In Berlin hat am Abend erneut der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD getagt. Thema waren vor allem die Wirtschaft und die Energieversorgung. Die Spitzen der Regierungsparteien haben sich dabei auf die Einführung eines staatlich subventionierten, niedrigeren Industriestrompreises geeinigt. Daneben wurde auch eine neue Kraftwerksstrategie beschlossen.
- Zum Artikel: "Strompreise runter" – BMW-Chef besucht CSU-Fraktion
Vergünstigter Industriestrompreis bereits ab kommendem Jahr
Der Industriestrompreis solle von 2026 bis 2028 gelten, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz nach den Beratungen im Kanzleramt. Der CDU-Chef sprach von einem Zielpreis von fünf Cent pro Kilowattstunde. Die Maßnahme solle gelten für stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Die Koalition erwartet dazu bald grünes Licht der EU-Kommission. Brüssel hatte im Juni generell einen Industriestrompreis gebilligt, unter bestimmten Voraussetzungen.
"Ein starkes Deutschland braucht eine starke Wirtschaft und sichere, gut bezahlte Arbeitsplätze", so Merz weiter. Die Koalition arbeite kontinuierlich an der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und habe immer das zentrale Ziel vor Augen: "Unsere Wirtschaft muss wieder laufen, muss besser laufen."
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas ergänzte: Es gebe "eine große Unsicherheit" besonders mit Blick auf Industriearbeitsplätze etwa in der Stahl- und Autobranche. Diese wolle die Koalition sichern, weshalb die Senkung der Energiekosten wichtig sei, so die SPD-Vorsitzende.
Regierung rechnet mit Kosten von bis zu fünf Milliarden Euro
Ihr Co-Parteichef und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil geht aktuell davon aus, dass sich die Kosten für die Subvention auf drei bis fünf Milliarden Euro belaufen dürften. Finanziert werden soll die Maßnahme aus dem Klima- und Transformationsfonds - einem Sondertopf des Bundes. Vizekanzler Klingbeil äußerte sich "sehr zufrieden".
Unternehmen mit viel Energieverbrauch hatten in der Vergangenheit immer wieder über im internationalen Vergleich hohe Strompreise geklagt. Laut Bundesnetzagentur zahlten Industriefirmen ohne Vergünstigungen etwa bei Stromsteuer und Netzentgelten im September rund 16 Cent pro Kilowattstunde, Großverbraucher mit Vergünstigungen rund 10 Cent. Vor allem die Stahl- und Chemieindustrie dürfte nun von der Entlastung profitieren.
Strompreiskompensation soll ausgeweitet werden
Die Spitzen von Union und SPD kündigten zudem an, die sogenannte Strompreiskompensation solle verlängert, auf weitere Branchen ausgedehnt und "sofern beihilferechtlich möglich" erhöht werden. Dabei werden Firmen indirekt von Kosten des CO2-Emissionshandels entlastet. Die Stahlindustrie forderte eine Kombinationsmöglichkeit des Industriestrompreises mit der Strompreiskompensation. Bisher verbietet die EU eine Doppelförderung.
Die Bundesregierung hat bereits eine Entlastung bei den Strom-Netzentgelten beschlossen. Bei der Stromsteuer ist nach wie vor nicht geplant, sie für alle zu senken.
Grünes Licht für neue Gaskraftwerke
Einig wurde die Koalition demnach auch bei der Kraftwerksstrategie zum Bau von Gaskraftwerken. Diese sollen künftig als Backups einspringen, wenn der Strombedarf durch erneuerbare Energien nicht zu decken ist, weil keine Sonne scheint und kein Wind weht. Bereits im nächsten Jahr sollen dazu acht Gigawatt Leistung ausgeschrieben werden, die bis 2031 in Betrieb gehen sollen. Damit sich die Investitionen für Energieunternehmen rechnen, soll es eine staatliche Förderung geben.
Merz betonte, die Gaskraftwerke sollten so ausgeschrieben werden, dass sie technisch in der Lage seien, auch Wasserstoff zu nutzen, und dass sie im Einklang mit den Klimazielen bis spätestens 2045 technologieoffen dekarbonisiert werden könnten, also kohlenstoffhaltige Emissionen vermeidend.
Söder: Entwickeln neue Power
CSU-Chef Markus Söder hob auch die Bedeutung einer sicheren Energieversorgung hervor, gerade für den industriellen Süden des Landes und Nordrhein-Westfalen. Die Energiepreise seien bisher "ein echter Standortnachteil für Deutschland", auch im europäischen Vergleich. Mit den Beschlüssen werde nun die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessert, so Söder.
Der bayerische Ministerpräsident pochte zudem darauf, dass die schwarz-rote Regierung das Reformtempo beibehalten müsse und verwies bereits auf die weiteren bis Weihnachten geplanten Koalitionsausschüsse. Europa sei bisher zu langsam im Vergleich zur Entwicklung in China. "Wir versuchen jetzt in Deutschland, neues Tempo zu machen, eine neue Power zu entwickeln", sagte er. Es gelte nun "economy first".
Keine Entscheidungen zu Verbrenner-Aus und Rentenreform
Nach der Pressekonferenz zogen sich die Koalitionsspitzen zu weiteren Beratungen zurück. Auf die Frage, ob er auch eine Einigung im Streit um die Zulassung neuer Verbrenner-Fahrzeuge nach 2035 und das Rentenpaket erwartet, sagte Merz: "Zweimal ja." Nach dem Ende der Beratungen vor 23.00 Uhr gab es dann aber keine neuen Ankündigungen. Bis Weihnachten sollen noch zwei weitere Koalitionsausschüsse stattfinden.
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
Im Video: Koalitionsausschuss beschließt Hilfen für die Wirtschaft
Die Regierungskoalition hat sich auf einen niedrigeren Industriestrompreis geeinigt. Der soll Unternehmen, die viel Energie brauchen, entlasten.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

