Noch im Mai hatte die Führung von ProSiebenSat.1 ein erstes Angebot des italienischen Konzerns MediaforEurope, kurz MFE, abgelehnt. Dieses sei finanziell unangemessen, hieß es. Vor gut einer Woche hatte MFE sein Übernahmeangebot dann deutlich erhöht. Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 geben Ihren Widerstand deshalb auf.
In einer Erklärung begrüßen sie das “langfristig angelegte Investment und fortgesetzte Engagement”. Außerdem könnte eine Übernahme Kosten von etwa 150 Millionen Euro einsparen. Den Aktionären empfiehlt die Konzernspitze, das MFE-Angebot anzunehmen. Die Italiener bieten 4,48 Euro in bar und 1,3 MFE-Aktien je Anteilsschein von ProSiebenSat.1 - insgesamt etwa acht Euro. MFE ist schon jetzt größter Einzelaktionär und hält ein Drittel der Anteile am Medienkonzern mit Sitz in Unterföhring bei München.
Bieterwettstreit wohl beendet - große Ziele von MFE
Es gibt auch ein Übernahmeangebot des tschechischen Finanzinvestors PPF. Auch dieser ist bereits an ProSiebenSat.1 beteiligt und wollte seine Anteile aufstocken. PPF bietet allerdings mit sieben Euro deutlich weniger als MFE. Das Unternehmen aus Tschechien hatte bereits angekündigt, seine Offerte nicht mehr erhöhen zu wollen.
Auch wenn letztendlich die Aktionäre entscheiden müssen, scheint der Weg für MFE damit frei zu sein. Mit der Übernahme möchte der italienische Konzern dem Ziel näher kommen, einen paneuropäischen Fernsehkonzern aufzubauen. Damit will man US-Streaminggiganten wie Netflix und Amazon Prime Paroli bieten. MFE ist bislang auch in Spanien aktiv.
ProSiebenSat.1 künftig auf Berlusconi-Linie?
MFE gehört den Kindern des 2023 gestorbenen früheren italienischen Regierungschefs und Medienunternehmers Silvio Berlusconi. Dieser hatte den Konzern aufgebaut und genutzt, um seine politische Karriere und die von ihm gegründete Partei “Forza Italia” zu fördern. Berlusconi gilt als einer der ersten erfolgreichen Rechtspopulisten.
Die Berlusconi-Kinder sind bislang nicht in die Politik eingestiegen, stehen der Partei aber immer noch nahe. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Mika Beuster, warnte deshalb auch davor, dass ProSiebenSat.1 schleichend auf die populistische Berlusconi-Linie getrimmt werden könnte.
Unterschiedliche Reaktionen aus der Politik
Auch die Politik beschäftigt die Entwicklung. Bayerns Medienminister Florian Herrmann (CSU) hatte sich vor einer Woche erfreut gezeigt, als bekannt wurde, dass MFE sein Angebot erhöht. Dies zeige, so Herrmann, dass "es sich um ein für Investoren hochinteressantes Unternehmen mit sehr viel Potenzial handelt und dass Bayern zu Recht als Top-Standort für Medienunternehmen gilt". Zur aktuellen Entwicklung wollte sich Herrmann auf BR-Anfrage nicht äußern.
Deutlich kritischer ist dagegen Kulturstaatsminister Weimer. Er erneuerte heute seine Skepsis. Sollte die Übernahme tatsächlich erfolgen, so Weimer, dann erwarte man, "dass die journalistische Unabhängigkeit der Redaktionen erhalten bleibt und kein Einfluss durch die neuen Anteilseigner genommen wird". Um diese Sorgen zu besprechen, hatte Wolfram Weimer Pier Silvio Berlusconi, MFE-Chef und Sohn von Silvio Berlusconi, auch schon zu einem Gespräch ins Kanzleramt eingeladen.
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