Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat den Weg für mögliche Entschädigungszahlungen durch Staaten freigemacht, die sich nicht an Verpflichtungen zur Bekämpfung des Klimawandels halten. Staaten, die ihren Klimaschutzverpflichtungen nicht nachkommen, begehen "eine völkerrechtswidrige Handlung", wie das oberste UN-Gericht in einem Gutachten zum Klimawandel erklärte. Unter bestimmten Bedingungen ergäben sich daraus "rechtliche Konsequenzen" wie Entschädigungszahlungen gegenüber geschädigten Staaten, sagte Gerichtspräsident Yuji Iwasawa.
Völkerrechtliche Verantwortung der Staaten im Klimaschutz
Zwar ist das Gutachten für einzelne Staaten nicht unmittelbar bindend, aber es entfaltet politisch und rechtlich eine große Signalwirkung.
Konkret bezogen sich die 15 Richterinnen und Richter unter anderem auf die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Die Unterzeichnerstaaten seien verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasemissionen einzudämmen und sich an den Klimawandel anzupassen. Beim Klimaschutz seien in diesem Zusammenhang die westlichen Industrieländer, die sogenannten Annex-I-Staaten, besonders gefordert.
Klimawandel: IGH betont Bedeutung des 1,5-Grad-Ziels
Das Gutachten des höchsten UN-Gerichts geht auf einen Antrag der UN-Vollversammlung aus dem Jahr 2023 zurück. Das Gericht sollte im Kern klären, welche völkerrechtlichen Verpflichtungen Staaten zum Schutz des Klimasystems haben und welche Konsequenzen daraus folgen.
Während der Verkündung des Gutachtens hatte IGH-Präsident Iwasawa Yuji zuvor die Verbindlichkeit des 1,5-Grad-Ziels bekräftigt. Der IGH betrachte eine Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit als "primäres Temperaturziel" unter dem Pariser Klimaabkommen, sagte Yuji.
Im Pariser Klimaabkommen von 2015 heißt es, der Temperaturanstieg solle auf deutlich unter zwei Grad Celsius beschränkt werden und wenn möglich auf 1,5 Grad. Inzwischen sei es wissenschaftlicher Konsens, dass die Erhitzung bei 1,5 Grad gestoppt werden müsse, um schwerwiegende Folgen der Erderwärmung zu verhindern, unterstrich Yuji.
Klimaklagen als Reaktion auf globale Untätigkeit
Der besonders von den Folgen der Erderwärmung betroffene Inselstaat Vanuatu hatte den IGH zu einer Stellungnahme zu der Pflicht von Staaten aufgerufen, ihren Treibhausgasausstoß zu verringern. Dahinter steht die Frage, ob große Treibhausgasverursacher wie die USA mit rechtlichen Konsequenzen ihres klimaschädlichen Vorgehens rechnen müssen und wenn ja, mit welchen.
Zwar sind die fortschreitende Klimakrise und ihre katastrophalen Auswirkungen bekannt, dennoch können Staaten sich oft nicht zu einem entschiedenen Gegensteuern durchringen. Aus Frustration darüber wenden sich immer häufiger einzelne Betroffene, Organisationen oder auch ganze Staaten an Gerichte. Experten zufolge kann die Umsetzung von Entscheidungen zwar nicht juristisch erzwungen werden. Klima-Urteile haben demnach aber dennoch großes Gewicht.
Mit Informationen von AFP und epd.
Im Video: Internationaler Gerichtshof veröffentlicht Gutachten zur Klimapolitik
Aus Sorge vor steigendem Meeresspiegel brachte der Inselstaat Vanuatu die Klimakrise vor den Internationalen Gerichtshof.
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