Nach monatelangem Streit haben sich die EU-Länder auf einen Kompromiss zur Finanzierung der Ukraine für die nächsten zwei Jahre verständigt. Wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach dem EU-Gipfel in Brüssel ankündigte, erhält das von Russland angegriffene Land von der EU einen zinslosen Kredit über 90 Milliarden Euro. Dafür sollen Mittel aus dem EU-Haushalt als Garantie verwendet werden.
Merz: "großer Erfolg" - auch wenn sein Plan nicht umgesetzt wurde
Merz wertete die Lösung als einen "großen Erfolg", obwohl sie nicht seinem ursprünglichen Vorschlag entspricht. Er wollte eigentlich die vor allem in Belgien festgesetzten Gelder der russischen Zentralbank direkt für Darlehen in Höhe von bis zu 210 Milliarden Euro einsetzen. Dieser Plan scheiterte am Ende am Widerstand von Ländern wie Frankreich und Italien, nachdem zuvor vor allem Belgien zu große rechtliche und politische Risiken gesehen hatte.
Nur falls Russland für Kriegsschäden keine Entschädigung leistet, sollen in der EU eingefrorene russische Vermögenswerte für die Rückzahlung herangezogen werden können.
Militärischer Bedarf und Haushalt für zwei Jahre gesichert
Merz zeigte sich aber auch mit dem Alternativmodell zufrieden. "Europa hat verstanden, was die Stunde geschlagen hat und Europa hat eine Demonstration seiner Souveränität abgeliefert", sagte er nach rund 18-stündigen Beratungen im Brüsseler Europagebäude. "Wir stellen uns entschlossen der größten sicherheitspolitischen Bedrohung Europas entgegen. Das ist die Aggression Russlands, die längst den Angriffskrieg gegen die Ukraine übersteigt."
Die 90 Milliarden Euro reichen Merz zufolge aus, um den militärischen und den Bedarf beim Haushalt der Ukraine für die nächsten zwei Jahre zu decken. Die Auszahlung kann seinen Angaben zufolge schon im Januar beginnen. Ohne das Geld aus der EU drohte die Ukraine ab dem zweiten Quartal in den Staatsbankrott zu rutschen.
Belgien befürchtete Risiken
Das ursprüngliche Finanzierungsmodell des Kanzlers scheiterte nach Angaben von Diplomaten, weil unter anderem Paris und Rom nicht bereit waren, die notwendigen Mittel für den von Belgiens Regierungschef Bart De Wever geforderten Schutzmechanismus bereitzustellen. Er wollte garantiert bekommen, dass alle Risiken, die sich aus der Nutzung der russischen Gelder ergeben könnten, vollständig gemeinschaftlich abgesichert werden.
Die belgische Regierung sah unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt. Vor allem fürchtet sie dabei auch um die Existenz des Finanzinstituts Euroclear, das den Großteil der in der EU festgesetzten russischen Vermögenswerte verwaltet und dem belgischen Staat jährlich hohe Steuereinnahmen beschert.
Kritik aus Ungarn - Zustimmung aus Russland
Es gab aber auch Kritik aus den Reihen der Staats- und Regierungschefs. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán sprach von einem "verlorenen Kriegskredit". Ungarn stimmte der Einigung dann aber trotzdem zu - ebenso wie die Slowakei und Tschechien, die ebenfalls der Ukraine-Hilfe gegenüber kritisch eingestellt sind. Dafür sind alle drei Länder dem Beschluss zufolge von eventuell anfallenden Kreditrückzahlungen ausgenommen.
Russland begrüßt den von der EU gefundenen Kompromiss zur Finanzierung der Ukraine. "Recht und Vernunft" hätten gesiegt, erklärte der Sondergesandte des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Investitionen und Zusammenarbeit, Kirill Dmitriew, auf X. Und er fügte hinzu: "Schwerer Schlag für die EU-Kriegstreiber unter der Führung der gescheiterten Ursula – die Stimmen der Vernunft in der EU haben die illegale Verwendung russischer Reserven zur Finanzierung der Ukraine verhindert."
Mit Informationen der dpa und AFP
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