Für den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist klar: "Wir sind auf dem richtigen Kurs." Im Freistaat habe sich die Zahl der Asylanträge neu eingereister Flüchtlinge in den ersten fünf Monaten mehr als halbiert, gleichzeitig sei die Zahl der Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen gestiegen, sagt er dem BR. Somit seien in der Summe "mehr Ausreisepflichtige ausgereist, als neue Flüchtlinge gekommen sind".
Laut Innenministerium wurden im Freistaat von Anfang Januar bis Ende Mai 5.845 neue Asylanträge gestellt – damit hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ziemlich genau halbiert. Dem stehen insgesamt 7.780 freiwillige Ausreisen und Rückführungen gegenüber (ein Plus von 14 Prozent gegenüber den ersten fünf Monaten 2024). Im Juni wurden noch einmal weniger Asylanträge registriert, allerdings fehlt hier noch die Zahl der Ausreisen und Rückführungen. Zuerst hat die "Bild"-Zeitung darüber berichtet.
Herrmann sieht Effekt der Migrationswende
Minister Herrmann wertet die neuen Zahlen als eine "sehr gute Bilanz im Hinblick auf die Migrationswende". Maßnahmen der neuen Bundesregierung zeigten bereits Wirkung – insbesondere die verschärften Grenzkontrollen, die zur Festnahme von vielen Schleusern führten und auch eine abschreckende Wirkung hätten. In Bayern habe auch die Einführung der Bezahlkarte einen Effekt gehabt.
Allerdings seien die Kommunen wegen der vielen Asylbewerber der vergangenen Jahre und zahlreichen Flüchtlingen aus der Ukraine nach wie vor sehr stark belastet. "Unser Ziel bleibt deshalb, Migration dauerhaft zu steuern und die Zugangszahlen zu senken."
Grüne sehen andere Gründe
Dagegen kann die Grünen-Integrationsexpertin im Landtag, Gülseren Demirel, noch keinen Erfolg der Bundesregierung erkennen, die seit dem 6. Mai im Amt ist. Sie betont, dass die Zahl der Zurückweisungen von Asylbewerbern an der deutschen Grenze bisher sehr gering sei. Darüber hinaus verweist Demirel auf wiederkehrende Schwankungen bei den Flüchtlingszahlen: "Die Erfahrung, die ich in dem Bereich als Fachpolitikerin mache, ist zum einen, dass wir schon immer in der Flüchtlingswelle temporäre Absenkungen gehabt haben."
Zum anderen zeige auch die Gesetzgebung der früheren Ampelregierung Wirkung, insbesondere die neuen Möglichkeiten der Arbeitsmigration durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Viele Flüchtlinge reisten freiwillig aus, um die Chance zu wahren, mit einem Arbeitsvisum nach Deutschland kommen zu können. Nach einer Abschiebung ist eine Wiedereinreise nicht mehr möglich.
AfD fordert Taten
Der AfD-Abgeordnete Christoph Maier kritisierte, ein spürbarer Rückgang des "Migrationsdrucks" sei derzeit noch nicht erkennbar. Die Union müsse ihren Worten auch Taten folgen lassen. Ob es eine Trendwende gebe, lasse sich ohnehin erst beurteilen, wenn die tatsächliche Zahl der Abschiebungen und Ausreisen aus ganz Deutschland bekannt werde.
Flüchtlingsrat: Zahl sinkt europaweit
Der Bayerische Flüchtlingsrat betont, die Flüchtlingszahlen seien nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa rückläufig, und zwar schon seit vergangenem Jahr. "Weder die Bundesregierung noch das bayerische Innenministerium können das als besonderen Erfolg verbuchen, wenn als Folge einer europäischen Entwicklung auch hier die Zahlen sinken."
Herrmann: Immer wieder Wellenbewegungen bei Flüchtlingszahlen
Innenminister Herrmann bestätigt, dass sich bei den neu ankommenden Flüchtlingen schon seit Ende vergangenen Jahres ein rückläufiger Trend abzeichne. Grenzkontrollen seien auf Druck der Union aber schon im vergangenen Jahr ausgeweitet worden, wenn auch noch nicht so strenge wie jetzt. Natürlich aber könne niemand den Rückgang der Flüchtlingszahl auf einen einzigen Grund zurückführen, es liege an einem Mix verschiedener Maßnahmen.
Auch der CSU-Politiker räumt ein, dass es bei den Flüchtlingszahlen in der Vergangenheit immer wieder Wellenbewegungen gegeben habe. "Darum mahne ich auch zur Vorsicht", sagt er. "Aber ich bin zuversichtlich: Wenn wir da weiter konsequent agieren, dann können wir die Neuzugänge auch weiterhin auf einem niedrigen, erträglichen Niveau halten."
Grafik: Rückgang der Asylerstanträge in Bayern
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