Die beiden Präsidenten stehen am 17. Oktober 2025 nebeneinander
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Fest entschlossen: Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj vor dem Weißen Haus
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"Liebesspiel der Autokraten": Nutzt Trumps "Friedensplan" Putin?

"Liebesspiel der Autokraten": Nutzt Trumps "Friedensplan" Putin?

Die Begeisterung über einen angeblichen "Friedensplan" aus dem Weißen Haus hält sich in Russland in Grenzen, obwohl westliche Kommentatoren argumentieren, der unbestätigte Inhalt des vermeintlichen Kompromissvorschlags komme Putin sehr entgegen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Informationen am Mittag am .

"Es ist bereits klar geworden, dass der unbestätigte 28-Punkte-Friedensplan [von US-Präsident Donald Trump], der derzeit die Medien dominiert, Widersprüche, vor allem innere Widersprüche in Russland, Europa und der Ukraine, verschärft", so der ausgesprochen skeptische russische Politikberater Alexander Semenjow [externer Link]: "MAGA ist die Ideologie der globalen Vorherrschaft. Und von jeher war nichts in dieser Hinsicht in der gesamten Menschheitsgeschichte besser als die Strategie 'Teile und herrsche'."

Der in London lehrende Politologe Wladimir Pastuchow sprach ironisch von einem "Liebesspiel der Autokraten" [externer Link]: "In Liebesspielen gilt: Je verschlungener der Weg, desto süßer das Ergebnis. Und Trump kennt sich in Liebesspielen aus." Die Erfolgschancen der Friedensinitiative bezifferte Pastuchow auf 15 Prozent, für Putin sei "ehrlich gesagt kein großer Erfolg" zu erwarten. Russland gewönne zwar taktisch, sei jedoch strategisch der Verlierer. Entscheidend werde sein, ob Europa die "volle Verantwortung" für die Fortsetzung des Krieges übernehme.

"Das nennt man höfliche Ablehnung"

Dabei gibt es nach wie vor keine offiziellen Angaben über den angeblichen "Friedensplan", den US-Außenminister Marco Rubio als "Ideensammlung" bezeichnete. Der vermeintliche Inhalt war nur gerüchteweise durch Netz-Leaks bekannt geworden. Demnach soll die Ukraine auf große Teile ihres Territoriums verzichten, nicht nur auf die bisher schon von russischen Truppen besetzten Gebiete. Gleichzeitig müsste sie ihre Armee erheblich reduzieren und wäre auf die Schutzmacht USA angewiesen, während Russland die schrittweise Wiedereingliederung in die internationale Politik- und Wirtschaftsgemeinschaft in Aussicht gestellt wird soll.

Russische Kommentatoren sprechen von einer "weichen Kapitulation" der Ukraine. Der Kolumnist des Wirtschaftsblatts "Kommersant", Dimitri Drise, meinte, der unbestätigte "Friedensplan" ändere nichts an der bestehenden Lage [externer Link]: "Wolodymyr Selenskyj wird den neuen Friedensplan grundsätzlich unterstützen und Donald Trump die üblichen Komplimente machen. Allerdings wird der ukrainische Präsident mit einigen Details nicht einverstanden sein. Das nennt man höfliche Ablehnung – und der Präsident im Weißen Haus hat ein neues Problem."

"Spielchen im Bündnis mit Moskau"

Politologe Andrei Nikulin vermutete [externer Link], Putin werde den "Friedensplan" für seine Zwecke, nämlich eine Destabilisierung des Westens, zu nutzen wissen: "Es gibt also keinerlei Anzeichen für einen echten Waffenstillstand oder eine Versöhnung, nichts deutet darauf hin. Es handelt sich lediglich um einen Vorschlag für eine Pause, um sich für die nächste Runde besser aufzustellen. Dass das Weiße Haus nun seine Finger mit drin hat, beweist entweder die völlige Inkompetenz seiner Bewohner oder dass sie offen ein Spielchen im Bündnis mit Moskau gegen Brüssel, London und Kiew treiben."

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Peter Jungblut

Kreml-Propagandist Sergei Markow mäkelte [externer Link], die Ukraine werde rechtlich nicht zur Neutralität verpflichtet und eine immer noch viel zu große Armee behalten: "Die in Aussicht gestellte Aufhebung der Sanktionen ist für Russland völlig unzureichend: Sie erfolgt lediglich schrittweise und einzeln. Nein. Alle wichtigen Sanktionen müssen unverzüglich aufgehoben werden."

"Ist die Welt bereit für Pax Americana?"

Politologe Ilja Graschtschenkow (88.000 Abonnenten) sprach von einer "Neuordnung der Landkarte im Interesse der Vereinigten Staaten" [externer Link], während Russlands Anliegen nur teilweise berücksichtigt seien: "In der Ukraine wird dieser Plan zu einer schweren politischen Krise führen, in Europa zu einem tiefen Zerwürfnis mit den USA und zu einer verstärkten Suche nach einem unabhängigen Kurs führen. Ist die Welt bereit, eine Pax Americana zu akzeptieren, die auf den Trümmern der ukrainischen Souveränität errichtet wurde?" Faktisch handle es sich um ein "Ultimatum".

"Einzige Möglichkeit, den Krieg zu beenden"

Immerhin, Publizist Igor Dimitriew (130.000 Follower) argumentierte [externer Link], der "Friedensplan" erinnere ihn an die Vereinbarung nach dem "Winterkrieg" zwischen Russland und Finnland 1939/40, wonach Finnland von seinen Beziehungen zur damaligen Sowjetunion sehr profitiert habe: "Kurz gesagt, dies ist objektiv betrachtet derzeit die einzige Möglichkeit, den Krieg zu beenden. Sie entspricht der aktuellen Lage. Sie befriedigt nicht die wahnwitzigen Ambitionen der russischen Imperialisten und ermutigt die Ukraine nicht zu hysterischen, selbstmörderischen Entscheidungen. Dennoch bietet sie sowohl dem Kreml als auch Kiew die Gelegenheit, den Sieg zu verkünden."

Der kremlkritische Politologe Fjodor Krascheninnikow zog das Fazit [externer Link]: "Paradoxerweise ist Putins Sturheit das Einzige, was diesen absurden Frieden verzögern könnte. Er wird darauf bestehen, dass erst noch mehr Gebiete erobert werden müssen, bevor die Frontlinie fixiert wird."

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