Für Israelis und Palästinenser war es die erlösende Nachricht, auf die sie seit langem gewartet und mit der sie bald nicht mehr gerechnet hatten: Das vorläufige Ende des Krieges, der so verheerend war wie kein anderer in der Region.
Angehörige und Freunde der Geiseln feiern
Auf dem sogenannten "Hostage Square" in Tel Aviv, wo Angehörige und Freunde jeden Tag an das Schicksal der Geiseln erinnert haben, fielen sich Menschen in die Armee und dankten US-Präsident Donald Trump, der dies möglich gemacht habe.
Gemischte Gefühle im Gazastreifen
Im Gazastreifen reagieren die seit zwei Jahren unter beständiger Lebensgefahr ausharrenden Menschen mit einer Mischung aus tiefer Erleichterung und Trauer über die Toten: "Bis jetzt kann ich nicht glauben, dass dieser Krieg zu Ende sein könnte und dass ich noch am Leben bin – wir haben diese Katastrophe überlebt", textete Apothekerin Suha Shaath per Whatsapp der BBC.
Und ein Arzt in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens wird mit den Worten wiedergegeben: "Wir haben in den zwei Jahren des Krieges viel verloren. Der Gazastreifen ist zerstört. Es stehen uns noch schwierige Zeiten bevor, aber das Wichtigste ist, dass wir hoffen, in Sicherheit zu sein."
Rasche Abfolge der nächsten Ereignisse
Bereits am Mittag wird es am Verhandlungsort im ägyptischen Sharm El Sheikh zur offiziellen Unterzeichnung der Vereinbarung über die erste Phase des 20-Punkte-Plans des US-Präsidenten kommen. Am Nachmittag tritt das israelische Sicherheitskabinett zusammen, um die Vereinbarung zu ratifizieren.
Innerhalb von 24 Stunden nach der Unterzeichnung werde sich die israelische Armee aus mehreren Gebieten des Gazastreifens zurückziehen, von Khan Yunis im Süden bis nach Beit Lahia im Norden. Binnen dreier Tage nach der Unterzeichnung werden alle lebenden Geiseln freigelassen. Es sei vereinbart worden, dass die Übergabe ohne jegliche Zurschaustellung der Geiseln und medialer Selbstdarstellung durch die Hamas erfolge.
Geiseln sollen am Montag zurückkehren
Die sterblichen Überreste der getöteten Geiseln würden schrittweise an Israel übergeben. Trump sagte dem US-Fernsehsender Fox News: "Die Geiseln werden wahrscheinlich am Montag freigelassen werden. Sie befinden sich tief unter der Erde." Man sei dabei, sie zu bergen. "Dazu gehören auch die Leichen der Toten."
Trump kündigte zugleich an, dass er in den kommenden Tagen in die Region reisen würde. Er sei eingeladen worden, vor dem israelischen Parlament, der Knesset, zu sprechen. "Sie möchten, dass ich eine Rede vor der Knesset halte, und ich werde das auf jeden Fall tun, wenn Sie es wünschen", sagte Trump dem Axios-Reporter und CNN-Analysten, Barak Ravid, in einem Telefoninterview. "Es ist ein großartiger Tag für Israel und für die Welt." Die ganze Welt habe sich zusammengeschlossen, "um dieses Abkommen zu erreichen, einschließlich Länder, die Feinde waren".
Welche Themen sind bislang ausgeklammert worden?
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat darauf bestanden, dass die Hamas ihre Waffen abgibt, was die Hamas ablehnt. Offen ist auch der Mechanismus, wann und in welcher Reihenfolge sich die israelische Armee aus dem Gazastreifen zurückzieht. Israels Streitkräfte haben auf Trumps Drängen ihre Militäroperationen im Gazastreifen zurückgefahren, die Angriffe jedoch nicht vollständig eingestellt. Nicht geklärt ist ebenfalls, wer den Gazastreifen nach einem Abzug der israelischen Armee verwalten wird.
Der Trump-Plan sieht unter anderem vor, dass ein internationales Aufsichtsratsgremium unter Leitung Trumps den nahezu komplett zerstörten Küstenstreifen verwalten wird. Dies wird aber von der Hamas abgelehnt, die eine palästinensische Technokraten-Regierung übernimmt, unter Aufsicht der Palästinensischen Autonomiebehörde und unterstützt von arabischen und muslimischen Ländern.
Und schließlich ist die Liste der palästinensischen Gefangenen noch nicht festgelegt worden. Wie bei früheren Freilassungen palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen werden die Namen der Freizulassenden von Israel veröffentlicht, um Angehörigen von Terroranschlägen die Gelegenheit zu geben, gegen die Freilassung Einspruch zu erheben.
Zum Audio: Lage nach der Einigung
Menschen in Tel Aviv freuen sich über die Einigung
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