Rainer Dulger (l-r), Arbeitgeberpräsident, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer BDA, kommen zum Arbeitgebertag 2025.
Rainer Dulger (l-r), Arbeitgeberpräsident, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer BDA, kommen zum Arbeitgebertag 2025.
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Rainer Dulger (l-r), Arbeitgeberpräsident, Kanzler Friedrich Merz und Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer BDA, kommen zum Arbeitgebertag.
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Rainer Dulger (l-r), Arbeitgeberpräsident, Kanzler Friedrich Merz und Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer BDA, kommen zum Arbeitgebertag.

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Schnellboot vs. Tanker: Wie schnell gehen Reformen?

Schnellboot vs. Tanker: Wie schnell gehen Reformen?

In der Wirtschaft rumort es: Nach der Bundestagswahl hatten Unternehmer auf eine handlungsfähige und reformbereite Regierung gehofft. Nun sind viele enttäuscht, gerade wegen des Rentenpakets. Kanzler Merz versucht beim Arbeitgebertag gegenzuhalten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Vom Statistischen Bundesamt kommt am Morgen nichts Aufmunterndes: Das Bruttoinlandsprodukt tritt weiter auf der Stelle. Unternehmen kündigen an, Stellen zu verlagern, wie nun Faber-Castell aus Stein. Das passt zu einer Umfrage, die beim Arbeitgebertag in Berlin präsentiert wird: Demnach glauben nur 13 Prozent der befragten Unternehmer, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verbessern wird.

Wirtschaftsministerin Reiche: Uns läuft die Zeit davon

Die Ausgangslage müsste also klar sein: Die Wirtschaft schwächelt, so kann es nicht weitergehen. Doch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) fürchtet ein Erkenntnisproblem: Die dramatische Lage werde nicht "hinreichend wahrgenommen". Es brauche dringend Reformen - "uns läuft die Zeit davon".

Beim Arbeitgebertag kommt das gut an. Denn hier dominiert die Sorge, dass die schwarz-rote Bundesregierung wenig Reform-Elan zeigt. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger macht das insbesondere an der aktuellen Renten-Debatte fest: Seit vierzig Jahren sei die demographische Entwicklung bekannt: "Doch es scheint, als bestünde der Ehrgeiz der Politik darin, Probleme auf die lange Bank zu schieben, anstatt sie zu lösen."

Rentenstreit weiter ungelöst

Bei der Wahl der Gäste hat der Arbeitgeberverband BDA bereits ein klares Zeichen gesetzt: Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, bekommt einen eigenen Time-Slot – er ist damit auf einer Ebene mit Bundesministern. Winkel bekräftigt seine Vorbehalte gegen die zusätzlichen Milliardenkosten beim Rentenpaket, betont aber zugleich, dass er zu einem Kompromiss bereit sei. Eine konkrete Lösung für den Streit um die Rente zeichnet sich aber weiterhin nicht ab.

Gegenwind für Arbeitsministerin Bas

Das wird mit der Rede von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) deutlich. Sie verteidigt das von ihr vorgelegte Gesetz mit dem Hinweis, dass dies bereits ein Kompromiss sei. Zweimal bringt Bas die Arbeitgeber-Vertreter regelrecht gegen sich auf: Als sie sagt, dass die Kosten für das Rentenpaket aus Steuermitteln und nicht aus Beitragsgeldern finanziert werden, erntet sie Gelächter. Als sie dann beim Stichwort Sozialpartnerschaft sagt, dass sie "im Gegensatz zu Ihnen" auch immer die andere Seite mit im Blick habe, gibt es Protestrufe.

Geschickter stellt es Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) an: Er betont einerseits die Reformbereitschaft der Sozialdemokraten, räumt aber zugleich ein, dass es einen Dissens mit den Arbeitgebern gebe, wie Sozialreformen genau aussehen sollten.

Abgrenzung zur AfD

Dafür ist sich Klingbeil mit den Teilnehmern des Arbeitgebertags einig, dass die AfD kein Partner für die Wirtschaft sein kann. Sie sei eine "arbeitgeber- und arbeitnehmerfeindliche Partei." Klingbeil nimmt dabei Bezug auf die vom Verband der Familienunternehmer ausgelöste Debatte, ob nicht auch der Dialog mit der AfD gesucht werden sollte. Bei allen Differenzen müsse doch die "demokratische Mitte" zu guten Lösungen kommen. Ähnlich argumentiert Kanzler Friedrich Merz (CDU), der vor Populismus von links und "vor allem" rechts warnt.

BDA-Präsident Dulger mahnt ihn noch einmal eindringlich: "Deutschland braucht Sie jetzt - und zwar als Wachstumskanzler." Merz sagt dazu: Die Regierung habe schon einiges auf den Weg gebracht, Deutschland sei aber kein Schnellboot, sondern ein ziemlich großer Tanker, den man nicht innerhalb kurzer Zeit umsteuern könne.

Merz: Angesichts von Epochenbruch geht es um mehr als 48 Prozent Haltelinie

In den Mittelpunkt seiner Rede stellt Merz den "Epochenbruch", vor dem Deutschland angesichts der geopolitischen Veränderungen stehe. In Anspielung auf das umstrittene Rentenpaket ergänzt er: "Wenn wir uns in dieser Welt behaupten wollen, geht es um mehr als um 48 Prozent Haltelinie." Der Forderung nach einer Korrektur am Rentengesetz erteilt er eine Absage und argumentiert dabei ähnlich wie zuvor SPD-Ministerin Bas: Bei der Rente brauche es eine gewisse Verlässlichkeit und Stabilität für die Bevölkerung.

BDA-Präsident Dulger entlässt Merz betont freundlich, man habe Vertrauen in die Politik des Kanzlers. An seiner Kritik vom Vormittag nimmt er aber nichts zurück. Da hatte Dulger zum Reformwillen der Regierung gesagt, man sehe zwar einige Bemühungen - "doch eine Wirtschafts-Wende, einen Reform-Turbo oder gar eine ganze Reform-Jahreszeit haben wir bisher nicht ausmachen können." Es bleibt noch einiges zu klären zwischen Wirtschaft und Politik.

Der Arbeitgebertag wird überschattet vom Streit ums Rentenpaket. Vor allem die Arbeitsministerin hat einen schweren Stand. Die Ungeduld in der Wirtschaft steigt.
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Der Arbeitgebertag wird überschattet vom Streit ums Rentenpaket. Die Ungeduld in der Wirtschaft steigt.

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