Der Vorgang ist selbst für Trumps bisherigen Methoden beispiellos: Vor wenigen Tagen entließ er den Bezirksstaatsanwalt für den östlichen Bezirk von Virginia, der sich angesichts der mangelhaften Substanz der Vorwürfe gegen Ex-FBI Direktor James B. Comey geweigert hatte, die politischen Gegner anzuklagen. Der US-Präsident hatte diesen Bezirksanwalt in dieses Amt vorübergehend berufen.
Trump setzte daraufhin am Montag seine ehemalige Anwältin und bisherige Mitarbeiterin im Weißen Haus, Lindsey Halligan, als neue Bezirksstaatsanwältin ein, die noch nie als Staatsanwältin gearbeitet hat.
Zuvor hatte der US-Präsident am Samstagabend öffentlich seiner Justizministerin, Pam Bondi, vorgeworfen, nicht aggressiv genug gegen Comey und zwei weitere Personen vorzugehen, die er als Feinde betrachtet: Die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York, Letitia James und den demokratischen US-Senator aus Kalifornien, Adam B. Schiff.
Strafanzeige auf Befehl des US-Präsidenten
"Eine unerfahrene Staatsanwältin, die Präsident Trump loyal gegenübersteht und seit weniger als einer Woche im Amt ist, erhob Strafanzeige gegen einen des meistverachteten Gegners ihres Chefs", wie die "New York Times" die Beispiellosigkeit des Rachefeldzugs Trumps gegen seine angeblichen Feinde nüchtern zusammenfasst. Die Staatsanwältin habe dies "nicht nur auf direkten Befehl des Präsidenten getan", sondern auch gegen den ausdrücklichen Rat ihrer eigenen Untergebenen und ihres Vorgängers, der gerade entlassen worden war. Die Beweislage sei unzureichend, um eine Anklage zu begründen.
Am Donnerstagabend um 19 Uhr Ortszeit reichte die neue Bezirksstaatsanwältin Halligan persönlich die zwei Seiten umfassende Anklageschrift gegen den Ex-FBI-Direktor beim Bundesbezirksgericht in Alexandra, Virginia ein. Der Grund für die Eile: Die Verjährungsfrist für die angeblichen Straftaten, die Comey begangen haben soll, wäre bald verstrichen. Trumps handverlesene Staatsanwältin beeilte sich, so analysiert die "New York Times" korrekt, "die schnell näher rückende Verjährungsfrist für Comeys angebliche Verbrechen zu umgehen."
Was dem Ex-FBI Direktor vorgeworfen wird
James Comey werde wegen "schwerwiegender Verstöße im Zusammenhang mit der Weitergabe sensibler Informationen" strafrechtlich verfolgt, erklärte Trumps Justizministerin Bondi. Er habe vor dem US-Kongress falsch ausgesagt und die Untersuchungsarbeit des Kongresses behindert. Darauf stünde eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren, fügte die neu ernannte Bezirksstaatsanwältin hinzu.
Comey genoss 2013 bei seiner Ernennung zum FBI-Direktor durch den damaligen Präsidenten Barack Obama breite Unterstützung bei Demokraten und Republikanern auf dem Kapitol. Den "Zorn" Trumps zog sich Comey im März 2017 während einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses zu.
Comey erklärte damals, dass die amerikanische Bundespolizei FBI vor der Präsidentschaftswahl im November 2016 Ermittlungen eingeleitet habe. Gegenstand der Ermittlungen: Die Russland-Kontakte Trumps sowie die versuchte Einflussnahme Russlands auf das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen. Die Ergebnisse der FBI-Ermittlungen hätten einen Monat vor dem Wahltermin im November 2016 vorgelegen. Er, Comey, hätte allerdings auf die Veröffentlichung der für Trump politisch brisanten Ergebnisse verzichtet, weil er das als unzulässige Einmischung in den Wahlvorgang betrachtet habe. Zwei Monate nach seinen Aussagen vor dem US-Kongress entließ Trump im Mai 2017 seinen FBI-Direktor, den er seitdem als seinen "Feind" betrachtet.
Missbrauch des US-Justizministeriums
Die strikte Unparteilichkeit des US-Justizministeriums, die nach dem Watergate-Skandal des damaligen Präsidenten Richard Nixon in den 70er Jahre verschärft worden war, ist nicht mehr gewährleistet. "Nachdem Präsident Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit regelmäßig die Grenzen der amerikanischen Demokratie ausgetestet hat", kommentiert der US-Nachrichtensender CNN auf seiner Webpage, "sprengt er sie nun mit rasender Geschwindigkeit."
Nur wenige Tage nachdem Trump seine Justizministerin online den Befehl gegeben hatte, den Ex-FBI-Direktor strafrechtlich endlich zu verfolgen, konnte seine Ministerin Vollzug melden. Die Situation verdeutliche, "wie wir in den letzten Wochen eine noch radikalere Version von Trumps ohnehin schon dreisten Bemühungen gesehen haben, die Bundesregierung zu transformieren und die Macht bei sich selbst zu zentralisieren."
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