"Nicht von ungefähr nahm Stalin nur zweimal an internationalen Gipfeltreffen teil (1943 in Teheran und 1945 in Potsdam), und beide Male sorgte unsere Besatzungsarmee für Sicherheit", so der russische Politologe Alexander Burenkow (externer Link), der vor möglichen Attentaten auf Putin während des geplanten Treffens mit US-Präsident Donald Trump in Alaska warnt: "Der russischen Gesellschaft ist völlig unklar, welche Art von Vereinbarungen ausschließlich bei einem persönlichen Treffen zwischen Putin und Trump erzielt werden könnten, das Risiko in Kauf nehmend, Putin persönlich und das ganze Land auf diese Weise zu gefährden."
"Malen wir es uns besser nicht aus"
Keiner der viel zitierten russischen Beobachter erwartet von der Begegnung in der Arktis nennenswerte Fortschritte. "Putin reist nicht nach Alaska, um Frieden oder Waffenstillstand zu schließen", so der rechtsextreme "Philosoph" Alexander Dugin (externer Link), der dennoch Schadenfreude empfindet: "Allein die Tatsache des Treffens zwischen Putin und Trump, dieses russisch-amerikanischen Gipfels, ist eine Katastrophe für die Politik, die im Westen bis heute dominiert."
Dmitri Drise, der Kolumnist des Wirtschaftsblatts "Kommersant", spricht von "negativen Rahmenbedingungen" des bevorstehenden Gipfels (externer Link). Washington sei mit dem Gerede von einem "Durchbruch" wohl etwas voreilig gewesen: "Es kann gut sein, dass man beschlossen hat, Steve Witkoff zum Sündenbock zu machen, der angeblich in Moskau etwas nicht richtig verstanden hat. Infolgedessen erhielt Trump falsche Informationen. Vielleicht war das tatsächlich so. Malen wir es uns besser nicht aus. Was ein Ergebnis betrifft – es kann klappen, vielleicht aber auch nicht."
"Lasst uns mit Popcorn eindecken"
Der in London lehrende Politologe Wladimir Pastuchow erwartet sich eher ein "Einlenken" Trumps als Putins (externer Link): "Wie sieht die Prognose aus? Der Abzug der ukrainischen Streitkräfte aus den befestigten Gebieten des (umkämpften) Donbass wäre für Selenskyj politischer Selbstmord. Er kann diesen Schritt nur unter der Bedingung unternehmen, dass westliche Armeen in die Ukraine verlegt werden – und das wäre Selbstmord für Putin. Lasst uns mit Popcorn eindecken und sehen, wer zuerst stirbt."
Peter Jungblut
Für den Politologen Anatoli Nesmijan ist es völlig müßig (externer Link), über mögliche Ergebnisse in Alaska zu spekulieren, weil zunächst die Ursachen des Krieges beseitigt werden müssten, und da gebe es nur drei Möglichkeiten: Durch Erschöpfung, durch die totale Niederlage einer Seite oder durch eine neue Krise an anderer Stelle, die alle Kräfte absorbiere. Das könnten etwa ein Angriff auf das Baltikum sein oder innenpolitische Turbulenzen in Russland: "Ohne dass eine dieser Bedingungen vorliegt, erscheint selbst ein einfacher Waffenstillstand unrealistisch."
"Sie werden diese Aufgabe erfüllen müssen"
Für die zahlreichen russischen Kriegsblogger mit Millionen von Followern bedeute ein mögliches Ende der Militäraktionen eine ungewisse berufliche Zukunft, so eine der Analysen (externer Link). Deshalb seien sie wütend und würden vom Kreml vorbeugend zensiert: "Vor allem, weil ein Ende des Krieges den Einfluss der Kriegsberichterstatter auf die öffentliche Meinung schwächen und sie selbst einen Teil ihres gewonnenen Einflusses verlieren würden. Gleichzeitig beeinflussen Kriegsberichterstatter den am stärksten militarisierten Teil der Gesellschaft und die chauvinistischen Patrioten."
Ihre Aufgabe werde es künftig sein, die Begeisterung der glühenden Befürworter einer Fortsetzung des Krieges zu dämpfen: "Sie werden diese Aufgabe erfüllen müssen, auch wenn sie den meisten Kriegsberichterstattern, die sich aufrichtig eine Fortsetzung des Krieges und die vollständige Zerstörung der Ukraine wünschen, nicht gefällt."
"Der Starke hat das Sagen"
Wer noch daran glaube, dass Kriege mit einem Friedensschluss endeten, der sei geistig der "alten Welt der Geschichtsbücher" verhaftet, argumentiert ein weiterer russischer Kommentator aus Pskow (externer Link): "Die Welt ist in ein hybrides Zeitalter eingetreten – daher sind Krieg und Frieden in ihr auch hybrid. So etwas wie ein Schwebezustand zwischen Frieden und Krieg. Die Parteien können zwar Memoranden unterzeichnen, aber jeder weiß, dass Memoranden in der modernen Welt keinen Cent wert sind. Der Starke hat das Sagen. Sobald er ein Memorandum als störend empfindet, wirft er es in den Ofen und greift abermals an."
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