Es war ein langer Weg für Renate Breit, um Pfarrerin zu werden. In den 1960er Jahren studiert die heute 85-Jährige evangelische Theologie. Zu dieser Zeit dürfen in der evangelischen Kirche in Bayern Frauen nicht Pfarrerin werden. Erst am 3. Dezember 1975 ist es so weit: Die Landeskirche führt die Frauenordination ein. Das heißt, dass auch Frauen von der Kanzel predigen und die Sakramente austeilen dürfen.
Neue Pfarrerinnen kämpfen mit alten Rollenbildern
Auch die evangelische Kirche war jahrhundertelang eine Männerkirche. Als die bayerische Landeskirche 1975 – gegen erhebliche innerkirchliche Widerstände – die Frauenordination ermöglicht und wenige Monate später die ersten Frauen in ihr Amt eingeführt werden, ist Renate Breit nicht dabei. Denn sie ist verheiratet. Und das ist für die Kirche damals ein Ausschlusskriterium. "Die wollten nicht die verheirateten Frauen, weil die sich um Familie und Kinder kümmern sollen", erinnert sich Breit heute. Sie bekommt erst 1985 die Möglichkeit, Pfarrerin zu werden, allerdings nur auf dem Papier, ohne Pfarrstelle.
Anderen Frauen gelingt der Start in die bisherige evangelische Männerwelt: Pfarrerinnen gehören schnell zum Markenzeichen der evangelischen Kirche, auch in Bayern. Auch wenn bis 1998 offiziell Veto gegen eine Pfarrerin einlegen werden konnte. Später folgen Modelle, nach denen sich Ehepaare eine Pfarrstelle teilen können.
Frauen in Führungspositionen?
Inzwischen gibt es etwa gleich viele Frauen wie Männer als Pfarrpersonen in Bayern. Unter den Theologiestudierenden sind sogar 80 Prozent weiblich. Auf Leitungsebene sieht das anders aus. Inzwischen gab es in Bayern zwar mehrere Regionalbischöfinnen, aber noch keine Landesbischöfin.
Susanne Breit-Keßler war die erste Regionalbischöfin in Bayern "Ich finde, allmählich wird es wirklich Zeit, dass Frauen mehr Führungspositionen auch in der Kirche übernehmen", sagt sie im BR-Gespräch. Dabei sei klar, dass Frauen nicht deshalb für Führungsebenen qualifiziert seien, weil sie Frauen sind, sondern gute Frauen, so Breit-Keßler. Vor einem Jahr hat die evangelische Landeskirche eine flexible Frauenquote eingeführt. Zwischen 40 und 60 Prozent der Führungspositionen in Dekanaten, Kirchenkreisen und im Landeskirchenamt sollen von Frauen besetzt werden.
Der lange Weg zur Pfarrerin
Der Kampf der Frauen, als Pfarrerinnen arbeiten zu dürfen, begann bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals schrieben sich die ersten Frauen an einer theologischen Fakultät ein. Eine Gleichberechtigung ist da noch lange nicht in Sicht. Ende der 1950er wird in Lübeck die erste Pastorin eingeführt. In Bayern tut sich die evangelische Kirche da noch schwer mit den Frauen im Pfarramt.
Der 3. Dezember 1975 sei ein Meilenstein und ein Grund zu feiern, sagt Landesbischof Christian Kopp im BR-Interview. Er räumt aber auch ein: "Wir sind die zweitletzte Landeskirche gewesen, die in Deutschland die Frauenordination eingeführt hat, das ist eigentlich eine Schande." Die evangelische Landeskirche feiert das Jubiläum im März 2026, 50 Jahre nachdem die erste Frau in ihr Amt als Pfarrerin eingeführt wurde.
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