Harald Christ ist nicht nur Multimillionär und Chef der Beratungs- und Investitionsfirma Christ & Company, sondern auch ein überzeugter Demokrat. 2020 hat er die Harald Christ Stiftung für Demokratie und Vielfalt gegründet. Um demokratische Werte langfristig zu stärken, will er nach seinem Tod sein gesamtes Vermögen dieser Stiftung vermachen. Außerdem hat sich der Großinvestor aus der Tech-Branche als Gastgeber hochkarätiger Netzwerktreffen einen Namen gemacht. Sein Ziel: Politik, Wirtschaft und Medien stärker in Austausch bringen.
Im Interview mit BR-Chefredakteur Christian Nitsche spricht er bei "7 Fragen Zukunft" über den wachsenden Einfluss von Superreichen wie Elon Musk, seine persönliche Investitionsstrategie und darüber, wie sich Deutschland künftig aufstellen muss, um technisch souverän zu werden.
Superreiche und Politik: Wie gefährlich ist ihr Einfluss?
Christian Nitsche: Herr Christ, wir beobachten eine zunehmende politische Einflussnahme von Superreichen wie Elon Musk. Werden Superreiche immer mehr zu Staatenlenkern und sehen sie darin eine Bedrohung für die Demokratie?
Harald Christ: Ja, definitiv. In den USA erleben wir massiv, wie Superreiche maximal Einfluss auf staatliche Organe nehmen, obwohl sie über keine demokratische Legitimation verfügen. Auch in anderen Ländern wie Russland oder China sind ähnliche Strukturen sichtbar. Das birgt enorme Gefahren. Aber wir dürfen eins nicht vergessen: Wir hier in Europa und auch in Deutschland haben immer noch eine sehr starke Demokratie. In Deutschland halte ich es für nahezu ausgeschlossen, dass plötzlich eine kleine Clique von Milliardären das Land unter sich aufteilt.
Christian Nitsche: Würden Sie selbst mit Elon Musk einen Deal eingehen, wenn er käme?
Harald Christ: Ich würde mit ihm keinen Deal machen, weil ich mit ihm nichts zu tun haben will – unabhängig vom Angebot. Ich berate keine Personen oder Unternehmen, hinter deren Werten ich nicht stehen kann. Für mich zählen Haltung und Konsequenz.
Innovation made in Germany – warum sie oft ins Ausland abwandert
Christian Nitsche: Sie haben selbst in KI-Unternehmen investiert. Warum ist es so schwer, in Deutschland Innovationen groß zu machen?
Harald Christ: Wir haben herausragende Köpfe und Technologien, etwa im Bereich Quantencomputing oder künstlicher Intelligenz. Aber es fehlt an mutigen staatlichen und privaten Investoren. Ich habe in "G2K" investiert, ein KI-Startup mit Sitz in Berlin und München. Die Technologie war da, aber deutsche Auftraggeber fehlten. Am Ende hat ein US-Unternehmen gekauft, weil sie schneller waren.
Christian Nitsche: Was müsste sich ändern, damit Deutschland ein echtes Silicon Valley wird?
Harald Christ: Die bestehenden Zukunftscluster in Deutschland müssen weiterentwickelt werden. Wir müssen auch in Industrien und Innovationen, in die Forschung und Entwicklung investieren, die morgen gebraucht werden, um unsere Souveränität sicherzustellen. Die USA zeigen hier, wie es geht – mit öffentlichen Aufträgen und Risikokapital. In Deutschland fehlt da oft der Mut.
Das ganze Interview mit Harald Christ und Christian Nitsche auf unserem BR24-YouTube Kanal.
Verantwortung, Kapital und Demokratie
Christian Nitsche: Sie haben eine Stiftung für Demokratie gegründet, in die Ihr gesamtes Vermögen fließen soll. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Harald Christ: Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, konnte durch Bildung und Chancen in diesem Land sehr viel erreichen. Ich durfte in diesem freiheitsdemokratischen Deutschland frei reisen, Gedanken und Kritik frei äußern – das sind alles unverhandelbare Werte für mich.
Christian Nitsche: Was hat Sie politisch besonders geprägt?
Harald Christ: Vor allem Gespräche mit Helmut Schmidt. Er sagte immer: Politik braucht lange Linien, Weitsicht. Man darf nicht nur von Wahl zu Wahl denken, sondern in Jahrzehnten. Diese Denkweise fehlt uns heute oft – und das ist gefährlich.
Christian Nitsche: Wie optimistisch sind Sie, dass die Demokratie überlebt?
Harald Christ: Ich sage gern: "Mehr Optimismus wagen" in Anlehnung an Willy Brandts "Mehr Demokratie wagen". Ich glaube, in Deutschland ist nicht alles so schlecht, wie es geredet wird. Wenn die demokratische Mitte ihre Hausaufgaben macht und Vertrauen zurückgewinnt, wird sie bestehen. Aber das ist auch eine große Aufgabe.
Mehr über Harald Christs persönliche Investitionsstrategie oder die Bedeutung der deutschen Rüstungsindustrie und was er Kleinstanlegern rät, erfahrt ihr im "7 Fragen Zukunft"-Interview auf unserem BR24 YouTube-Kanal.
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