- Teil 1 unserer bayerischen Nachrufe lesen Sie hier.
Laura Dahlmeier: In der Freiheit der Berge
* 22. August 1993 in Garmisch-Partenkirchen; † 28. Juli 2025 am Laila Peak
Eine typische Dahlmeier-Geschichte: wie sie einmal von Garmisch nach Istanbul radelte und am Olymp beschloss: "Wenn ich schon da bin, kann ich auch raufgehen." Als Biathletin hat sie den Wintersport-Olymp bestiegen: Weltmeisterin in allen Disziplinen, Olympia-Gold im Sprint und der Verfolgung (alle Titel hier). 2019 stieg sie (wie Magdalena Neuner eine Generation zuvor) aus dem Wintersportkarussell aus: "Wenn sich Sachen wiederholen, haben sie keinen Reiz mehr für mich." Ihren geliebten Bergen blieb die Garmisch-Partenkirchenerin treu – jetzt aber für sich, ohne Kameras.
Mit den Huber Buam bezwang sie 2021 den Mont Blanc. Ende 2024 bestieg sie den Himalaya-Gipfel Ama Dablam in Bestzeit – 12:01:11 Stunden, so schnell wie keine andere Frau, und das quasi aus Versehen.
"Es ging mir hier nicht um Rekorde, sondern um das, was ich am meisten liebe - klettern, beobachten und mich mit jedem Schritt lebendig fühlen." Dahlmeier 2024 in ihrem Instagram-Kanal
Das Risiko war ihr bewusst. Drei Freunde hatte die staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin an die Berge verloren, sie selbst war 2014 auf der Zugspitze in Gefahr geraten. Dennoch war der Steinschlag, der im Juli auf dem pakistanischen Laila Peak ihr Leben mit 31 Jahren beendete, ein Schock, die tagelange Ungewissheit ein Mediendrama. Weil Dahlmeier nicht wollte, dass andere für sie ihr Leben riskieren, bleibt ihr Leichnam in den pakistanischen Bergen. In ihrer Heimatgemeinde erinnert jetzt ein Park an Laura Dahlmeier.
Klaus Krinner: Erfinder des Weihnachtsfriedens
* 6. Dezember 1938 in Straßkirchen; † 31. August 2025
Kindheitserinnerung: wie sich der Christbaum langsam und doch zu schnell für den rettenden Zugriff zur Seite neigt und zu Boden geht. Am Boden: Kugelscherben, Zweigerl, Wachs, der Familienfrieden. Dass sowas heute nur noch selten passiert, verdanken wir Klaus Krinner, Landwirt aus Straßkirchen, den die heikle Kombination aus Hochstimmung und Schwerkraft an Heiligabend ins Sinnieren brachte.
"1988 war ich im Wohnzimmer und habe den Christbaum alleine aufgestellt, meine Frau war in der Küche. Da hab ich gesehen: Das geht nicht richtig. Das ist ein Glump." Erfinder Klaus Krinner
Neun Monate später die Lösung: Der Rundum-Einseil-Christbaumständer, bei dem der Baum endlich standsicher fixiert wird. Bald darauf hat Krinner eine Firma, und diese einen Absatz von einer Million Christbaumständern jährlich. Weshalb er wohl als Bewahrer des Weihnachtsfriedens in Bayerns Geschichte eingeht (und nicht für das erste Erdbeerfeld-zum-Selberpflücken, das Krinner schon früher angelegt hatte). Und weil er auch Klimaschützer und Solarpark-Förderer war, hat Straßkirchen Krinner 2019 zum Ehrenbürger erklärt.
Alt-Landesbischof Johannes Friedrich: Ein Brückenbauer
Alt-Landesbischof Johannes Friedrich * 20. Juni 1948 † 3. September 2025
Am Anfang seiner Kirchenlaufbahn war der als Sohn eines Theologieprofessors in Erlangen aufgewachsene Friedrich Stadtdekan in Nürnberg. Am Schluss predigte er selbstgewählt als Landpfarrer im mittelfränkischen Bertholdsdorf. Dazwischen aber stand er ab 1999 zwölf Jahre an der Spitze der evangelischen Landeskirche. Kein "Pontifex" – aber als Brückenbauer verstand er sich schon.
"Man darf sich selbst nicht zu stark an einem Pol ansiedeln, damit man möglichst für alle ansprechbar ist und sie zusammenhalten und Brücken bauen kann." Alt-Landesbischof Johannes Friedrich im BR
Den Ökumenischen Kirchentag 2010 in München bezeichnete er als Höhepunkt; sein später geäußerter Vorschlag, den Papst als "ökumenisch akzeptierten Sprecher der Weltchristenheit" anzuerkennen, sorgte indes für Irritationen. Friedrichs zweites Lebensthema, seit er in den 1980ern als Probst von Jerusalem der dortigen deutschen Evangelische Gemeinde vorstand: die Aussöhnung von Juden und Christen. Friedrich starb mit 77 Jahren in Nürnberg.
Klaus Doldinger: Mit dem Wind um die Wette blasen
Klaus Erich Dieter Doldinger * 12. Mai 1936 in Berlin; † 16. Oktober 2025 in Icking
"Unser Land hat eine große deutsche Jazz-Legende verloren", schrieb Bundespräsident Steinmeier in seinem Kondolenzbrief an Doldingers große Liebe Inge. Beides richtig: Jazz und Legende. Letzteres auch unter Nichtjazzfans, weil Doldinger Dutzende Filmmusiken – etwa zum Welterfolg "Das Boot" – und die "Tatort"-Titelmelodie komponierte; für die erhielt er seit 1970 bei jeder Ausstrahlung ein paar Mark/Euro Tantiemen.
Geboren 1936 in Berlin, aufgewachsen in Wien, studierte Doldinger in Düsseldorf Harmonielehre und Klavier. Dann Klarinette – und schließlich sein Instrument, das Saxofon, das ihn zu einer Art "Wandlungsreisendem des Jazz" machte. "Passport" nannte er sein wichtigstes Musikprojekt nicht ohne Hintersinn – jahrzehntelang brachten Doldinger & Co. deutschen Jazz in alle Welt.
Ein Jazzweltbürger also. Und Bayer! Erstens, weil er kriegsflüchtig beim Onkel in Schrobenhausen sein Erweckungserlebnis hatte:
"Eines Tages marschierten die Amerikaner ein. [...] Und plötzlich schlug das wie ein Blitz ein: Im Dorfgasthof nebenan probte eine US-Combo Jazz. Eine Musik, die ich bis dahin noch nie gehört hatte. Ich war vom ersten Moment an fasziniert." Klaus Doldinger im BR Alpha Forum
Zweitens: Die Jazzwoche Burghausen. Drittens und vor allem: Icking, wo den Doldingers seit 1968 ein Jazz-Domizil gehört. Nicht weit entfernt liegt der Starnberger See, an dessen Ufern Doldinger gern gespielt hat. Wer im Kopf hat, wie dort der Fönwind die Wolkengebirge umtreibt, kennt auch Doldingers Saxofonton.
Weitere Bayern, die 2025 von uns gegangen sind in Teil 1 unserer Nachrufe (link). Und:
- Der frühere Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet
- Schauspieler Arthur Brauss
- BR-Heimat-Moderator Stefan Frühbeis
- der Molkerei-Unternehmer und Kräuterbutter-Mogul Toni Meggle
- der Soul- und Reggae-Musiker Wally Warning
- die Menschenrechtlerin Ruth Weiss.
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