Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, (l-r), Ulrich Maidowski, Doris König (Vizepräsidentin), Christine Langenfeld, verkündet das Urteil zu US-Drohneneinsätzen via Ramstein.
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Drei Gründe, warum die Richterwahl heute gelingt

Drei Gründe, warum die Richterwahl heute gelingt

Der Bundestag will am Nachmittag über drei Richterstellen am Bundesverfassungsgericht entscheiden. Es ist der zweite Anlauf nach der gescheiterten Wahl im Juli. Warum es dieses Mal anders laufen könnte.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die Wahl von Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht ist normalerweise Routine. Dieses Mal ist das anders. Nach der gescheiterten Richterwahl im Juli stellt sich die Frage, ob es der Koalition gelingt, eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag für ihre Kandidaten zu organisieren. Diese drei Punkte sprechen dafür, dass die Wahl heute Nachmittag gelingt.

Die Kandidaten

Zur Wahl stehen drei erfahrene Juristen:

  • Günter Spinner (Bundesarbeitsrichter, von der Union nominiert)
  • Ann-Katrin Kaufhold (Jura-Professorin aus München, von der SPD aufgestellt)
  • Sigrid Emmenegger (Bundesverwaltungsrichterin, von der SPD nominiert)

Alle drei haben im Wahlausschuss des Bundestags die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht. Die Hürde hatte auch Frauke Brosius-Gersdorf Anfang Juli genommen. Doch gegen die Potsdamer Rechtsprofessorin baute sich eine rechtspopulistische Kampagne auf.

Im Zentrum stand ihre juristisch hergeleitete Position zu Abtreibungen. Diese wurde als Befürwortung von Schwangerschaftsabbrüchen interpretiert. Einige Abgeordnete von CDU und CSU signalisierten, Brosius-Gersdorf nicht zu wählen. Die Koalition setzten die Abstimmung kurzfristig ab. Im August zog Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur zurück.

Die SPD stellte daraufhin Sigrid Emmenegger auf. Die Juristin gilt als unauffällig. Die SPD sieht in ihr eine "starke progressive Frau". Abgeordnete der Union loben sie als "zurückhaltend". Die AfD spricht von einer "unproblematischen Personalie". Grüne und Linke äußern sich positiv.

Mehr Kritik gibt es an Ann-Katrin Kaufhold. Die AfD versucht, gegen sie zu mobilisieren und nennt Kaufhold "ungeeignet" und "gefährlich". Begründet wird das mit ihren Positionen in der Klimapolitik, zu Enteignungen und zu einem AfD-Verbot.

Bisher wurden die Vorwürfe nicht von anderen Parteien aufgenommen. Anders als bei Brosius-Gersdorf geht es auch nicht um ein so polarisierendes Thema wie Abtreibung.

An Günter Spinner gibt es keine hörbare Kritik. Die Union schickt ihn ins Rennen. Das könnte ihn Stimmen aus den Reihen von Grünen und Linken kosten. Die beiden Oppositionsparteien sind sauer, dass die Union sie nicht mehr eingebunden hat.

Die Erfahrung

Die gescheiterte Richterwahl im Juli war für die Koalition ein Schock. Schwarz-Rot konnte keine Mehrheit organisieren. Dieses Bild konnte sich in der parlamentarischen Sommerpause festsetzen. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend zeigen sich drei Viertel der Befragten unzufrieden mit der Bundesregierung.

Die Kritik an der geplatzten Wahl richtete sich vor allem gegen Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU). Aber auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) scheint die Bedeutung der Richterwahl und die Kritik an der Kandidatin Brosius-Gersdorf zunächst unterschätzt zu haben.

Spahn zeigt sich zuversichtlich, dass die Wahl im zweiten Anlauf gelingt. Zusammen mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann betont er die fachliche Eignung der Kandidaten und die Bedeutung der Wahl für das Bundesverfassungsgericht.

Die Opposition

Auf sie kommt es an. Denn Union und SPD kommen mit ihren Abgeordneten nicht auf die nötige Zweidrittelmehrheit. Auch die Stimmen der Grünen, die sich am offensten für eine Unterstützung zeigen, reichen nicht.

Die Linke hatte deshalb erwartet, dass die Union auf sie zukommt. CDU und CSU haben das aber der SPD überlassen. Die Linken-Fraktionsführung ist darüber so sauer, dass sie ihren Abgeordneten freistellt, wie sie in der geheimen Wahl entscheiden.

Auch wenn Grüne und Linke über das Verhalten der Union sauer sind – sie eint das Ziel: Sie wollen verhindern, dass die neuen Verfassungsrichter auf Stimmen der AfD angewiesen sind. Und sie wollen verhindern, dass die Taktik aufgeht, Zweifel am Ablauf demokratischer Prozesse zu streuen und die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts zu beschädigen.

Wird die Richterwahl heute gelingen und was bedeutet sie für eine stabile Demokratie? Darüber berichtete BR24 live um 16 Uhr im Gespräch mit BR-Korrespondent Björn Dake in Berlin und dem Politikwissenschaftler Joachim Behnke von Zeppelin-Universität in Friedrichshafen. Das Video finden Sie oben eingebettet im Artikel.

Fazit

Die Wahl der neuen Richterinnen und Richter ist geheim. Das macht den Ausgang unkalkulierbar. Die Auswahl der Kandidaten, die Erfahrungen mit der gescheiterten Wahl im Juli und strategische Erwägungen der Opposition machen es aber wahrscheinlich, dass die Wahl dieses Mal gelingt. Für die Abstimmung ist ungewöhnlich viel Zeit angesetzt: ganze zwei Stunden. Das soll sicherstellen, dass alle Abgeordneten ihre Stimme abgeben können.

Das Bundesverfassungsgericht
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Uli Deck
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Der Bundestag will am Nachmittag über drei Richterstellen am Bundesverfassungsgericht entscheiden.

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