Martin Luther King, Willy Brandt, Mutter Teresa, Nelson Mandela – mit ihnen allen würde US-Präsident Donald Trump in einer Reihe stehen, wenn der 79-Jährige den Friedensnobelpreis erhalten würde. Dass Trump die Auszeichnung liebend gerne haben würde, daran lässt vor allem er selbst keinen Zweifel. Mehr noch: Es wäre eine "Beleidigung" für die USA, wenn er den Preis nicht erhalte, hatte Trump jüngst gesagt. Für ihn wäre die Entscheidung also wohl längst gefallen – ungeachtet seines harten Vorgehens gegen irreguläre Einwanderer in den USA, begleitet von Einsätzen der Nationalgarde gegen die eigene Bevölkerung.
Trump pocht auf diplomatische Erfolge – Friedensforscher widerspricht
Der US-Präsident begründet seinen Anspruch auf den Friedensnobelpreis – den vier seiner Amtsvorgänger bereits verliehen bekommen haben – mit seinen diplomatischen Erfolgen als Vermittler in diversen Konflikten dieser Welt. Innerhalb von nur sieben Monaten habe er sieben Kriege beendet, die eigentlich nicht zu beenden gewesen seien, behauptete Trump im September vor der UN-Vollversammlung in New York. "Jeder sagt, dass ich den Friedensnobelpreis für jede einzelne dieser Errungenschaften bekommen sollte", so Trump weiter.
Der Friedensforscher Conrad Schetter sieht diese Behauptung kritisch: Keiner der globalen Konflikte, die Trump anführt, wie etwa der Grenzstreit zwischen Thailand und Kambodscha oder die Kämpfe zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo, seien abschließend befriedet, so der Direktor des "Bonn International Centre of Conflict Studies" im BR24-Interview.
Nachhaltige Friedensabsicht als Kriterium
Schetter betont: "Friedensschlüsse sind zwar äußerst wichtig, stellen aber in der Regel nur einen Schritt in Richtung friedliches Zusammenleben dar." In der Vergangenheit sei der Preis aber vor allem an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben worden, die zu einem nachhaltigen Frieden beigetragen hätten.
Zudem habe man zuletzt eher schlechte Erfahrungen mit der Vergabe der Auszeichnung an amtierende Politiker gemacht. Schetter verweist auf den äthiopischen Politiker Abiy Ahmed, der den Nobelpreis 2019 erhielt und dann später in Nordäthiopien Krieg führte.
Gaza-Plan "weit ernsthafterer Versuch" als Ukraine-Verhandlungen
Stefan Kroll vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung dagegen fordert bei BR24 einen differenzierten Blick: "Die Rolle Trumps bei den Konflikten, die er meint, ist sehr unterschiedlich und auch der aktuelle Status der jeweiligen Konflikte ist es." Dem Sozialwissenschaftler zufolge ist es jedoch "unzweifelhaft, dass Trump das Thema Frieden wichtig ist und insbesondere der Friedensnobelpreis sein Handeln antreibt".
Kroll sieht bei Trump auch eine Art Lerneffekt: Während es dem US-Präsidenten im Ukraine-Krieg mehr um ein Ende der gegenseitigen Angriffe ging, sei das bei der sich nun abzeichnenden Waffenruhe im Gazastreifen schon anders. "Auch hier lässt Trumps 20-Punkte-Plan zwar noch einige Fragen offen. Jedoch ist es ein weit ernsthafterer Versuch." Sollte es mit diesem Plan gelingen, die Gewalt im Gazastreifen zu beenden, dann wäre das ein großer Erfolg, der Anerkennung verdiene, meint der Friedens- und Konfliktforscher.
Preisträger für dieses Jahr steht wohl schon fest
Für das laufende Jahr heißt es aber: Nichts geht mehr. Das zuständige Nobelkomitee hat seine Beratungen bereits vor Tagen abgeschlossen. "Die letzte Sitzung des Nobelkomitees fand am Montag statt", erläutert dessen Sprecher Erik Aasheim. Die Einigung von Israel und der Hamas auf Trumps Gaza-Friedensplan kam also schlicht zu spät für die diesjährige Vergabe.
Nobelpreis als Motivation für Trump
Egal wie sich das Nobelpreiskomitee in Oslo in diesem oder den kommenden Jahren entscheiden wird: Für Konfliktforscher Conrad Schetter birgt der Friedensnobelpreis enormes Potenzial. "Trump giert nach nichts so sehr, wie nach der Anerkennung durch den Friedensnobelpreis. So kurios es klingen mag, der Friedensnobelpreis ist einer der ganz wenigen Hebel, die es gibt, um auf Trump einzuwirken", so der Experte.
Dieser Meinung ist auch Stefan Kroll vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung. Wenn Trump den Friedensnobelpreis hat, könnte es bedeuten, dass der Republikaner den Fokus auf andere Dinge legt, sagt Kroll. Es gäbe also Gründe dafür, ihm den Preis noch vorzuenthalten, um Trumps Friedensengagement zu erhalten - auch wenn man dadurch eine vorübergehende Debatte über die politische Dimension des Friedensnobelpreises riskiere.
Mit Informationen von dpa und AFP
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