Jetzt hat er es also auch in der "Monopol" geschafft: Gerhard Richter ist die wichtigste Persönlichkeit des Kunstbetriebs. So sagt es zumindest das renommierteste Kunstmagazin im deutschsprachigen Raum. Dass man die Entscheidung dort als "kleine Überraschung" verkauft, klingt ein wenig kokett. Immerhin dominiert der deutsche Maler schon seit Jahren die internationalen Kunstrankings.
Gerhard Richter: Im "Kunstkompass" immer erster, in der "Monopol" noch nie
Noch traditionsreicher als die Liste der "Monopol" ist der seit 1970 alljährlich erscheinende "Kunstkompass", der von der Journalistin Linde Rohr-Bongard erstellt wird. Vor zwei Tagen wurde die aktuelle Rangliste veröffentlicht – und siehe da: Gerhard Richter auf eins. Keine Überraschung, das ist seit 20 Jahren so.
Nicht allerdings in der "Monopol". Der Grund: Die Kriterien sind hier andere. Während sich der "Kunstkompass" in seiner Bewertung vor allem auf die Anzahl von Ausstellungen, Auszeichnungen und Museumsankäufen bezieht, ist für die "Monopol" noch entscheidender, wer den Diskurs im vergangenen Jahr geprägt hat. 2024 stand die Theatermacherin Florentina Holzinger ganz oben, eine Künstlerin also, deren Werk letztes Jahr sehr kontrovers diskutiert wurde.
Im Audio: Gerhard Richter ist für die "Monopol" der "Künstler der Stunde"
2020 hörte er mit dem Malen auf, für die "Monopol" ist Gerhard Richter dieses Jahr trotzdem der "Künstler der Stunde".
Da ist es vielleicht doch eine kleine Überraschung, dass nun der 93-jährige Richter, der vor fünf Jahren verkündet hat, mit dem Malen aufhören zu wollen, zum "Künstler der Stunde" gekürt wird. Im BR-Interview begründet Elke Buhr, Chefredakteurin der "Monopol", diese Entscheidung vor allem mit der großen Retrospektive seines Werks, die dieses Jahr in Paris stattgefunden hat. Viele hätten Richter dadurch mit ganz neuen Augen gesehen, so Buhr. "Und ich glaube, deswegen kann man schon sagen, dass auch ein Künstler von über 90 Jahren seinen Moment hat – weil sich dieses Werk nochmal ganz anders darstellt und aktualisiert."
Die Golfstaaten landen auf dem Silberrang
Anders als der "Kunstkompass" zeichnet die "Monopol" aber nicht nur Künstlerinnen und Künstler aus. Unter den 100 Genannten sind auch Galeristinnen, Kuratoren oder Kunstkritikerinnen. Und – kleine Überraschung – eine Region. Auf Platz zwei landen nämlich die Golfstaaten, die sich zu einem "Powerhouse des internationalen Kunstbetriebs" gemausert hätten, wie es in der Begründung heißt.
Keine andere Region investiert derzeit so viel Geld in den internationalen Kunstbetrieb. Aus den Wüstenstaaten fließen Milliarden in Museen, Messen und Kunststiftungen. Dazu sind sie zu einem Mekka für Reiche- und Superreiche aus dem Westen geworden. Allein 2025 werden laut Schätzungen über 140.000 Millionäre ihren Wohnsitz nach Saudi-Arabien oder Katar verlegen. Und nicht wenige von ihnen werden einen Teil ihres Geldes auf dem Kunstmarkt lassen.
Auch wenn allerdings die Golfstaaten der "Big Player" auf dem internationalen Kunstmarkt sind – es fällt doch auf, dass die meisten Persönlichkeiten auf der "Monopol"-Liste immer noch aus Europa oder den USA kommen.
Auch zwei Münchner Museumsmacher sind dabei
Auch zwei Münchner Kulturmacher schaffen es in das Ranking: Andrea Lissoni, Direktor im Haus der Kunst, landet auf Platz 28. Er sei einer der experimentierfreudigsten Ausstellungsmacher in Deutschland, schreibt die "Monopol" und erwähnt etwa die von ihm kuratierte Gruppenschau mit Werken, die sich ausschließlich an Kinder richten.
Laut "Monopol" einer der experimentierfreudigsten Ausstellungsmacher in Deutschland: Andrea Lissoni vom Münchner Haus der Kunst.
Matthias Mühling, Direktor des Lenbachhauses, belegt dagegen Platz 83. Er zeige "exemplarisch, wie man ein städtisch (leidlich) finanziertes Haus auf Topniveau" führe, erklärt das Kunstmagazin dazu (nicht ohne einen leisen Seitenhieb gegen die Münchner Kulturpolitik).
Jan Böhmermann: Der Moderator als Künstler
Wer nach einer echten Überraschung sucht, der muss noch ein wenig weiterblättern, bis zu Platz 98 um genau zu sein. Den besetzt nämlich ein gewisser Jan Böhmermann, seines Zeichens Satiriker und Moderator des "ZDF Magazin Royale", den man bislang eher nicht im Kunstbetrieb verortet hätte. Mit seinem "HKW-Takeover" hat Böhmermann allerdings auch diese Tür aufgestoßen. Einen Monat lang bespielte er das Berliner Haus der Kulturen der Welt [externer Link] mit einer Schau über die Verflechtungen von libertärem Autoritarismus und rechtem Kulturkampf. "[B]risant und hochaktuell" findet das die "Monopol".
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