Archivbild vom 17.8.25: Julia Klöckner spricht beim Sommerfest der CDU Koblenz.
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Wie neutral ist Bundestagspräsidentin Julia Klöckner?
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Wie neutral ist Bundestagspräsidentin Julia Klöckner?

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Kritik an Klöckner: Wie neutral ist die Bundestagspräsidentin?

Kritik an Klöckner: Wie neutral ist die Bundestagspräsidentin?

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner pocht auf Neutralität. Die Nähe zum Eigentümer eines rechtspopulistischen Portals scheint dagegen kein Problem für sie zu sein. Die Kritik daran wird lauter.

Neutralität ist ihr wichtig. Dafür legt sich Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) mit Abgeordneten an. Zwei Parlamentarier der Partei "Die Linke" warf sie aus dem Plenum. Der eine hatte eine Baskenmütze auf. Die andere ein T-Shirt mit der Aufschrift "Palestine".

Klöckner sieht darin einen Verstoß gegen die Hausordnung des Parlaments. In einem anderen Fall forderte sie Abgeordnete auf, Regenbogenfahnen aus ihren Büros zu entfernen.

Bundestagspräsidentin muss unparteiisch sein

Die Bundestagspräsidentin nimmt ihren Job ernst. Laut Geschäftsordnung des Bundestags ist es ihre Aufgabe, "die Würde und die Rechte des Bundestages" zu wahren. Sie muss die Verhandlungen "gerecht und unparteiisch" leiten. Daran gibt es wenig Zweifel.

Klöckner leitet die Debatten im Parlament konsequent. "Wir sind strenger geworden", sagt die 52-Jährige vor einem Monat in einem Interview. Die Bundestagspräsidentin und ihre Stellvertreter verteilen regelmäßig Ordnungsrufe. Bis zur Sommerpause waren es 13. Zwölf davon an AfD-Abgeordnete, einen an die Linken-Abgeordnete mit dem "Palestine"-Shirt.

Trennung zwischen Amt und Parteiauftritten?

Wenn Klöckner das Pult des Bundestagspräsidiums verlässt, zeigt sich ein anderes Bild. Auf ihrem persönlichen Instagram-Account ist sie in ihrem Wahlkreis in Rheinland-Pfalz zu sehen oder auf dem roten Teppich der Opernfestspiele in Bayreuth. Dazwischen: Videos ihrer Hündin "Ella".

Es sind zwei unterschiedliche Gesichter: Die neutrale Bundestagspräsidentin auf der einen Seite und die bürgernahe CDU-Politikerin auf der anderen. Wo das eine Amt aufhört und das andere beginnt, ist nicht immer leicht zu erkennen.

So war es auch beim Sommerempfang der Koblenzer CDU Mitte August. Die kündigte "die Präsidentin des Deutschen Bundestags" als Gast an. Ort des Empfangs: Die Firma "CompuGroup Medical".

Klöckner vergleicht "taz" und "NiUS"

Dass Parteien bei Firmen ihre Feste feiern, ist nicht ungewöhnlich. Auch nicht, dass eine Bundestagspräsidentin bei solchen Parteiveranstaltungen auftritt. Ungewöhnlich ist der Hausherr: Frank Gotthardt. Er ist nicht nur Gründer der "CompuGroup Medical", sondern Eigentümer des Online-Portals "NiUS". Das Portal nennt sich "Stimme der Mehrheit". Kritiker werfen den Machern vor, "Hetz-Kampagnen" von Rechtsaußen zu befeuern, wie zuletzt gegen die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf.

Klöcker scheint mit dem Portal kein Problem zu haben. In ihrer Rede in Koblenz lobt die CDU-Politikerin "NiUS" als Beitrag zur Meinungsvielfalt. Während die "taz" das "sehr linke Spektrum" vertrete, sei Gotthardts Portal "genau auf der anderen Seite". Und dann sagt Klöckner: "Aber in der Methodik sind sich beide nicht so sehr unähnlich, in den Medienvorgehensweisen."

Empörung und Rücktrittsforderungen

Klöckners Vergleich empört. Für den Vorsitzenden des Deutschen Journalistenverbands, Mika Beuster, stellt sie den Qualitätsjournalismus der "taz" auf eine Stufe mit dem rechtspopulistischen Aktivismus von "NiUS". Beuster nennt das "skandalös und faktisch falsch". Er wirft der Bundestagspräsidentin vor, "die Institution Journalismus zu besudeln".

Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek hält Klöckners Verhalten für "unerträglich": "Wenn ihr das Hofieren von Rechten wichtiger ist, als ihr Amt entsprechend auszufüllen, dann soll sie es doch bitte abgeben", so Reichinnek.

Klöckner soll Geschäft mit Gotthardt befürwortet haben

Klöckner und Gotthardt kennen sich schon länger. Als die heutige Bundestagspräsidentin noch Schatzmeisterin der CDU war, soll sie die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens befürwortet haben. "Table.Briefings" zitiert aus internen E-Mails, wonach Gotthardt 2023 die Digitalstrategie der Partei übernehmen sollte.

Eine BR24-Anfrage an Klöckner beantwortet eine Pressesprecherin der CDU: "Die Gespräche sind in einer vorvertraglichen Phase beendet worden, weil zu unterschiedliche Auffassungen über die Zusammenarbeit bestanden." Zu weiteren Abläufen wolle sie sich nicht äußern.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic zweifelt, ob Klöckner ihr Amt als Bundestagspräsidentin überparteilich ausübt. Die Verbindung zu Gotthardt werfe "ein beunruhigendes Licht auf ihr Amtsverständnis". Und SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hält Klöckners Verhalten für "erklärungsbedürftig".

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