Der sozialpolitische Flügel der CDU hat sich erneut für eine stärkere Besteuerung vermögender Menschen ausgesprochen. Auf die steigende Ungleichheit in Deutschland müsse eine Volkspartei wie die CDU reagieren, sagte Monica Wüllner, die stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), in der ARD-Talksendung "Mitreden! – Deutschland diskutiert" am Montagabend.
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Vermögenssteuer soll Ungerechtigkeitsgefühl entgegenwirken
Einem aufkommenden Ungerechtigkeitsgefühl müsse man etwas entgegensetzen, sagte die 56-Jährige und forderte eine Wiederaufnahme der Vermögensteuer. 1996 hatte die CDU selbst unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl die Streichung der Vermögenssteuer ab 1997 beschlossen. Auch die Erbschaftsteuer müsse reformiert werden, fordert Wüllner zudem. "Es kann nicht sein, dass die, die am reichsten sind, am wenigsten Erbschaftsteuer zahlen."
Vor allem die Schlupflöcher und Ausnahmen müssten geschlossen und bekämpft werden. Auch in ihrer Partei, der Union, hätte man das gemerkt, sagte Wüllner: "Vielleicht liegt es an den Umfragewerten, aber ich habe den Eindruck, dass so langsam aber sicher gemerkt wird: So können wir nicht mehr weitermachen in diesem Land."
Wüllner: "Müssen am großen Rad drehen"
Von der CDU wünsche sie sich mehr Mut. Heute traue sich keiner mehr große Reformen. "Man müsste mal hingehen, und am großen Rad drehen und nicht immer an so vielen kleinen Rädchen", so Wüllner.
Roland Franke von der Stiftung Familienunternehmen lehnt derartige Steuerreformen ab. Deutschland sei bereits ein Hochsteuerland und die Unternehmenssteuer weit über OECD-Durchschnitt, so der leitende Steuerexperte des Lobbyverbandes. Entsprechend stark seien Unternehmen belastet.
Viele Unternehmen und Unternehmer täten überdies "große Dinge", ohne damit zu prahlen. Hinzu kämen die Arbeitsplätze. "Insgesamt haben die Familienunternehmen in der letzten Dekade, für die wir das untersuchen lassen konnten, die Beschäftigung sehr viel stärker aufgebaut – nämlich um mehr als 20 Prozent – als eben die Vergleichsgruppe der nicht familiengeführten Dax-Unternehmen." Familienunternehmen würden "ganz vielen Menschen in Deutschland ihre Lebensgrundlage" geben.
Ungleichheitsforscher warnt: "Laden fällt uns auseinander"
Der Soziologe und Ungleichheitsforscher von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Fabian Pfeffer, äußerte im Dialog- und Debattenformat der ARD-Inforadiosender die Sorge, dass "uns der Laden auseinanderfällt", wenn die Politik nichts gegen die Ungleichheit unternehme. Die Menschen in Deutschland würden zu einer Zeit multipler Krisen das Vertrauen in den Staat verlieren, weil Ungerechtigkeiten empfunden würden. Um etwas zu unternehmen, sei es "höchste Zeit", so Pfeffer.
Mitte September, in der ZDF-Sendung Maybrit Illner (externer Link), hatte Unions-Fraktionschef Jens Spahn die aktuelle Debatte zur Vermögens- und Erbschaftsteuer angestoßen und befeuert. Er sagte dort zum Thema Vermögen in Deutschland: "Wer schon hatte, hat immer mehr." Die Vermögensverteilung sei ein Problem.
"Mitreden! Deutschland diskutiert" ist das deutschlandweite Debattenformat der ARD-Inforadios. Es ist die erste bundesweite Sendung der Informationsprogramme, in der die Perspektiven und Meinungen, Erfahrungen und Fragen des Publikums im Mittelpunkt stehen. Immer montags und donnerstags sind Hörerinnen und Hörer eingeladen, live über Themen zu diskutieren, die das Land bewegen.
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