Pikachu, das gelbe Pokémon, ist in der Türkei zum Symbol des Widerstands geworden. In den vergangenen Tagen ging ein Video viral, das einen Demonstranten zeigte, der in einem aufblasbaren Pikachu-Kostüm in kleinen Schritten vor der Polizei davon lief. Berichten zufolge ist das Video in Antalya im Süden des Landes entstanden.
Hunderttausende protestieren gegen Erdogan
Seit mehr als einer Woche protestieren in der Türkei die Menschen gegen die Festnahme und anschließende Verhaftung des Oberbürgermeisters von Istanbul, Ekrem Imamoğlu, und gegen die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan. Zuletzt am Samstag hatten sich mehrere Hunderttausend Menschen in Istanbul auf der asiatischen Seite versammelt.
Viele Protestierende haben sich das Pokémon als Symbol angeeignet. In den sozialen Medien tauchen immer mehr Fotos von dem Fantasiewesen auf, darunter Kinder, die bei Protesten ein Pikachu-Stofftier (externer Link) dabei oder ein Poster gemalt haben, auf dem steht: "Ich habe dich gewählt, Pikachu". Und auch bei Solidaritätskundgebungen für Imamoğlu in Paris tauchte Pikachu auf.
29.03.2025: Protest gegen die Regierung von Erdogan in Paris - auch hier ist Pikachu dabei.
KI-generierte Parodie-Videos
Teilweise gibt es auch satirische, KI-generierte Protestvideos. In einem auf der Plattform X verbreiteten Video (externer Link) ist zum Beispiel zu sehen, wie ein Protestierender im Pikachu-Kostüm seine Kopfbedeckung abnimmt. Und die KI lässt es so aussehen, als stecke der CHP-Politiker Kemal Kılıcdaroglu in dem Pokémon-Kostüm. Cool läuft er dann vor zahlreichen Polizisten her. In einem anderen KI-Video rennt ein Pikachu-Plüschtier, das Funken versprüht, vor schwer bewaffneten Polizisten davon.
Experte: Mittel der "psychologischen Kriegsführung"
Regierungsnahe Medien versuchten, Pikachu als Teil einer gezielten Kampagne der Opposition darzustellen. Im Sender CNN Türk wurde Protestierenden vorgeworfen, das Wesen als Mittel "psychologischer Kriegsführung" (externer Link auf Türkisch) einzusetzen. Ein anderer "Analyst" betonte: "Das Konzept besteht darin, imaginäre Kreaturen zu verwenden. Sie versuchen so, diese Straßenproteste sympathisch erscheinen zu lassen und tun so, als ob terroristische Organisationen nicht beteiligt wären." Staatspräsident Erdogan hat die Proteste immer wieder als "Straßenterror" bezeichnet.
Rund 2.000 Festnahmen
Teilweise kommt aber auch von Seiten der Demonstrierenden Kritik. Einige Nutzer im Netz beklagten, dass der Protest verharmlost und als Spaßveranstaltung dargestellt werde, obwohl es Festnahmen und Gewalt gebe. Jüngsten Berichten zufolge wurden inzwischen rund 2.000 Menschen festgenommen. Teilweise setzte die Polizei Tränengas, Wasserwerfer und auch Gummigeschosse gegen die Protestierenden ein.
Tierische Unterstützung für die Proteste
Nicht nur das Fantasiewesen Pikachu, auch ein Straßenhund scheint die Proteste zu unterstützen: Ein beiger Straßenhund, der wohl schon bei früheren Protesten vor dem Istanbuler Rathaus dabei war, soll sich auch dieses Mal den Demonstrierenden "angeschlossen" und Polizisten angebellt haben. "Mein Lieber, Gott sei Dank haben sie dich nicht erwischt", schreibt eine Nutzerin in Anspielung auf die zahlreichen Festnahmen. Anderen Hunden, die aus den Fenstern von Erdgeschosswohnungen schauen und aufgeregt bellen, rufen die Demonstranten zu: "Bell, bell! Wer nicht bellt, ist ein Erdogan-Anhänger!" (externer Link).
Mit Informationen von dpa
Zum Audio: Hunderttausende fordern den Rücktritt von Erdogan
Protest im Stadtteil Maltepe auf der asiatischen Seite von Istanbul
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