Han's Klaffl: Herzensbildung und "große Pratzen"
Han's Klaffl * 4. Juli 1950 in Töging am Inn † 4. Januar 2025 in Ebersberg
Was haben Thomas Gottschalk, Joanne K. Rowling und Sting gemeinsam? Wer weiß es? Alle bespielten, bevor sie berühmt wurden, kleinstmögliche Bühnen mit maximalkritischem Publikum: Klassenzimmer. So auch der am Inn aufgewachsene Musikkabarettist Han's Klaffl, der zu seinem Lieblingsinstrument, dem Kontrabass, kam, weil er – Zitat – "große Pratzen hatte", in Peter Maffays Schülerband spielte und Musiklehrer wurde, weil's ihm der logisch nächste Schritt schien: "Ein Lehrer ist nur die Fortsetzung eines Schülers mit anderem Gehalt."
"Ein wahnsinnig guter Lehrer" sei Klaffl gewesen, erinnert sich sein Kabarett- und Schul-Kollege Josef Brustmann im BR. Weshalb er den Dienst auch dann nicht quittierte, als seine Schulweisheiten längst große Hallen füllten. Glanznummern: die Herren Sedlmaier, Gütlich, Gmeinwieser und Gregorius – vier Lehrerfiguren, die von der Wissenschaft sicher bald als Gattungskategorien anerkannt werden.
Nach der Pensionierung hätte das so weitergehen können; auch wenn seinen Programmtiteln immer ein Wissen um die Endlichkeit von allem innewohnte - "Restlaufzeit" (2010) oder: "Schulaufgabe: Ein schöner Abgang ziert die Übung" (2015). Ein schöner Abgang war Klaffl nicht beschieden. Er starb nach kurzer schwerer Krankheit mit 74.
Antje-Katrin Kühnemann: Sprechstunde im Fernsehsessel
Antje-Katrin Kühnemann * 22. Februar 1945 † 3. März 2025 in Tegernsee
Wenige Medienmenschen können behaupten, Leben gerettet zu haben. Kühnemann schon. Unermüdlich informierte die Klinikärztin und über Jahrzehnte bekannteste Gesundheitsjournalistin des Landes über Krankheitsbilder, klärte über Früherkennung, Vorsorge und neue Medikamente auf. Auch über vermeintliche Bäh- und Tabu-Themen mit Wegzapp-Gefahr wie Magersucht, Krampfadern, Hodenkrebs und Impotenz. Ihr Credo: "Wenn man die Dinge richtig beim Namen nennt, kann man über alles sprechen."
Überraschend erfolgreich somit die 1965er-Faschingsdienstagsidee der Medizinstudentin Antje, sich fürs Fernsehen zu bewerben; auch wenn ein Sendeleiter ihr bald - ihrer Muskeln wegen - kurze Ärmel untersagte: "Wir haben eine zarte Ansagerin engagiert, keinen Preisboxer!" Kühnemann setzte sich durch, erst mit Quiz- und Kindersendungen, dann auch mit ihrem Kompetenzthema. Obwohl (oder weil) bei der Radiopremiere der Experte ausfiel:
"Ich habe dann halt moderiert und mir selbst meine Fragen beantwortet. So lief die erste Sendung. Danach, nach dieser Feuertaufe, konnte mir eigentlich nichts mehr passieren."
Dann passierte doch was. 2010 wurde – Stichwort Früherkennung – bei Kühnemann Brustkrebs diagnostiziert. Es folgte ein Leidensweg mit Chemotherapie und Operationen. Die Ärztin war jetzt auch Patientin – und umso überzeugender. Sie starb mit 80 Jahren am Tegernsee.
Werner Lorant: Ein harter Hund. Respektive Löwe
Werner Heinz Erich Lorant * 21. November 1948 in Welver † 20. April 2025 in Wasserburg am Inn
Ihm gelang ab 1992, wovon Löwen-Fans heute noch träumen: der Durchmarsch von der Bayernliga in die erste Bundesliga. Sein Erfolgsrezept: "Ich habe ihnen meine Mentalität eingeimpft. Jeden Samstag laufen elf kleine Lorants auf."
Schon als Werner Lorant selbst spielte – für den BVB, Rot-Weiss Essen und Eintracht Frankfurt – erarbeitete er sich den Spitznamen "Werner Beinhart". Frankfurts Bernd Hölzenbein berichtete, wie er nervenden Gegenspielern mit seinem Vereinskollegen drohte: "Ich hetz' den Lorant auf dich! Schon war Ruhe." Als Trainer blieb sich der Sprüche- und Schienbeinklopfer mit der stahlgrauen Löwenmähne treu.
"Jeder darf seine Meinung haben, aber nur meine zählt." Werner Lorant
Für solche Anekdoten allerdings dürfte er unvergessen bleiben: Als die Sechzger 1999/2000 zum zweiten Mal über den großen Stadtrivalen triumphierten, fuhr Lorant "gaanz langsam" und hupend die Säbener Straße hinab durchs FC-Bayern-Revier.
2001 die Retourkutsche – 1:5-Pleite gegen die Roten. Danach gab Löwen-Boss Wildmoser das Ende der Beziehung bekannt, das zum Ende einer Ära werden sollte.
Hubert Weinzierl: Den Wald mit allen Bäumen sehen
Hubert Weinzierl * 3. Dezember 1935 in Ingolstadt; † 16. Juni 2025 in Wiesenfelden
Wie wird man als Sohn eines CSU-Kiesgrubenbesitzers Pionier der Umweltbewegung? Vielleicht, wenn man als Kriegskind regelmäßig in den Luftschutzbunker flüchtet – und dann aus dem Bunker zurück in die Natur. Zur Donau.
"Dort spielten sich die Märchen meiner Kindheit ab: unter den Weidenstrunken, auf den Kiesbetten, in den Altwässern und versteckt in den Auwäldern. Der andere Bereich wird von den Granitfelsen und Bäumen des Bayerischen Waldes dargestellt. Ich bin also pendelnd aufgewachsen: einmal oben, einmal unten."
Oben und unten: Jahrzehntelang führte Hubert Weinzierl Verbände wie den Bund Naturschutz oder den BUND, kämpfte parteifrei gegen die WAA Wackersdorf und für den Nationalpark Bayerischer Wald – schlussendlich erfolgreich. Dennoch bilanzierte er seine ersten sechs Jahrzehnte 1998 illusionslos:
"In diesen 60 Jahren hat sich die Menschheit genau verdoppelt. In diesen 60 Jahren haben wir mehr an Siedlungsfläche überbaut als in der ganzen bisherigen Siedlungsgeschichte der Menschheit. Wir haben in dieser Zeit auch mehr an Arten verdrängt als in der ganzen bisherigen Menschheitsgeschichte. Dieser Vorgang läuft nämlich nicht linear, sondern exponentiell."
Ein "pathologischer Optimist" blieb Weinzierl gleichwohl: Umweltschutz sei letztlich eine Frage der Liebe – zur Natur und zu den Menschen. In den letzten Jahren lebte Weinzierl erblindet im Wittelsbacher-Schloss Wiesenfelden am Rande des bayerischen Urwalds. Auch aus dieser Zeit hinterlässt er uns Bleibendes: seine Lyrikbände (etwa "Still erlischt das Feenkraut") und das besuchenswerte Ökolologische Bildungszentrum Wiesenfelden [externer Link].
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