Ein neuer Job oder ein Studium in einer neuen Stadt ist in Aussicht – alles klingt wunderbar – wäre da nicht dieser Mietmarkt. Wer als Unternehmer angesichts der immer weiter steigenden Mieten günstigen Wohnraum anbieten kann, hat eindeutig Vorteile im Wettbewerb. Zum Januar 2025 waren laut IW insgesamt rund 17 Prozent der Betriebe bei der Unterkunft engagiert, vor allem in Ballungsräumen wie München oder Nürnberg-Erlangen. Aber nur ganz wenige Firmen wie BASF in Ludwigshafen halten dabei eigenen Wohnraum wie für Mitarbeiter-WGs oder gar Wohnheime für Lehrlinge vor. Dabei gefährdet der Wohnungsmangel laut einer aktuellen Studie das Wirtschaftswachstum.
Bezahlbare Miete erleichtert den Jobwechsel
Die Landeshauptstadt München hat in ihrem kommunalen Wohnungsprogramm für mittlere Einkommen ein Fördermodell entwickelt, das als Münchner Modell bekannt wurde. Theoretisch könnten hier auch Firmen investieren und sich damit preiswerten Wohnraum für ihre Mitarbeitenden sichern. Unterstützung bei der Planung und Durchführung können die Unternehmen auch durch die Industrie- und Handelskammern bekommen. Die Herausforderung ist allerdings: Ob Unternehmen ihre Belegschaft bei der Wohnungssuche unterstützen, ist eine rein freiwillige Entscheidung.
Diese Optionen haben Unternehmen
Belegungsrechte erwerben: Eine Firma kann im Vorfeld der Einstellung von neuen Mitarbeitern Belegungsrechte für möglichst preiswerte Wohnungen erwerben. Wo das nicht der Fall ist, gleicht der Unternehmer als Zwischenmieter einen Teil der Differenz aus und sorgt so für stabile Wohnkosten. Manche Unternehmen treten auch selbst als Vermieter auf, sie erlassen ihren Beschäftigten einen Teil der Zahlungen. Solche Preisnachlässe in verbilligten Dienstwohnungen müssen seit der neueren Rechtsprechung nicht mehr als geldwerter Vorteil versteuert werden. Ein Beispiel ist etwa der mittelständische Gebäudereiniger Wasserle im oberbayerischen Kaufering.
Wohnraum bei Investoren anmieten: Je nach Bedarf können Unternehmen bei Immobilieninvestoren Wohnraum anmieten. Der Vorteil: Dadurch binden sie kein Kapital, was bei einem eigenen Bau der Fall wäre. Denn nach der Börsenlogik und den heutigen Anforderungen des Kapitalmarkts dürfen Konzerne ihr Eigenkapital nicht in branchenfremde oder gar betriebsfremde Bereiche investieren.
Alte Werkswohnungen zurückkaufen oder ertüchtigen: Große Industrieunternehmen wie BMW, MAN oder Siemens hatten früher einfachere Werkswohnungen für ihre Arbeiter vorgehalten. Werkswohnungen aus dem 19. Jahrhundert, wie man sie für Stahlarbeiter oder Bergleute aus dem Ruhrgebiet kennt, gibt es kaum noch. Bislang ist der Druck auf die Firmen nicht groß genug.
Ganze 100.000 könnten es nach einer groben Schätzung des Wohnungsverbands GdW bundesweit sein, das wären 0,23 Prozent des Wohnungsbestands. Die Stadtplaner von Regiokontext sehen ein Potenzial von maximal 10.000 neuen Mitarbeiterwohnungen im Jahr. Gemessen an 43 Millionen Wohnungen in Deutschland bewegt sich das nur im Promille-Bereich.
Boardinghouses: Bayern hat zwar ein Förderprogramm für betrieblichen Wohnraum aufgelegt. Aber nur wenige Unternehmen leisten sich solche Immobilien. Deshalb entstehen immer mehr Boarding-Häuser von Investoren, die sich flexibel von Firmen belegen lassen. So ein Boarding House soll jetzt auch in München am "Sendlinger Loch" entstehen. Es handelt sich dabei um vollmöblierte Mikro-Appartements, die zu vergleichsweise hohen Quadratmeterpreisen vermietet werden und als "Wohnen auf Zeit" funktionieren.
Beim Staat können Bedienstete teilweise immer noch wohnen
Wo es noch Betriebswohnungen gibt: Wer sich bei der staatlichen Bahn AG, dem Freistaat Bayern, vermittelt über das Landesamt für Finanzen, oder einer Kommune bewirbt, hat immer noch Chancen, in einer betrieblichen Wohnung unterzukommen. Das gilt etwa für Bahn-Azubis, Polizeischüler oder Pflegekräfte. Neben dem Gesundheitssektor ist vor allem im Gastgewerbe und in der Landwirtschaft das Wohnen direkt beim Arbeitgeber immer noch üblich.
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