Sébastien Lecornu blickt aus einem Fenster (Archivbild vom 04.09.2025)
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Der Alte ist der Neue: Präsident Macron hat den zurückgetretenen Lecornu erneut mit dem Amt des Premierministers betraut (Archivbild).
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Der Alte ist der Neue: Präsident Macron hat den zurückgetretenen Lecornu erneut mit dem Amt des Premierministers betraut (Archivbild).

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Regierungskrise in Frankreich: Auf Premier Lecornu folgt Lecornu

Regierungskrise in Frankreich: Auf Premier Lecornu folgt Lecornu

Vier Tage nach dem Rücktritt von Premier Lecornu hat Frankreichs Präsident Macron den 39-Jährigen erneut zum Regierungschef ernannt. Das gab der Elysée-Palast am Freitagabend bekannt. Lecornu soll umgehend ein neues Kabinett zusammenstellen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Gespannt haben die Franzosen am Abend nach Paris geblickt. Staatspräsident Emmanuel Macron hatte angekündigt, noch am Freitag einen neuen Premierminister zu ernennen. Um 22 Uhr gab der Elysée-Palast dann den Namen bekannt: Sébastien Lecornu. Der erst vor vier Tagen zurückgetretene Vertraute von Macron soll als französischer Regierungschef weitermachen und das Land aus der aktuellen politischen Krise führen.

Lecornu sieht Ausweg aus der Krise

Die Nachricht kam für viele überraschend. Lecornu, der ein besonders enger Vertrauter Macrons ist, war erst vor vier Wochen als Premier angetreten und hatte nach regierungsinternen Spannungen am Montag sein Amt niedergelegt. Macron hatte ihn danach beauftragt, binnen zwei Tagen einen Ausweg aus der Krise auszuloten. Jetzt soll der ehemalige Verteidigungsminister diese Bemühungen fortsetzen.

Lecornu war nach Gesprächen mit den Parteien überzeugt, dass ein Ausweg aus der Politikkrise in Frankreich ohne eine Neuwahl des Parlaments möglich sei. Es gebe eine "sehr relative Mehrheit" mehrerer politischer Gruppierungen, einschließlich der linken Opposition, die sich auf einen Haushalt und Stabilität verständigen wollten. Zwar hatte Lecornu auch gesagt, er wolle nicht als Premier weitermachen. Aber als enger Freund des Präsidenten konnte er ihm diesen Wunsch nicht abschlagen.

Übernahme der Regierungsgeschäfte als Pflicht

Im Onlinedienst X erklärte er, er akzeptiere "aus Pflichtgefühl" die erneute Ernennung durch den Präsidenten. Alle Themen, die während der jüngsten Konsultationen besprochen worden seien, seien offen für die weitere parlamentarische Debatte – also auch die Frage der Rentenreform. Oberste Priorität habe die Verabschiedung eines Haushalts und damit die Bewältigung der Schuldenkrise.

Zugleich gab Lecornu an, die von ihm zu bildende neue Regierung werde für Erneuerung stehen müssen und für eine Vielfalt der Kompetenzen. Diejenigen, die in seine Regierung einträten, sollten frei davon sein, bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren zu wollen. Aus dem Umfeld des Präsidenten verlautete, Lecornu habe von Macron völlig freie Hand bekommen.

Deutliche Kritik an Macron aus dem linken Block

Am Freitagnachmittag hatte sich Präsident Macron im Elysée-Palast über mehrere Stunden mit den Spitzen der gemäßigten Parteien beraten. Ein Konsens gestaltete sich den Teilnehmern zufolge aber als schwierig. Vertreter von Sozialisten, Kommunisten und Grünen hatten sich nach dem Termin teilweise fassungslos gezeigt. Sie beklagten, Macron habe ihren Forderungen zwar zugehört, aber keine Klarheit über den künftigen politischen Kurs verschafft.

Wesentliche Zugeständnisse zu den Forderungen der linksgerichteten Parteien habe es nicht gegeben. Allerdings habe Macron ein Aussetzen seiner umstrittenen Rentenreform in Aussicht gestellt, möglicherweise bis nach den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027, hieß es. Den Linken reichte dieses angedeutete Zugeständnis jedoch nicht aus.

Wieder ein Premier aus den Reihen Macrons

Mit dem Festhalten an seinem Gefolgsmann Lecornu hat Staatschef Macron sich abermals gegen Rufe durchgesetzt, einen Regierungschef aus dem linken Block oder einen eher abseits des aktuellen Politikbetriebs stehenden Experten zu ernennen. Trotz des guten Abschneidens der linken Parteien bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 hatte Macron danach mit dem Konservativen Michel Barnier und dem Mitte-Politiker François Bayrou Regierungschefs ernannt, die dem linken Lager fernstehen.

Die Frage einer Duldung einer vom Macron-Lager angeführten Regierung machten die linken Parteien von einem Kurswechsel in der Politik abhängig. Das Macron-Bündnis hat keine Mehrheit im Parlament und verliert, wie es nach dem Krisentreffen im Élysée-Palast aussieht, möglicherweise auch die Unterstützung der konservativen Républicains. Ein Vorteil ist, dass Lecornu nach seinen intensiven Beratungen mit den Parteien möglicherweise auf eine Unterstützung einer ausreichend großen Zahl von politischen Gruppierungen wird bauen können.

Marode Staatsfinanzen stürzten das Land in eine Krise

Frankreich erlebt gerade die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten. Mehreren Minderheitsregierungen ist es bisher nicht gelungen, einen Sparhaushalt durch die tief gespaltene Nationalversammlung zu bringen.

Bereits seit Macrons Wiederwahl 2022 herrscht in Frankreich politische Instabilität, die der Präsident mit der von ihm 2024 angesetzten vorgezogenen Parlamentswahl weiter verstärkte: Seither ist die Nationalversammlung noch stärker zersplittert.

Gestritten wird vor allem über das reguläre Renteneintrittsalter, das um zwei Jahre auf 64 angehoben werden soll. Aus dem Umfeld des Präsidenten verlautete am Freitag, Macron erwäge, die Rentenreform zu verschieben – möglicherweise bis nach den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027. Den Linken reichte dieses angedeutete Zugeständnis jedoch nicht aus.

Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters

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