Der Angeklagte mit seinen Anwälten Rick und Georg im Amtsgericht: Nach Revision wegen Verfahrensfehlers wird der Mordprozess neu verhandelt.
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Der Angeklagte mit seinen Anwälten Rick und Georg im Amtsgericht: Nach Revision wegen Verfahrensfehlers wird der Mordprozess neu verhandelt.
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"Eiskeller-Prozess" um tote Hanna: Zweifel an Belastungszeugin

"Eiskeller-Prozess" um tote Hanna: Zweifel an Belastungszeugin

Im neu aufgerollten Prozess um den Tod der Studentin Hanna W. aus Aschau im Chiemgau widersprechen sich zentrale Zeugen selbst, Handydaten bleiben ungenau. Das Gericht sucht weiter nach klaren Antworten.

Von
Laura Goudkamp
Julia Ley

Im Prozess um den Tod der Studentin Hanna hat heute eine enge Freundin des Angeklagten die Aussage verweigert. Bereits im ersten Verfahren vor dem Landgericht Traunstein hatte sie sich in Widersprüche verstrickt und schließlich geschwiegen.

Hatte der Angeklagte Täterwissen?

Schon während der Ermittlungen um Hannas Tod im Herbst 2022 hatte die Freundin den Angeklagten schwer belastet. Sie erzählte der Polizei, der Angeklagte habe ihr schon an Hannas Todestag von einem Mord in Aschau berichtet – also bevor der Fall öffentlich bekannt war. Die Polizei wertete das als sogenanntes Täterwissen und nahm den Mann kurz darauf fest. Noch am selben Tag verschickte die Zeugin jedoch mehrere Sprachnachrichten an Freunde und Verwandte, in denen sie sagte, sie habe sich beim Datum geirrt und der Polizei "einen Schmarrn" erzählt. Tatsächlich habe das Gespräch mit dem Angeklagten erst einen Tag später stattgefunden - womit es kein Täterwissen mehr gewesen wäre. Gegenüber der Polizei blieb sie in einer weiteren Vernehmung jedoch bei ihrer ersten Aussage.

Polizisten räumen Versäumnisse ein

Vor Gericht sagten heute drei Polizeibeamte und -beamtinnen zu den damaligen Vernehmungen der Freundin und ihrer Mutter und jüngeren Schwester aus. Die Beamten räumten ein, dass es früh Hinweise auf Widersprüche in den Aussagen der Zeugin gegeben habe. Man sei diesen nachgegangen, habe sie etwa mit einer Sprachnachricht konfrontiert, es dann aber dabei bewenden lassen. Die Verteidigung fragte wiederholt nach, warum man der Sache nicht auf den Grund gegangen sei. Sie wirft der Polizei vor, sich früh auf den Angeklagten festgelegt zu haben.

Eine befragte Polizistin der Kriminalpolizei Rosenheim betonte hingegen, es habe neben der Aussage der Freundin noch zahlreiche weitere Indizien gegeben, die den Angeklagten verdächtig erschienen ließen: Etwa sein intensiver Pornokonsum in den Tagen vor Hannas Tod, der danach ganz aufgehört habe, oder die Tatsache, dass er in Hannas Todesnacht in kurzen Hosen beim Joggen gesehen wurde, diese Hosen aber hinterher nicht mehr auffindbar waren.

Zweifel an Beweislage mehren sich

Vor zwei Wochen hatte sich bereits ein anderer wichtiger Belastungszeuge bei seiner Aussage vor dem Gericht in Widersprüche verstrickt. Ein Gutachter hatte ihm zudem eine ausgeprägte Neigung und Fähigkeit zum Lügen attestiert. Mit dem heutigen Tag ist nun auch die zweite wichtige Zeugin demontiert, die den Angeklagten belastet hatte.

Ermittlungen zu Handydaten werfen neue Fragen auf

Ein weiterer Schwerpunkt der vergangenen Tage waren die Handydaten der toten Hanna W. Ein Polizist schilderte am Donnerstag, wie die Ermittler anhand von Funkzellen und GPS-Daten versucht haben, den letzten Weg der Medizinstudentin zu rekonstruieren. Doch das Ergebnis bleibt ungenau: Die ermittelten Positionen zeigen nur Bereiche von etwa 40 Metern Radius. Auf Karten wurden diese im Gerichtssaal als blaue Zonen dargestellt.

Im Oktober 2022 war die 23 Jahre alte Medizinstudentin Hanna auf dem Heimweg von einer Partynacht in der Diskothek "Eiskeller" in Aschau ums Leben gekommen. Sie ertrank im Bärbach. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der zur Tatzeit 20-jährige Angeklagte die Studentin tötete. Er soll sie angegriffen, geschlagen und in den Bach gestoßen haben. 

Die zentrale Frage bleibt: Ging Hanna tatsächlich den Heimweg, auf dem sie laut Staatsanwaltschaft dem Angeklagten begegnet sein könnte? Oder nahm sie eine andere Route und stürzte möglicherweise selbst in den Bärbach?

Verteidigung zweifelt an Ermittlungen

Um zu beweisen, dass Hanna durch einen Unfall starb, hat die Verteidigung einen eigenen Gutachter beauftragt: einen Vermessungs-Experten, der die Genauigkeit der Standortdaten von Hannas Handy bewerten soll. Der Gutachter wird im November vor Gericht aussagen. Ein Urteil wird noch vor Weihnachten erwartet.

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