Eine Stereoanalage wird in einem Repair Café repariert.
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(Symbolbild) Wird eigenhändiges Reparieren immer schwieriger?
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Kaputtes selbst reparieren: Ein Trend mit Hindernissen

Kaputtes selbst reparieren: Ein Trend mit Hindernissen

Es ist der "internationaler Tag des Reparierens" – doch nicht alles ist für eine Reparatur geeignet, vor allem, wenn man selbst Hand anlegen will. Warum das so ist und welche neuen Richtlinien geplant sind.

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Seit 2017 wird der "internationale Tag des Reparierens" immer im Oktober ausgerichtet. Der Aktionstag legt den Fokus auf den Wert des Reparierens. Das Interesse am Reparieren hat auch in den vergangenen Jahren zugenommen, vielerorts entstanden Repair-Cafés. "Der Trend zum eigenhändigen Reparieren ist ungebrochen", erzählt Tom Hansing vom Rundtisch Reparatur der Stiftung "Anstiftung", die sich seit 2012 mit Repair-Cafés befasst.

Was BR24-User in ihren Kommentaren zum Reparieren oftmals anmerken: Die Schwierigkeit, neuere Produkte zu reparieren und damit verbunden die steigende Bereitschaft, Geräte schnell auszutauschen. Nutzer "Clanch" kommentierte dazu einmal: "(...) Es liegt nicht am Willen, Geräte zu reparieren. Es ist viel zu oft wirtschaftlicher Unsinn, verursacht durch die Hersteller der Produkte. Kein Interesse an Reparatur oder sehr langen Laufzeiten."

Schnelle Totalschäden: "Es kann nicht nachgewiesen werden"

Für den Verdacht, dass Firmen Produkte gezielt so herstellen, dass sie eine kürzere Halbwertszeit haben, gibt es einen kompliziert klingenden Fachbegriff: "geplante Obsoleszenz". Die Idee dahinter ist simpel: Wenn eine Firma bewusst Produkte herstellt, die schneller ersetzt werden müssen, verkauft sie im Zweifel mehr Produkte. Belegbar ist die Theorie der "geplanten Obsoleszenz" allerdings nicht. Das stellt auch Simone Bueb vom Verbraucherschutz Bayern klar: "Es kann nicht nachgewiesen werden."

Maria Marinelli, Bereichsleiterin Consumer des Industrieverbandes ZVEI meint vielmehr: "Hersteller von Produkten haben ein ureigenes Interesse, haltbare Produkte auf den Markt zu bringen und der Nachfrage nach reparierbaren Produkten nachzukommen." Sie verweist auf den Wert, den das für eine Marke hätte.

Hansing vom Rundtisch Reparatur wiederum findet trotzdem: "Das Reparieren ist Notwehr gegen ein Versagen des Marktes und des Staates." Er erläutert, dass nur ein Bruchteil der Dinge, die Menschen reparieren wollen, unter Richtlinien fallen würden, die eine nachhaltige Reparatur gewährleisten sollen. "Es ist schlicht und ergreifend nicht möglich, viele Kleingeräte, Alltagsgegenstände reparieren zu lassen. Und deshalb ist diese zivilgesellschaftliche Aktivität des gemeinschaftlich nicht-kommerziellen Reparierens als Notwehr dagegen zu sehen."

Marinelli vom Industrieverbandes ZVEI schildert einen anderen Eindruck und verweist auf eine Umfrage des Verbandes von 2023 (externer Link), in der acht von zehn Produkten, bei denen eine Reparatur angefragt wurde, auch reparierbar waren.

"Es ist immer ein Trade-Off"

BR24-User "Chiemseefischer" brachte vor ein paar Wochen den technischen Aspekt ins Spiel: "Früher konnte man selber vieles reparieren. Dann kamen die Bordcomputer und diverse Sensoren, deren Fehler viele Mechaniker trotz Messgeräte nicht mehr verstehen. Also wird nur getauscht, getauscht, getauscht."

Alle Gesprächspartner stellen BR24 gegenüber ähnliche Faktoren fest, warum moderne Produkte schwieriger eigenhändig instand zu setzen seien. Auch sie verweisen auf die höhere Technisierung im Laufe der Zeit als erschwerenden Faktor für Verbraucher.

Bueb und Hansing lenken den Fokus zudem auf das erschwerte Öffnen von Produkten. Wenn verleimt oder vernietet wird, kann man schwieriger ans Innenleben gelangen und Reparaturen vornehmen. Hier merkt Marinelli an, dass Reparierbarkeit immer nur ein Produktmerkmal ist, was sich gegen andere Anforderungen im Design durchsetzen muss. "Es ist immer ein Trade-Off." Sie sieht auch einen Unterschied zwischen zertifizierter Reparatur und der Möglichkeit, als Verbraucher Produkte selbst zu reparieren.

Ein wichtiger Punkt für Hansing ist, dass ein Großteil der reparierbaren Produkte nie repariert, sondern entsorgt wird. Wenn man eine nachhaltige Gesellschaft fördern wolle, müsse man aus seiner Sicht auch die eigenständige Reparatur fördern.

Helfen neue Richtlinien?

Das "Recht auf Reparatur" ist ein Richtlinienpaket der EU, welches bis Juli 2026 auch in Deutschland umgesetzt wird und Besserung versprechen soll. Es beinhaltet zahlreiche Maßnahmen, die für den Verbraucher die Reparatur eines Produktes erleichtern sollen. So müssen zum Beispiel Hersteller zumindest für einen bestimmten Zeitraum weiterhin Ersatzteile vorhalten und verfügbar machen. Ebenso soll schon beim Kauf eines Produktes deutlicher werden, ob man dieses einfach reparieren kann. Smartphones werden deshalb in Zukunft mit einer Skala ausgezeichnet. "Das ist auf jeden Fall ein guter Einstieg", findet Bueb vom Verbraucherschutz Bayern. "Die Hersteller halten das Paket für einen richtigen und guten Kompromiss", so auch Marinelli.

Hansing hingegen sieht eine große Schwachstelle: Vor allem zertifizierte Handwerksbetriebe würden von den Regelungen profitieren, der Verbraucher hingegen noch mehr ausgeschlossen.

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