Gerade einmal 15 Sekunden hat es gedauert, dann waren die Kühltürme des Atomkraftwerks Gundremmingen Geschichte. Punkt 12 Uhr sind die beiden 160 Meter hohen Türme wie geplant in einer großen Staubwolke in sich zusammengesackt. Von den beiden 56.000 Tonnen wiegenden Stahlbeton-Kolossen bleibt nun nur noch ein riesiger Haufen Schutt.
Wenig Staub dank Regenwetter
Mit geholfen hat den Sprengmeistern das Wetter: "Bei dem Mistwetter kann es nur eine gute Sprengung werden", so der Sprengsachverständige Gerd Vogel im Vorfeld. Der befürchtete Nebel war ausgeblieben, es gab freie Sicht für die Sprengung. Und der Regen sorgte dafür, dass sich die Staubwolke in Grenzen hielt.
Nach Angaben des Kraftwerksbetreibers RWE waren 1.800 Löcher für rund 600 Kilogramm Sprengstoff in die Kühltürme gebohrt worden, um sie "niederzulegen", wie die Fachleute sagen. RWE und das Thüringer Spezialunternehmen, das bereits mehrfach Kühltürme und Hochhäuser abgerissen hatte, hatten die Aktion mehr als ein Jahr lang vorbereitet.
Tausende Schaulustige rund um das Atomkraftwerk
Schon am Morgen hatten sich die ersten Zuschauer rund um das stillgelegte Atomkraftwerk versammelt. Am Ende zählte die Polizei rund 30.000 Personen, die sich mit Kissen, Decken und Campingstühlen rund um die Sperrzone positionierten. Teilweise hatten sich Schaulustige auch auf Anhöhen rund um das AKW versammelt, selbst in Baden-Württemberg gab es Partys anlässlich der Sprengung.
Ansonsten registrierte die Polizei, die mit zahlreichen Kräften vor Ort war, keine besonderen Vorkommnisse. Für die Sprengung hatte das Landratsamt Günzburg eine große Sperrzone festgelegt, bereits seit Freitagabend war der Aufenthalt darin verboten. Einige Atomkraft-Befürworter demonstrierten am Rande der Verbotszone für eine Weiternutzung der Kernkraft.
Stimmung zwischen Freude und Wehmut
Bei den Schaulustigen in Gundremmingen lag die Stimmung zwischen Freude über ein Ende der Atomkraft im Ort und Wehmut über den Verlust "eines Stücks Heimat". So geht es auch dem Gundremminger Bürgermeister Tobias Bühler. Er blickt aber auch positiv in die Zukunft. Denn Gundremmingen wird Energiestandort bleiben.
Gundremmingen bleibt Energiestandort
In der nächsten Woche findet dort der Spatenstich für einen der größten Batteriespeicher Deutschlands statt. Ein Gaskraftwerk ist in Planung und rund um Gundremmingen sollen Photovoltaikanlagen ausgebaut werden. "Es ist ein Zeichen des Wandels, aber man kann positiv nach vorne schauen", so Bürgermeister Bühler.
Material der Türme wird recycelt
Auch das Material der beiden Kühltürme wird noch seine Verwendung finden: Der Bauschutt wird recycelt und unter anderem im Straßenbau weiterverwendet werden. Und auch das endgültige Ende der Atomkraft ist damit für Gundremmingen noch nicht gekommen. Auf dem Gelände des AKW lagern alte Brennstäbe in einem Atom-Zwischenlager – solange, bis ein Endlager gefunden wurde.
Offiziell hat das Zwischenlager in Schwaben eine Genehmigung bis zum Jahr 2046. Manche Kritiker befürchten, dass die Zwischenlager an den früheren Atom-Standorten vielleicht noch bis ins nächste Jahrhundert gebraucht werden könnten. "Die Kühltürme verschwinden, der Todesmüll bleibt", sagte Raimund Kamm von dem atomkritischen Verein "Forum - Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik".
Atomkraft in Gundremmingen: Eine lange Geschichte
Das Kernkraftwerk war Ende 2021 mit der Abschaltung des dritten Blocks endgültig vom Netz gegangen. Seitdem wird die Atomanlage zurückgebaut. Dies wird noch bis in die 2030er Jahre dauern. Die Kühltürme wurden einst gebraucht, um das bei der Stromproduktion erhitzte Kühlwasser herunterzukühlen, ehe es wieder zurück in die Donau geleitet wurde.
Gundremmingen zählt zu den größten Atom-Standorten in Deutschland. In der Gemeinde ging 1966 das erste große Atomkraftwerk der Bundesrepublik ans Netz. Der Block A markierte den Beginn der industriellen Atomstromproduktion hierzulande. Dieser Meiler wurde nach rund einem Jahrzehnt abgeschaltet. Zuvor war es zu mehreren schweren Störfällen gekommen, bei denen auch zwei Arbeiter gestoben waren. Die Blöcke B und C, für die die zwei Kühltürme waren, wurden im Jahr 1984 fertiggestellt und gingen damals im Abstand weniger Monate in Betrieb.
Im Video: Sprengung der beiden Kühltürme des AKW Gundremmingen
Ende eines Wahrzeichens: Kühltürme in Gundremmingen gesprengt
Mit Informationen von dpa.
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