(Symbolbild) Geduldete leben in ständiger Unsicherheit. Fehlende Perspektiven und prekäre Wohnsituationen führen oft zu psychischen Erkrankungen.
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(Symbolbild) Geduldete leben in ständiger Unsicherheit. Fehlende Perspektiven und prekäre Wohnsituationen führen oft zu psychischen Erkrankungen.
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(Symbolbild) Geduldete leben in ständiger Unsicherheit. Fehlende Perspektiven und prekäre Wohnsituationen führen oft zu psychischen Erkrankungen.

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Migranten ohne Bleiberecht: Was gegen eine Ausreise spricht

Migranten ohne Bleiberecht: Was gegen eine Ausreise spricht

Um die Zahl geduldeter Migranten zu reduzieren, setzt die Bundesregierung auf Abschreckung und Abschiebedruck. Eine neue Studie zeigt: Auf Menschen, die schon lange hier sind, zeigt das kaum Wirkung. Was helfen würde, ist eher eine Bleibeperspektive.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Abend am .

Je länger ein Mensch fern seiner Heimat lebt, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass er dorthin zurückkehrt. Das gilt auch für sogenannte "Geduldete". Unter diesen Begriff fallen Menschen, die kein festes Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, etwa weil ihr Antrag auf Asyl nicht anerkannt wurde. Viele dieser Menschen ohne Bleiberecht können aber aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Ausreise gezwungen werden, etwa weil ihre Identität ungeklärt ist oder sie als reiseunfähig eingestuft sind.

Programme zur freiwilligen Ausreise: Meist eine Maßnahme mit Ablaufdatum

Die Bundesregierung versucht schon seit längerem, die Zahl der Geduldeten zu reduzieren. Unter anderem mit Programmen, die Ausreisepflichtige zur freiwilligen Rückkehr animieren sollen. Eine Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (externer Link) zeigt: Das macht nur innerhalb der ersten zwei Jahre nach Erhalt des Duldungsbescheids Sinn.

"Ab dem Moment tickt die Uhr, was die Möglichkeiten angeht, die Person für eine freiwillige Rückkehr zu gewinnen", erklärt Randy Stache, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungszentrum für Migration des BAMF. "Und je länger das dauert, desto eher müssen andere Maßnahmen greifen, nach etlichen Jahren dann zum Beispiel auch eine Möglichkeit, sich zu regularisieren."

Gründe für Migration sind vielfältig

Eigenes Geld verdienen – also eine Arbeit haben – und der Wunsch, den eigenen Kindern eine Perspektive zu bieten, sind die wichtigsten Bleibefaktoren für Geduldete. In der Migrationsforschung ist diese Tatsache bekannt. "Wir sehen in der Studie, dass Netzwerke ganz wichtig sind für Migrationsentscheidungen", erklärt Migrationsexperte Hannes Schammann von der Universität Hildesheim.

Das sei aus vielen anderen Studien bekannt. "Aber trotzdem fallen wir in der politischen Debatte immer wieder darauf rein, zu denken, die sogenannten Pull-Faktoren sind die Sozialleistungen." Dabei habe es sich gezeigt, dass es unter anderem familiäre Gründe sind, die dazu führen, dass Menschen ihr Land verlassen.

Lebenszufriedenheit von Geduldeten besonders gering

Über die Lebenssituation von Geduldeten war bisher wenig bekannt. Das will das BAMF mit seinem Forschungsprojekt ändern. Für die Studie analysierte das Team um Randy Stache Zahlen aus dem Ausländerzentralregister und führte Umfragen unter Betroffenen. Dabei zeigte sich: Auch wenn sie einen Job haben und Deutsch sprechen, sind Geduldete mit ihrem Leben deutlich unzufriedener als Migranten mit einem geklärten Aufenthaltsrecht, sagt Randy Stache.

"Es ist eben nicht dieses Gefühl, nicht bleiben zu können, das erklärt nur einen geringen Anteil." Die Angst, eventuell abgeschoben zu werden, habe durchaus einen Effekt. Aber genauso belastend, wenn nicht mehr, seien es Dinge wie eine prekäre Wohnsituation oder die Gesundheit.

Geduldete leben häufig über Jahre in Sammelunterkünften. Unsicherheit und schlechte Lebensbedingungen führen zu Unzufriedenheit, psychische Erkrankungen sind oft die Folge. Die Studie zeigt: Weder härtere Abschreckungsmaßnahmen noch steigender Leidensdruck erhöhen die Bereitschaft, Deutschland zu verlassen.

Chancenaufenthaltsrecht reduziert die Anzahl Geduldeter

Die abgewählte Ampel-Regierung hat deshalb das sogenannte "Chancenaufenthaltsrecht" verabschiedet: "Langjährige Geduldete, die sich über 18 Monate auf dem Arbeitsmarkt behaupten, ein gewisses Sprachniveau nachweisen und ihre Identität klären können, haben dadurch Aussicht auf ein Bleiberecht. Die Bilanz ist positiv", sagt Randy Stache: Bisher haben knapp 80.000 Langzeitgeduldete einen Chancen-Aufenthalt erhalten, das sind circa die Hälfte aller potenziell Berechtigten.

"Das Chancenaufenthaltsrecht, also die Regularisierung, ist eine Option, die Zahl der Ausreisepflichtigen zu senken und gleichzeitig Integration zu fördern", sagt Stache. Allerdings läuft das Chancenaufenthaltsrecht Ende des Jahres 2025 aus. Migrationsforscher wie Hannes Schammann betonen jedoch, dass es für den gesellschaftlichen Frieden wichtig sei, Menschen ohne Aufenthaltsstatus, die schon lange hier sind, eine dauerhafte Bleibeperspektive zu bieten.

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