Das "Frauentragen" ist ein katholischer Brauch, der in der Barock-Zeit entstanden ist.
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Das "Frauentragen" ist ein katholischer Brauch, der im Barock entstanden ist.
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Das "Frauentragen" ist ein katholischer Brauch, der im Barock entstanden ist.

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Frauentragen: Auf Herbergssuche in Zeiten der Einsamkeit

Frauentragen: Auf Herbergssuche in Zeiten der Einsamkeit

Das "Frauentragen" ist ein katholischer Brauch, der im Barock entstanden ist. Jeden Tag übernachtet Maria in einem anderen Haus – das symbolisiert die Herbergssuche. Bis heute praktizieren Menschen in der Oberpfalz den Brauch.

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Der Abend dämmert in Burglengenfeld in der Oberpfalz. Es ist kalt, das Gebetsläuten setzt ein. Leonhard Riepl geht mit seiner Laterne entlang der Naab und biegt dann zum Simmernhof ein. Dort holt er die hölzerne Marienstatue ab, die hier die vergangene Nacht verbracht hat.

Frauentragen erinnert an Herbergssuche

In Bayern wird nach alter Tradition im Advent eine Marienstatue jeden Tag von einem Haus zum nächsten getragen. Das sogenannte Frauentragen oder Marientragen erinnert an die Herbergssuche der Heiligen Familie in Bethlehem, die schließlich in einem Stall übernachten musste, weil sie niemand aufnahm. Manche Katholiken in Bayern legen zum Teil weite Strecken zurück, um die Statue täglich zu einer neuen Familie zu bringen.

Der Hof, auf dem Leonhard Riepl die Statue abholt, ist eine der 24 Stationen des langen Weges der Figur durch die Pfarrei. Die Tür geht auf, die Familie bringt Maria heraus, eingehüllt in einen blauen Umhang. Leonhard Riepl sagt den traditionellen Spruch auf: "Wir kommen wieder und klopfen und fragen: Wir müssen Maria ja weiter noch tragen. Wir müssen sie weit geleiten und führen und ihr ein neues Obdach erspüren. Wir gehen mit ihr von Haus zu Haus. Wir gehen bis nach Bethlehem raus. Da draußen im Stall keine Fenster sind drin, das Dach hat viel Lücken, doch da gehen wir hin. Wir gehen dorthin und gehen hinein, dort soll unsere Wallfahrt zu Ende dann sein."

Brauch wird über Generationen weitergegeben

Leonhard Riepl nimmt die etwa 65 cm große Figur von Barbara Weiherer entgegen. "Das Frauentragen machen wir schon seit meiner Kindheit, meine Eltern haben das angefangen. Ich war ein Mädchen und da war die Madonna schon immer bei uns zu Besuch. Und wir freuen uns jedes Jahr, dass wir ihr eine Herberge geben dürfen", sagt Barbara Weiherer.

Anschließend macht sich Leonhard Riepl auf den Weg in den Ortsteil Pottenstetten. Der Weg ist weit, gut sechs Kilometer, erst entlang der Landstraße, dann durch den Wald, bis das Dorf hinter einer Anhöhe auftaucht. Seit 32 Jahren trägt Leonhard Riepl die Madonna von Haus zu Haus. Er ist einer der wenigen Marienträger, die den täglichen Weg zu Fuß zurücklegen. "Weil ich den Glauben leben möchte, diesen alten Brauch am Leben erhalten möchte und weil es mir Spaß macht. Man könnte auch mit dem Auto fahren. Aber früher hatte man auch kein Auto und hat diese Strapazen trotzdem auf sich genommen", sagt Riepl.

Brauch stammt aus der Barock-Zeit

Der Brauch des Marientragens entstand im Alpenraum im 17. Jahrhundert. Der Barock war eine sinnliche Zeit, in der Glaube auch durch Brauchtum in den Alltag der Menschen getragen werden sollte. Menschen wie Riepl stellen sich in diese Tradition. "Das Frauentragen gibt mir viel, es ist für mich eine Quelle des Glaubens und der Ruhe im Advent", sagt er.

Knapp zwei Stunden später kommt er bei Familie Theml an. Der Platz im Herrgottswinkel ist schon frei für die Madonna. Vorsichtig stellt Riepl sie ab und entfernt den blauen Samtmantel. Darunter kommt der Babybauch zum Vorschein. "Josef und Maria haben gesucht und es ist wichtig, dass man als schwangere Frau eine gute Nacht hat und eine gute Bettstatt", sagt Astrid Theml, die Jahr für Jahr die Marienstatue eine Nacht aufnimmt.

Wichtiger Brauch in Zeiten der Einsamkeit

Pfarrer Michael Hirmer betont: "Gerade heutzutage ist dieses Marientragen ein wichtiger Brauch, Menschen werden immer einsamer und so sind wir in unserer Pfarrei eine Gebetsgemeinschaft. Jeden Abend betet eine Familie für eine andere mit einer anderen – das verbindet Menschen."

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