Archivbild: Verkehrsminister Patrick Schnieder bei einem Pressetermin der Deutschen Bahn.
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Wie geht es für die DB weiter? Die Details kennt Verkehrsminister Patrick Schnieder.
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Geheimsache Bahn-Strategie – was bis jetzt bekannt ist

Geheimsache Bahn-Strategie – was bis jetzt bekannt ist

Am Vormittag will Bundesverkehrsminister Schnieder erklären, wie es besser werden soll bei der Deutschen Bahn. In den Plan eingebunden war kaum jemand. Kann das der große Wurf werden, den die Bahn so dringend bräuchte?

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Nur eines ist bislang nach draußen gedrungen: Der Name der neuen Bahn-Chefin wurde am Samstag bekannt. Die Bahn-Managerin Evelyn Palla soll es machen. Regierungskreise bestätigen das, das Ministerium nicht. Hier setzt man alles auf Montag, wenn die Bahn-Strategie samt neuer Chefin vorgestellt werden soll. Gerüchte machen seit Wochen die Runde, dass die Strategie vom Verkehrsminister im kleinsten Kreis entworfen wurde. Seit Monaten herrscht Rätselraten im Bundestag und in der Bahnbranche, was drinstehen könnte.

Auch beim Interessensverband Allianz pro Schiene. Geschäftsführer Dirk Flege spricht von einem "absoluten Geheimprojekt". Niemand habe bisher ein Papier zu Gesicht bekommen. Flege findet das "schwierig". In seinem Verband sind auch Eisenbahnergewerkschaften organisiert, die die Strategie wohl unmittelbar betreffen wird.

Grüne: Echte Strategie hätte Beteiligung gebraucht

Genervt zeigt sich auch der Eisenbahnexperte der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, vom Vorgehen des Verkehrsministers. Gastel findet, die Bahnbranche und die Opposition hätten beim Strategieschreiben nicht nur mit einbezogen werden müssen. Die Bahnbranche wegen ihres großen Erfahrungsschatzes, den der Minister in "keiner Weise" angezapft habe. Und die Opposition, weil man nicht wisse, "wer in zwei, drei, vier Jahren regiert". Eine echte Strategie für die Deutsche Bahn und die Branche brauche ein breites Fundament, um nicht ständig verworfen und neu erfunden werden zu müssen.

Schnieder: Kann "sich doch vorstellen, was dort verkündet wird"

Genug Raum für Diskussionen sei nach der Vorstellung der Strategie, erklärt Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU). Allein schon wegen der Gesetze zu einzelnen Maßnahmen, die im Bundestag diskutiert würden. Von Geheimniskrämerei will er deshalb nichts wissen: "Zum Teil kann man sich doch vorstellen, was dort verkündet wird." Schnieder hat schon einen Titel für die Strategie ausgegeben: "Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene" soll sie heißen und dem Ziel folgen, eine zuverlässige, pünktliche, saubere und sichere Bahn zu bekommen. Wirtschaftlich soll sie auch noch sein. "Und da müssen wir Maßnahmen ergreifen, wie wir das hinbekommen", sagte Schnieder vor Kurzem dem ARD-Hauptstadtstudio.

Woran es bei der Deutschen Bahn hakt

Nun waren das exakt die Ziele, die alle vorangegangenen Verkehrsminister auch ausgegeben hatten. Geholfen hat es nicht. Die Verschuldung der Bahn ist explodiert. Nur der Verkauf der lukrativen Tochter Schenker konnte sie für 2025 senken. Die Schenker-Einnahmen dürften aber in den nächsten Jahren schmerzhaft vermisst werden. Die Unpünktlichkeit ist auf Rekordniveau. Von den ICE und IC kamen im August mehr als 40 Prozent verspätet an. Die Politik macht vor allem die marode Infrastruktur verantwortlich und will viel Geld investieren.

Aber das Bahn-System ist komplex und es gibt viele Gründe: Die hohen Auslastungen in einem zuvor stark verkleinerten Schienennetz spielen eine Rolle. Experten kritisieren fehlende Ausweichgleise und schlechtes Baustellenmanagement. Es fehlt immer noch Personal im Netz und in den Zügen: Tausende Lokführer. Fahrdienstleiter, die Züge in Stellwerken oft noch wie vor 100 Jahren per Hand leiten, weil die Digitalisierung fehlt. Allianz-pro-Schiene-Mann Flege erklärt sich die katastrophale Lage damit, dass "die Politik zwar seit Jahrzehnten von der Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene redet, sich aber eigentlich relativ wenig dafür interessiert hat, für das, was unter der Oberfläche zu tun ist". Man habe sich "einen schlanken Fuß gemacht" und die Verantwortung an die jeweiligen Bahnvorstände delegiert.

Bahn-Branche fordert: Eigentümer muss erklären, was er will

Flege und andere Bahn-Insider fordern, dass eine echte "Eigentümerstrategie" vorgestellt wird. Sie soll erklären, was der Bund als Alleineigentümer will und wie er dafür sorgt, dass man es erreicht. Eine neue Bahnreform. Die letzte gab es 1994. Die meisten Experten sind sich einig, dass deren Ausrichtung auf Wirtschaftlichkeit und Börsengang einen Haufen der Probleme mitverursacht haben, an denen die Bahn heute krankt.

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag werden die Bahnprobleme aufgegriffen. Gelder sollen wirklich in der Schieneninfrastruktur ankommen. Von Neuaufstellung, mehr Fachkompetenz und Verschlankung bei Aufsichtsrat und Vorstand ist die Rede. Mehrere Personalentscheidungen wurden schon getroffen, wie seit Samstag bekannt ist. Weiteres dürfte sich in der Strategie wiederfinden.

Koalitionsvertrag will Bahnreform: Kommt sie heute?

Verkehrsminister Schnieder hat eine "Agenda" angekündigt. Im Koalitionsvertrag ist allerdings von einer Bahnreform die Rede. "Mittelfristig". Experten sind uneins, wie die Reform aussehen sollte. Mancher vermutet, dass genau das der Grund sein könnte für die extreme Geheimhaltung im Ministerium: Die Angst vorm Zerredetwerden, bevor sie fertig ist. In einem ist man sich im Bahn-Kosmos erstaunlich einig, dass ein Reform-Update so dringend nötig ist, wie nie zuvor.

Im Audio: Strategiewechsel bei der Bahn - mit einer neuen Chefin

Evelyn Palla
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Evelyn Palla (Archivbild)

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