Die beiden Politiker im Kreml
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Ziemlich beste Freunde? Steve Witkoff (links) und Wladimir Putin
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"Kakerlaken im Licht": Abhöraffäre blamiert Trump und Putin

"Kakerlaken im Licht": Abhöraffäre blamiert Trump und Putin

Trumps Sonderbeauftragter Witkoff soll den US-Präsidenten gemeinsam mit Spitzenberatern von Putin "manipuliert" haben, um einen für Russland günstigen "Friedensplan" zu vereinbaren – das legen mitgeschnittene Telefonate nahe. Der Wirbel ist groß.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Informationen am Vormittag am .

"Das ist ein eklatantes Sicherheitsversagen, das Hochverrat gleichkommt", erregte sich der russische Politologe Georgi Bovt [externer Link] über eine schlagzeilenträchtige Abhöraffäre: "Was ist da los?! Hören westliche Geheimdienste Kreml-Gespräche ab? Ich will nicht glauben, dass die Leaks aus russischen Quellen stammen." Bovt zeigte sich auch verwirrt darüber, dass der skandalträchtige Inhalt der Telefonate von Seiten des Kremls gleichzeitig abgestritten ("Fake") und bestätigt ("Ich kann telefonieren mit wem ich will") wurde.

Das US-Nachrichtenportal Bloomberg hatte Abschriften von zwei am 14. und 29. Oktober geführten brisanten Gesprächen zwischen Trumps Berater Steve Witkoff und dem russischen Präsidentenberater Juri Uschakow bzw. zwischen Uschakow und dessen Kreml-Kollegen Kirill Dimitrijew veröffentlicht [externer Link].

"Wir brauchen das Maximum"

Demnach tauschten sich die Beteiligten vertrauensvoll darüber aus, wie Trump gegenüber Putin möglichst milde gestimmt werden könne. Uschakow und Dmitrijew sollen über die Verhandlungsvorschläge gesagt haben: "Nun, wir brauchen das Maximum, findest du nicht?" Daraus schließen Beobachter, dass der ursprüngliche "Friedensplan" von Trump in "Geheimgesprächen" tatsächlich weitgehend auf russische Wünsche abgestimmt worden sei.

Auf die Abhörprotokolle angesprochen, bezeichnete Trump das Vorgehen von Witkoff in einer ersten Reaktion als "ganz normale Verhandlungsführung" und nahm ihn in Schutz: "Er macht das, was ein guter Unterhändler üblicherweise macht."

"Sie wuseln herum wie Kakerlaken im hellen Licht. Es wirkt, als würde das mittlere Management völlig improvisieren, ohne jeglichen Bezug zur Realität", schimpfte einer der russischen Kommentatoren völlig entgeistert [externer Link]: "Soll ich Ihnen sagen, wann dieser Krieg enden wird? Dann, wenn die Öffentlichkeit sich nicht mehr dafür interessiert und ernstere Probleme auftauchen."

"Keine intellektuellen Koryphäen"

Der St. Petersburger Politologe Michail Winogradow spottete: "Es stellt sich heraus, dass in der großen Politik jeder jeden fallen lässt. So etwas wie jetzt hat es noch nie gegeben." Kreml-Propagandist Oleg Sarow forderte [externer Link], Trump müsse umgehend ein Strafverfahren wegen illegalen Abhörens von US-Beamten einleiten: "Reagiert Trump jetzt nicht, wird er seine Ohnmacht vollends eingestehen."

Der Kolumnist des Wirtschaftsblatts "Kommersant", Dmitri Drise, schrieb entsetzt [externer Link]: "Das Problem ist, dass Trumps Unterhändler völlig unerfahrene Diplomaten sind und sein Umfeld, sagen wir mal, nicht gerade aufgeklärt ist, es handelt sich nicht um intellektuelle Koryphäen. Daher tappen sie leicht in die gestellten Fallen. Der jüngste Telefonskandal beweist das."

"Kreml sieht nur nützliche Idioten"

Ähnlich sarkastisch äußerte sich der kremlkritische Publizist Andrei Nikulin [externer Link]: "Nun wird der Grund für die Unnachgiebigkeit und die Zuversicht des Kremls deutlich, dass der Westen mit seinen weit überlegenen Ressourcen letztendlich zerschlagen und vielleicht sogar gespalten werden kann. Lenins jahrhundertalte Maxime gilt noch immer, von den roten Zinnen des Kremls aus sehen sie auf der anderen Seite nur 'nützliche Idioten' und jene, die Moskau den Strick verkaufen, an dem sie gehängt werden. Witkoff scheint es gelungen zu sein, beide Kategorien zu vereinen."

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Peter Jungblut

"Trumps Haltung könnte sich ändern"

Über die denkbaren Folgen der Affäre schrieb der russische Politologe Konstantin Kalaschew [externer Link]: "Höchstwahrscheinlich hat Witkoff einfach ein Talent dafür, Trump komplexe Sachverhalte einfach darzustellen und schnelle Ergebnisse zu versprechen. Trump wird natürlich nicht zugeben, manipuliert worden zu sein, und er wird Witkoff nicht öffentlich verraten, aber seine Haltung zum Friedensplan könnte sich ändern." Trump sei geradezu "besessen" davon, als "Friedensstifter" betrachtet zu werden, interessiere sich als "Narzisst" aber nicht für Details.

Politologe Andrei Kalitin zeigte sich überzeugt [externer Link], dass die Verhandlungen nun zwar nicht abgebrochen, aber verzögert werden: "Die Abhöraffäre von Witkoff und Uschakow bringt den Plan völlig zum Scheitern. In diesem Jahr wird es keinen Frieden geben. Dennoch bleibt der Plan der Ausgangspunkt für Verhandlungen. Wie auch immer sie ausgehen, jede Seite wird das Ergebnis als Sieg präsentieren. Das russische Volk wird nicht widersprechen, obwohl es sicherlich nichts zu feiern gibt."

"Jemand versucht Annäherung zu torpedieren"

Natürlich mangelt es in den russischen Polit-Blogs nicht an Verschwörungstheorien [externer Link]: "Die Veröffentlichung der Aufnahmen erfolgte genau zu dem Zeitpunkt, als der Friedensplan Gestalt annahm. Daher versucht jemand (Großbritannien, die Globalisten), die Annäherung zwischen Russland und den USA zu torpedieren, Trumps Vertrauen in seine eigenen Unterhändler zu untergraben und den Eindruck zu erwecken, die Friedensinitiative gehe allein von Russland aus, was ihn angeblich für die Ukraine und Europa inakzeptabel mache."

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