dpatopbilder - 09.10.2025, Berlin: Markus Söder (l-r), CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales und SPD-Parteivorsitzende, und Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler und SPD-Bundesvorsitzender, geben eine Pressekonferenz nach dem Koalitionsausschuss im Bundeskanzleramt. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
dpatopbilder - 09.10.2025, Berlin: Markus Söder (l-r), CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales und SPD-Parteivorsitzende, und Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler und SPD-Bundesvorsitzender, geben eine Pressekonferenz nach dem Koalitionsausschuss im Bundeskanzleramt. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Nach dem Koalitionsausschuss
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Marathon-Koalitionsausschuss: Rangeln, Rechnen und Rouladen

Marathon-Koalitionsausschuss: Rangeln, Rechnen und Rouladen

Die Koalition hat viele Stunden gerungen. Am Morgen zeigt sie sich geeint. Doch bei der Hilfe für die Autobranche ist man uneins. Vertreter der Branche kommen am Mittag ins Kanzleramt.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Es gab Rouladen. Das ist die einzige handfeste Information, die in der Nacht aus dem Koalitionsausschuss herausdringt. Ansonsten Schweigen auf allen Kanälen. Das ist zumindest ungewöhnlich. Ein Zeichen, dass das Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt friedlich ablief? Dagegen spricht die Aufnahme eines Kamerateams aus der Nacht: Zu sehen ist CSU-Chef Markus Söder, der hoch droben in den Räumlichkeiten des Kanzleramts immer wieder aufspringt und wild gestikuliert.

Was steckt hinter den Beschlüssen des Koalitionsausschusses? Darüber sprachen wir bei BR24 mit BR-Hauptstadt-Korrespondentin Stephanie Stauss. Nicht einigen konnte sich die Bundesregierung auf eine Haltung zum Verbrenner-Aus. Was das für die krisengebeutelte Auto-Branche bedeutet, analysierte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. Das Video des Livestreams finden Sie oben eingebettet über diesem Artikel.

Bürgergeld ade

Nach knapp zehn Stunden Verhandlungen bedankt sich eben jener Söder bei den Gesprächspartnern, lobt die gemeinsamen Beschlüsse. Dabei hebt er besonders die Einigung bei der Grundsicherung, dem Bürgergeld, hervor. Mehrfach betont Söder, dass das Bürgergeld Geschichte sei.

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte es davor schon der "Vergangenheit" anheimgestellt. Das Bürgergeld war ein Kernanliegen der Sozialdemokraten. SPD-Co-Chefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas kommentiert lakonisch, es gehe nicht um den Namen, sondern um das, was drinsteckt.

Verschärfte Sanktionen für Verweigerer

Und was drinsteckt, schien bislang nicht mit der SPD machbar: Eine drastische Verschärfung der Sanktionen. Tauche jemand nicht zum zweiten Termin in der Arbeitsagentur auf, würden 30 Prozent der Grundsicherung gestrichen. Beim verpassten dritten Termin werde die Zahlung ganz eingestellt, erklärt der Bundeskanzler. Ähnliches gelte für die Aufnahme zumutbarer Arbeit.

Bas ergänzt, dass die Sanktionen nicht auf gesundheitlich beeinträchtigte Menschen angewandt würden. "Wir wollen nicht die Falschen treffen", sagt Bas am Morgen. Viel Geld brächten die Sanktionen auch nicht ein. Es gehe darum, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Bas und Merz rechnen mit Einnahmen in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Wenn es gelingen sollte, 100.000 aktuelle Bürgergeld-Bezieher in Jobs zu vermitteln.

Aktivrente kommt schnell

Die übernächtigt wirkenden Koalitionsspitzen, allesamt Chefs ihrer Parteien, heben je nach Ausrichtung unterschiedliche Einigungen hervor. Alle betonen jedoch die Einigung auf die sogenannte Aktivrente.

Dabei war die schon zuvor eher unstrittig. Menschen im Rentenalter sollen 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Und das schon ab 1. Januar 2026. Die Kabinettsentscheidung dazu soll in der kommenden Woche fallen.

Fehlendes Geld für Infrastruktur: Aus 15 werden drei Milliarden

Eine Einigung gab es beim Geld für den Bau von Autobahnen und Schienen. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hatte vor kurzem Alarm geschlagen. Viele geplante Projekte seien mangels Finanzierbarkeit nicht umsetzbar. 15 Milliarden mehr hatte der Minister gefordert. Schwer vermittelbar fand man diese Forderung in Koalitionskreisen.

Schließlich gibt es ein Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden und einen großen Verkehrsetat. In der Nacht haben sich die Parteichefs offenbar über die Liste der Projekte gebeugt und drei Milliarden Euro zusätzlich für die Infrastruktur freigegeben. Allerdings durch Umschichtungen. Geld aus dem Infrastruktur-Sondervermögen, das in den Bereich Mikroelektronik fließen sollte, landet nun in Straße und Schiene.

Woher die große Differenz zwischen dem geforderten Betrag und dem gegebenen kommt, wird nicht so recht klar. Bundeskanzler Merz sagt: "Was baureif ist, wird gebaut." Betonung auf "baureif". Das bedeutet, was ein Planfeststellungsverfahren durchlaufen hat. Man könnte daraus schließen: Was nicht baureif ist, kommt auch nicht.

Geld für neue E-Auto-Förderung

Außerdem werden zusätzlich drei Milliarden für ein neues E-Auto-Förderprogramm ausgegeben. Das soll insbesondere Haushalten mit kleinem und mittlerem Einkommen zugutekommen, als Unterstützung für den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität. Der Bundeskanzler rattert das so schnell herunter, dass es zwischen all den anderen Punkten fast untergeht. Nur so viel: "spürbare Vorteile für Verbraucher".

Union und SPD liegen bei der Autoindustrie quer

Beim Thema Autoindustrie gibt es kein Ergebnis. Im Vorfeld war die Erwartung in der Union groß, dass es eine Einigung in Sachen europäisches Verbrenner-Aus ab 2035 geben würde. Die Union, Söder und Merz, wollen das "starre" Aus kippen. Viele in der SPD wollen am Termin festhalten. Diskutiert wurde darüber offenbar viel. Alle wollten Arbeitsplätze erhalten, nur wie, "darüber gehen die Meinungen noch auseinander", sagt Söder.

Der Bundeskanzler hatte darauf hingewiesen, dass am Nachmittag der Dialog mit der Automobilindustrie stattfinde, "um aus dem Dialog zu einer Bewertung zu kommen". Die SPD betont, dass es ihr in erster Linie um einen starken Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze gehe. "Wir erwarten Standort- und Jobgarantien im Gegenzug für zusätzliche Hilfen", heißt es in einer internen Kurzanalyse zum Koalitionsgipfel, der BR24 vorliegt. "An den Klimazielen ab 2035 halten wir fest."

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