Hunderte junge Menschen sitzen nebeneinander im Englischen Garten in München auf Picknickdecken, Jacken und Plastiktüten. Sie klopfen mit einer Gabel auf ihren mitgebrachten Pudding und zählen gemeinsam einen Countdown: "Zehn, neun … zwei, eins." Jetzt geht es los: Alle öffnen ihre Puddings und gabeln sie. Denn die Besonderheit des Pudding-Flashmobs: Statt Löffel verwenden alle Gabeln.
Zweieinhalb Stunden Fahrt für Gemeinschaft
Um hier dabei zu sein, ist Adrian aus Lindau zweieinhalb Stunden gefahren. Er ist 18 und hat seine Freunde in München mobilisiert. Sein Ziel heute: Spaß haben, Zeit mit seinen Freunden verbringen und Neue kennenlernen. Er denkt, das Puddingtreffen ist so erfolgreich, "weil viele junge Leute sich heutzutage wieder etwas wünschen, wo man sich versammeln kann. Und das ist etwas, bei dem alle dachten: 'Das ist lustig'. Und jetzt versammeln wir uns alle zum selben Zweck." Adrian ist begeistert, wie offen alle sind: "Es ist wirklich unglaublich. Ich habe mich richtig willkommen gefühlt."
Loris: "Typisch Gen Z"
Der 19-jährige Loris hat gestern selbst den Pudding gekocht. Den mit der Gabel zu essen, funktioniere erstaunlich gut: "Es ist kein Joghurt, sondern ein bisschen fester." Die Veranstaltung spiegele vieles der Generation Z wider: "Es ist dieser Humor, den unsere Gen Z hat. Es hat keinen wirklichen Sinn, aber wir kommen zusammen und das find ich immer schön." Außerdem schätzt Loris die Leichtigkeit des Events, denn die fehle im Alltag oft: "Einfach mal Freude an etwas Sinnlosem haben."
Ort zum Zusammenkommen – ohne Eintritt
Ähnlich nimmt das Elisabeth wahr. Sie ist 22 und mit ihrem Freund zum Pudding essen gekommen. "Vor allem durch die politische Situation ist gerade alles sehr angespannt. Pudding mit Gabel essen füllt das aus", erklärt sie. Gut findet Elisabeth am Event auch, dass es kostenlos ist: "Viele Sachen, die man in seiner Freizeit machen kann, sind teuer. Oft hat man als Student, Auszubildender oder Schüler nicht die Möglichkeit jedes Wochenende irgendwas zu machen, sondern man muss sich irgendwo treffen. Aber dafür fehlen uns die Plätze." Der einzige Nachteil: Mit der Gabel komme man schlecht in die Ecken, deshalb bleibt von Elisabeths Schoko-Pudding noch viel übrig.
TikTok-Trend aus Karlsruhe
In Karlsruhe hat das Ganze mit einem einfachen Flyer begonnen. Dort sind zum ersten Mal hunderte Menschen zum Pudding-Flashmob zusammengekommen. Jetzt ziehen Städte in Bayern und ganz Deutschland nach: zum Beispiel München, Nürnberg, Würzburg, Münster und Berlin.
Verbreitet wird der Trend über Social Media. Die Videos sind viral. Adrian, Elisabeth und Loris sind dadurch darauf aufmerksam geworden. "Auf Tiktok konnte man dem Trend nicht entkommen", erklärt Loris.
Psychologe: Pudding-Trend als kleiner Schritt zur Gemeinschaft
Claus-Christian Carbon, Psychologieprofessor an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, erklärt, dass man sich durch das Merkwürdige des Trends ein Stück weit absetzen könne: "Das erzeugt Gemeinschaft und erregt Aufmerksamkeit."
Nach seiner Ansicht müsste viel mehr dafür getan werden, dass Menschen wieder gemeinsam etwas unternehmen: "Junge Leute gehen nicht mehr so gerne aus, zum Beispiel zum Tanzen. Wir müssten eigentlich viel mehr dafür tun, dass Leute wieder etwas zusammen machen – und zwar am besten physisch."
Den Pudding-Trend versteht Carbon als "einen der vielen zaghaften Versuche, tatsächlich neue Dinge zu etablieren". Für den "ganz großen Wurf" hält er ihn jedoch nicht: "Das Zusammentreffen ist nur ein kurzer Moment. Selbst mit einer Gabel ist ein Pudding schnell verspeist." Und dennoch: "Solche neuen, harmlosen Trends sind nicht das Schlechteste, um sich langsam wieder zusammenzufinden."
Niedrigschwellig zusammenkommen – die Idee hinter dem Event
In München hat das Event "socialhood Munich" initiiert, weil "es sehr niedrigschwellig für junge Menschen ist, in einem öffentlichen Bereich zusammenzukommen, Spaß zu haben, bestehende Freunde wiederzusehen und neue Menschen kennenzulernen", erklärt Gerrit Dokter von "socialhood Munich".
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