Sommerurlaub unter Palmen? Für viele ist das längst kein Traum mehr. Bilder von Hitzewellen, Tropenstürmen und Waldbränden rücken das traditionelle Urlaubsidyll in ein neues Licht. Der Klimawandel verändert nicht nur das Wetter, sondern auch, wohin und wann wir reisen. Immer mehr Menschen meiden die heißen Monate in Südeuropa. Gleichzeitig verlieren klassische Wintersportregionen an Schneesicherheit. Für Touristinnen und Touristen bedeutet das: umdenken. Für Regionen und Reiseveranstalter: umplanen.
Wo es zu heiß wird – und wo neue Chancen fürs Reisen entstehen
In Europa trifft der Klimawandel die klassischen Sommerreiseziele am Mittelmeer besonders hart. Italien, Griechenland und Spanien leiden unter anhaltender Trockenheit, Temperaturen über 40 Grad und zunehmender Waldbrandgefahr. "In den Hauptreisemonaten Juli und August kann der Aufenthalt in manchen Regionen gesundheitsgefährdend werden", schreibt das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) in einem Dossier zur Klimaanpassung. Die Folge: Reisende weichen auf kühlere Regionen aus. In Deutschland etwa an die Ost- und Nordsee, in Europa nach Skandinavien.
Bayern im Wandel: Von der Wintersportregion zur Ganzjahresdestination
Bayern ist in besonderem Maße vom Klimawandel betroffen – sowohl im Sommer als auch im Winter. Das Bayerische Landesamt für Umwelt warnt: Schon bei einer Erwärmung um nur einem Grad könnten bis zu 60 Prozent der Skigebiete in Bayern ihre Schneesicherheit verlieren. Bei einem Anstieg um vier Grad wäre nur noch ein Bruchteil schneesicher. Wintersport verlagert sich in höhere Lagen oder wird durch alternative Angebote wie Winterwandern, Rodeln oder Thermen ersetzt.
Das bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten setzt daher gezielt auf neue Konzepte: "Bayern will sich als Ganzjahresdestination etablieren", heißt es in der Strategie. Die Fokussierung auf Frühling, Sommer, Herbst und Winter soll helfen, die Abhängigkeit vom klassischen Wintersport zu verringern. Gleichzeitig werden Regionen ermutigt, wetterunabhängige Angebote zu schaffen – etwa kulturelle Veranstaltungen, Naturerlebnisse oder gesundheitsorientierte Tourismusformen.
Das BZT hebt zudem hervor, dass insbesondere das Alpenvorland und der Bayerische Wald unter zunehmender Hitze und Wasserknappheit leiden. Gleichzeitig bieten wärmere Temperaturen im Frühjahr und Herbst Chancen für eine Saisonverlängerung – vorausgesetzt, die Infrastruktur passt sich an.
Urlauber passen sich dem Klimawandel an
Die Tourismuswirtschaft reagiert damit auch auf ein verändertes Urlaubsverhalten der Menschen. Frühling und Herbst, lange Zeit als Nebensaison abgetan, werden immer beliebter. Laut Umweltbundesamt (UBA) steigt zudem das Bewusstsein für Nachhaltigkeit: "Viele Reisende möchten umweltfreundlicher unterwegs sein – mit der Bahn anreisen, CO₂ kompensieren und verantwortungsvoll konsumieren." Dennoch zeigt die aktuelle FUR-Reiseanalyse im Auftrag des UBA, dass Nachhaltigkeit zwar ein wichtiges Thema ist, für viele aber (noch) kein ausschlaggebendes Kriterium bei der Reiseentscheidung darstellt.
Wie Reiseveranstalter ihr Urlaubsangebot verändern
Die Reisebranche stellt sich auf die neuen Bedingungen ein. Der Branchenriese TUI zum Beispiel verlängert die Saison in Griechenland bis in den November und baut das Angebot in kühleren Regionen wie Norddeutschland, den Niederlanden oder Dänemark aus. "Wir prüfen, bestimmte Destinationen länger offen zu halten und alternative Reiseziele ins Programm zu nehmen", so ein Unternehmenssprecher. Auch der Münchner Anbieter Studiosus setzt auf Klimaschutz: Seit 2021 werden alle Reisen vollständig klimakompensiert, inklusive Flüge, Unterkünfte und Mahlzeiten. Zusätzlich veröffentlicht der Veranstalter für jede Reise den CO₂-Fußabdruck.
Auch auf regionaler Ebene tut sich etwas. Bayern fördert die Entwicklung nachhaltiger touristischer Angebote und unterstützt Destinationen bei der Anpassung an neue klimatische Bedingungen. Das Landesamt für Umwelt stellt dazu Materialien, Schulungen und Klimaprofile für einzelne Regionen zur Verfügung. Ziel ist ein zukunftsfähiger Tourismus, der die Belastbarkeit von Mensch und Natur berücksichtigt.
Weniger Planbarkeit, mehr Anpassung
Der Klimawandel verändert das Reisen – und zwar langfristig. Wohin es geht und wann, wird stärker vom Wetter, vom Risikoempfinden und vom Nachhaltigkeitsbewusstsein beeinflusst. Reiseveranstalter, Regionen und Urlauberinnen und Urlauber stehen gleichermaßen vor der Herausforderung, flexibel und bewusst zu planen. Doch genau darin liegt auch eine Chance: für neue Reisezeiten, neue Ziele und eine bewusstere Form des Reisens.
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