druck der Wahlunterlagen.
Mit Informationen von dpa und Reuters
Im Audio: Neuwahltermin - Kanzler Scholz gesprächsbereit
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