Eigentlich ist für Manfred Weber der "Rahmen klar", wenn es um Rückführungen nach Syrien geht, wie der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei am BR Sonntags-Stammtisch sagte: "Wenn Frieden ist, muss man auch wieder heim." Schließlich sei in der Genfer Flüchtlingskonvention nur von einem temporären Schutzstatus für Kriegsflüchtlinge die Rede.
EVP-Chef Weber: "Keinen Druck auf Syrien ausüben"
Man komme auf absehbare Zeit in den nächsten Monaten in eine Situation, in der man auch Flüchtlinge wieder nach Syrien rückführen könne, erklärte der EVP-Chef. Anders hatte sich kürzlich Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) geäußert, der sich bei seinem Syrien-Besuch schockiert vom Ausmaß der Zerstörung gezeigt hatte. Deshalb sieht Wadephul derzeit keine Möglichkeit für die Rückkehr von syrischen Flüchtlingen aus Deutschland.
Weber, der zugleich stellvertretender CSU-Vorsitzender ist, gab aber auch zu bedenken, dass man auf Syrien keinen Druck ausüben und das Land nicht überfordern dürfe, wenn nun viele Menschen dorthin zurückkehren würden. "Ich würde das auch nicht übers Knie brechen", sagte Weber mit Blick auf die Debatte um Rückführungen nach Syrien.
Weber betonte auch, dass gerade in Bayern viel ehrenamtliche Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien und der Ukraine geleistet werde. Viele davon würden mittlerweile "wertvoll ihren Dienst bei uns tun: Als Ärzte, als Krankenschwester, als Mitglieder dieser Gesellschaft."
Christian Neureuther, Anja Kohl, Manfred Weber (EVP), Gerald Knaus (Migrationsforscher) und Tilmann Schöberl (Moderator) am Sonntags-Stammtisch.
Weber verurteilt AfD-Forderung
Man müsse auch weiterhin Menschen aus Kriegsgebieten unterstützen: "Diese Idee in Europa hochzuhalten und zu sagen: Wir wollen zu diesen Werten stehen. Das lasse ich mir nicht schlechtreden. Da können wir auch stolz drauf sein", betonte Weber. Die AfD-Forderung "Remigration" steht für Weber in Widerspruch zur hohen Beschäftigungsquote vieler Flüchtlinge in Bayern. Er verwies darauf, dass 41 Prozent der Altenpflegekräfte in Bayern ausländischer Herkunft sind. "In jedem bayerischen Bierzelt sage ich dazu: 'Ich möchte, dass jeder AfDler in dem Bierzelt die Hand hebt, dass er mir unterschreibt, wenn er mal Pflegefall ist, wenn er mal alt ist, will er von keinem Ausländer gepflegt werden.'"
Migrationsforscher Knaus: "Irreguläre Migration in den Griff bekommen"
Auch zu Gast am BR Sonntags-Stammtisch war Migrationsforscher Gerald Knaus. Er forderte, rechten Parteien mit einer Doppelstrategie zu begegnen: Man müsse einerseits die irreguläre Migration durch sichere Drittstaatsabkommen in den Griff bekommen und Straftäter abschieben, so Knaus. Andererseits müsse man die Menschenrechtskonvention und die Menschenwürde verteidigen, indem man schutzbedürftige Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention aufnehme. Das Ziel müsse sein, "dass Parteien der Mitte sagen: 'Wir wollen in einem Jahr nicht mehr über Migration streiten.'"
Knaus sieht Zusammenhang zwischen Flüchtlingszahlen und Putin
Der Forscher bezeichnete die Migrationsbewegungen aus Syrien und aus der Ukraine als "die zwei größten Flüchtlingskrisen der letzten Jahrzehnte weltweit". Er zog dabei einen Zusammenhang zu Russlands Präsident Putin, der nicht nur die Ukraine überfallen, sondern auch das syrische Aleppo bombardiert hat.
Migrationsforscher Gerald Knaus warnte davor, dass rechte Regierungen Europa von innen zerstören könnten.
"Seit dem Sturz von Assad im Dezember letzten Jahres ist die Zahl der Syrer, die nach Österreich und Deutschland kommen, dramatisch gefallen." Knaus sah die Ursache für die zeitweise hohen Flüchtlingszahlen in Putins Kriegen. Der Experte berichtete dabei von seinem Treffen mit Putin-Beratern in Moskau im Jahr 2015: "Ihre Augen haben geleuchtet beim Thema Migration", erzählte Knaus. Er bezeichnete rechte Parteien wie die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich oder den Rassemblement National in Frankreich als "Putins Verbündete". Die würden immer stärker werden, wenn die Migration nicht kontrolliert werde. Das sei die Hoffnung von Putins Beratern damals gewesen.
Knaus kritisierte, dass Deutschland zu sehr auf die Person Donald Trump und zu wenig "auf das große Bild" schaue: "Das große Bild ist, dass in den USA, aber auch bei uns immer mehr Parteien das Migrationsthema nutzen und Angst davor schüren." Die Gefahr sei, dass damit Regierungen mit dem Projekt an die Macht kämen, dieses Europa von innen zu zerstören.
Transparenzhinweis: In einer früheren Fassung des Texts hieß es, Manfred Weber hätte sich zum Thema Abschiebungen geäußert, dass man diese "nicht übers Knie brechen" solle. Tatsächlich hat er aber das Wort Rückführungen verwendet. Das haben wir entsprechend korrigiert.
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