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Auf dieser Baustelle geht's voran. Doch insgesamt fehlen in Deutschland 800.000 Wohnungen.

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Wohnungsbautag: Wie Bauen in Bayern günstiger werden soll

Wohnungsbautag: Wie Bauen in Bayern günstiger werden soll

Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland ist in der Krise. Bürokratie und hohe Kosten verhindern den Wohnungsbau. Bauträger aus Bayern haben Forderungen an die Politik, auch finanzielle - zwei Bundesminister stellen sich gegen "Dauersubventionen."

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Es ist ein ganzer Forderungskatalog, den die Immobilienwirtschaft der Politik auf dem Wohnungsbautag in Berlin vorgelegt hat: Bürokratieabbau, Reduzierung der Baukosten - und neue Fördermittel. So schlägt das "Bündnis Wohnungsbau" (Unternehmen der Branche, Bau-Gewerkschaft und Deutscher Mieterbund) eine Sonderförderung in Höhe von jährlich 23 Milliarden Euro für den Wohnungsbau vor - 15 Milliarden Euro für 100.000 neue Sozialwohnungen und acht Milliarden Euro für den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen.

Geywitz und Habeck - weniger Vorschriften: ja , mehr Geld: Nein

Doch wo es ums Geld geht, geben sich die anwesenden Bundesminister - Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) - notgedrungen zugeknöpft: Die Schuldenbremse engt auch hier die Spielräume ein.

"Mit einer Dauersubvention in allen Bereichen wird es nicht gehen", sagte Geywitz in Berlin. Es brauche stattdessen einen Markt, "wo es sich trägt, in den frei finanzierten Wohnungsbau zu investieren". Habeck argumentierte, die Europäische Zentralbank (EZB) habe im Kampf gegen die Inflation die Zinsen so stark erhöht, dass viele Bauprojekte abgewürgt worden seien - was sich nun allmählich wieder ändere.

Entgegenkommen signalisierten die Regierungsvertreter immerhin bei zwei anderen wichtigen Anliegen der Branche: dem Bürokratieabbau und einer Absenkung der Baustandards.

Poly-Krise am Bau, bei Mietern und Eigenheimbesitzern

Die Zeit dafür drängt. Denn die schlechte Laune auf dem Wohnungsmarkt ist derzeit ziemlich allseitig: In Ballungsräumen sind kaum noch Mietwohnungen zu finden, zumindest kaum noch bezahlbare. Am Bau herrscht Frust durch gestiegene Zinsen, Fachkräftemangel und die stetig wuchernde Baubürokratie. Und auf dem Land zweifeln Eigenheimbesitzer an den Versprechungen der Energiewende.

Immer mehr Bauprojekte liegen auf Eis. Aus der Branche heißt es: Das liege auch an vermeidbaren Kosten, die von zu vielen Auflagen durch den Staat angetrieben werden.

Staatsquote zu hoch? Bauträger beklagen Kostendruck

Tatsächlich zeigen die Zahlen des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA), einem großen Verband der Immobilienwirtschaft: Der Anteil der staatlich bedingten Kosten bei einem Wohnungsneubau liege derzeit bei durchschnittlich 37 Prozent. Einen großen Anteil haben dabei die Umsatzsteuer, Grunderwerbssteuer und Notarkosten, energetische Vorgaben und Vorgaben wie die Tiefgaragenstellplatzordnung. Diese gibt Projektentwicklern eine fixe Anzahl von zu bauenden Stellplätzen vor.

Geywitz spricht sich für niedrigere Grunderwerbsteuer aus

Mit dem Vorwurf konfrontiert, die Staatsquote an den Baukosten sei insgesamt zu hoch, lenkt Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) gegenüber BR24 ein: "Vom Grunde her ist es etwas, was sich in den letzten Jahren aufgestapelt hat. Deshalb haben wir aufgrund der Baukrise gesagt, wir müssen damit aufhören, weiter die Standards zu verschärfen.

Die Bundesländer haben ganz häufig die Grunderwerbsteuer nach oben gesetzt von 3,5 %, wie sie früher mal war, auf jetzt bis zu 6,5 %. Und da sage ich auch in Richtung der Bundesländer: Wer will, dass wieder mehr gebaut wird, der muss die Grunderwerbsteuer auch wieder auf 3,5 % setzen." Lange Jahre habe der Staat von der Immobilienwirtschaft zu viel Gewinn abgeschöpft – Gewinne, die es heute in dieser Form nicht mehr gebe.

Bauunternehmer aus Bayern: "Überregulatorik verhindert, dass wir bauen!"

Besuch bei Herrn Michael Reiserer in Prien am Chiemsee. Er ist Immobilienmakler und Bauunternehmer aus der Nähe von Rosenheim. Ein renovierter Bau aus den 1970er-Jahren ist seiner Ansicht nach ein gutes Beispiel für die ausufernde Bürokratie, die es Projektentwicklern immer schwerer macht. Bei Renovierungsarbeiten hat er eine Lüftungsanlage in einem Wert von 300.000 € einbauen müssen, die letztlich wohl kaum genutzt wird. Denn die Bewohnerinnen und Bewohner würden lieber ihre Fenster öffnen, zum Lüften.

"Diese Lüfter werden eingebaut, weil sie in der theoretischen energetischen Berechnung helfen, die Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten. Die Überregulatorik verhindert einfach, dass wir bauen können", sagt Michael Reiserer. Er beklagt die generelle Akademisierung des Bauens. Das grundlegende Problem sei, dass Energieberater und Lüftungskonzepte letztendlich mehr kosten würden, als die letztliche Arbeitsleistung des Handwerks.

Wohnungsdesaster als Hürde für Fachkräfte

Vor allem halte fehlender Wohnraum auch dringend gebrauchte Fachkräfte aus dem Ausland zunehmend davon ab, nach Deutschland zu kommen. Dies sei eine "fatale Entwicklung, bei der die Krise im Wohnungsbau einen Dominoeffekt und damit massiven Schaden für weite Teile der Wirtschaft auszulösen droht", so das Verbändebündnis Wohnungsbau, das den Branchen-Gipfel organisiert.

Wohnungsbranche steckt hinter jedem siebten Euro in Deutschland

Der Wohnungsbautag in Berlin, organisiert von der Baubranche, will auch die Bedeutung des Sektors verdeutlichen und dem politischen Berlin die Dimension vor Augen geführt. Dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielt – und damit isoliert vom restlichen Bausektor – die wirtschaftliche Bedeutung des Wohnungsbaus analysiert. Das Beratungsunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Econ) ermittelte dabei für die Wohnungsbaubranche eine Bruttowertschöpfung von insgesamt rund 537 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Der Wohnungsbau stecke damit – quer durch alle Wirtschaftsbereiche – hinter jedem siebten Euro der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland.

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