Sowohl bei der Union als auch bei der SPD zeigte man sich zuletzt zuversichtlich: Aus beiden Lagern rechnen die Parteispitzen damit, dass am heutigen Freitag der Bundestag für das umstrittene Rentenpaket stimmen wird. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat für die schwarz-rote Koalition eine klare Vorgabe formuliert.
BR24 hat die Debatte und Abstimmung live übertragen. Eine Einordnung aus Berlin liefert BR-Korrespondentin Eva Huber. Den Stream zum Nachschauen finden Sie in Kürze oben eingebettet über diesem Artikel oder alternativ als YouTube-Video unter diesem Artikel.
Wie viele Abweichler wird es geben?
Einzelne mögliche Abweichler der Unionsfraktion sorgen seit Tagen für Debatten. Die "Junge Gruppe" hatte wegen zukünftiger Milliardenkosten mit Nein gedroht – ein Scheitern des Rentenpakets könnte aber einen Zerfall der gesamten Koalition einläuten, so die Sorge.
Merz will bei der Abstimmung über das Renten-Gesetz die absolute Mehrheit aller Abgeordneten mit eigenen Stimmen der Koalition erzielen - die sogenannte "Kanzlermehrheit". "Wir haben 630 Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Die Mehrheit ist 316. Wir haben 328 und ich würde mir ein Ergebnis wünschen zwischen 316 und 328", sagte er nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder in Berlin.
NRW-Ministerpräsident Wüst: "Ziemliche Zuversicht"
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rechnet damit, dass die schwarz-rote Koalition für das Rentenpaket stimmt. "Es ist ein einfaches Gesetz, man braucht eine einfache Mehrheit und nach allem, was ich mitkriege, wird es die geben", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Wahrscheinlich seien noch ein paar Gespräche mit Abweichlern in der Unionsfraktion geführt worden. "Aber ich habe ziemliche Zuversicht, dass das gelingt", sagte der Vorsitzende des größten CDU-Landesverbands.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte davor gewarnt, sich auf die angekündigte Enthaltung der Linksfraktion zu verlassen. "Es geht jetzt darum, bis Freitag auch eine eigene Mehrheit zu organisieren", sagte der SPD-Vorsitzende in der ARD-Sendung "Maischberger".
Er sei "wirklich dankbar", wie verantwortungsvoll die Linke sich verhalte. "Aber mein Anspruch ist schon, dass wir eine eigene Mehrheit haben." Diese Koalition werde in den nächsten dreieinhalb Jahren sehr viele Entscheidungen zu treffen haben, "und wir können nicht immer davon ausgehen, dass die Linken oder dass die Grünen uns da zur Seite springen", mahnte Klingbeil.
Zustimmung nur mithilfe der Linksfraktion?
Durch die am Mittwoch angekündigte Enthaltung der Linksfraktion dürfte die Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes im Bundestag für die Koalition nun erheblich leichter werden als zunächst befürchtet. Bei der Berechnung einer einfachen Mehrheit im Bundestag werden die Enthaltungen nicht mitgezählt. Es werden also nur die Ja-Stimmen gegen die Nein-Stimmen aufgerechnet.
Ohne die Ankündigung der Linken hätte die Koalition ein Problem gehabt: Bei der Probeabstimmung in der Union im Bundestag hatten am Dienstag rund 15 Abgeordnete nach Angaben aus Fraktionskreisen gegen die Rentenvorlage gestimmt. Damit hätte die Koalition keine Mehrheit, wenn die Opposition geschlossen dagegen stimmen würde.
Kritiker lehnen milliardenschweres Rentenpaket ab
Der Gesetzentwurf, für den auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) geworben hatte, sieht ein Rentenniveau – also das Verhältnis der gesetzlichen Rente eines Standardrentners mit 45 Beitragsjahren zum Durchschnittsverdienst aller Erwerbstätigen – von 48 Prozent bis 2031 vor, was in der Koalition unstrittig ist. Allerdings soll das Rentenniveau auch nach 2031 über dem Wert liegen, den es ohne das Gesetz hätte. Das lehnen die Kritiker von der Union ab, weil es Milliarden kosten würde. Daneben soll mit dem Gesetz die Mütterrente erweitert werden – was besonders der CSU ein Anliegen war.
In einer nächtlichen Sondersitzung des Koalitionsausschusses vergangene Woche wurde auch als ein Entgegenkommen zur Jungen Gruppe beschlossen, dass dem Gesetzespaket ein Begleittext hinzugefügt werden soll, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, und der sicherstellen soll, dass die junge Generation nicht allein die finanzielle Last tragen muss. So will die Bundesregierung noch im Dezember eine Politiker- und Experten-Kommission einsetzen, die bis kommenden Sommer Vorschläge für eine grundsätzliche Rentenreform machen soll.
Mit Informationen von Reuters und dpa.
Gelingt der Koalition eine einvernehmliche Beilegung des Rentenstreits im Bundestag?
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