Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger beim Betanken eines wasserstoffbetriebenen Busses
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"Fast niemand tankt": Kritik an Millionen für Wasserstoff

"Fast niemand tankt": Kritik an Millionen für Wasserstoff

Mit 66 Millionen Euro hat Bayern in den vergangenen Jahren Wasserstofftankstellen gefördert. Da die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge weiter niedrig ist, spricht SPD-Politiker von Brunn von Geldverschwendung. Das Wirtschaftsministerium verteidigt sich.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Für den bayerischen SPD-Energieexperten im Landtag, Florian von Brunn, geht es um nicht weniger als die Verschwendung von Steuergeld. "Wir fördern im Moment mit vielen Millionen Euro Steuergeld Tankstellen, an denen eigentlich fast niemand tankt", sagt er dem BR. "Fast alle Autos, die neu zugelassen werden mit klimaneutralen Antrieben, sind elektrisch, sind Elektrofahrzeuge."

Der SPD-Politiker hat beim Wirtschaftsministerium nachgefragt: In den Jahren 2021 bis 2024 gab der Freistaat für die Förderung von Wasserstofftankstellen für Lkw und Busse fast 61 Millionen Euro aus. Hinzu kamen im vergangenen Jahr 5,3 Millionen Euro für kombinierte Lkw- und Pkw-Tankstellen. Das Problem laut von Brunn: "Fast niemand setzt auf Wasserstoff als Antriebstechnologie.“

"Förderung verfehlt"

Zahlen des Kraftfahrtbundesamts zeigen einen großen Unterschied zwischen alternativen Antriebsarten: So wurden in ganz Deutschland im ersten Halbjahr dieses Jahres 36 Lkw mit Wasserstoffantrieb (Verbrenner und Brennstoffzelle) zugelassen, aber 10.561 mit batterieelektrischem Antrieb. Den 43 Pkw mit Wasserstoffantrieb stehen 248.726 Pkw mit batterieelektrischem Antrieb (ohne Hybride) gegenüber. Am 1. Januar gab es bundesweit 263 Lkw und 1.802 Pkw mit Wasserstoffantrieb.

"Wir fördern also eine Antriebstechnologie mit viel Geld, auf die niemand setzt", betont von Brunn. "Deswegen halte ich die Förderung für verfehlt." Der SPD-Politiker verlangt eine Überprüfung von Förderungen. Das Geld müsse "in sinnvolle Anwendungen fließen, zum Beispiel Wasserstoff für die Industrie oder Batterieforschung". Zuerst hatte die dpa darüber berichtet.

Ministerium macht Ampel mitverantwortlich

Das bayerische Wirtschaftsministerium zeigt mit dem Finger auf den Bund: Die niedrige Zulassungszahl von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen liege "nicht zuletzt" daran, dass ein "kohärenter Förderrahmen des Bundes" für deren Anschaffung fehle. Die Ampel habe durch die "abrupte Aussetzung von Förderprogrammen" das Vertrauen der Branche erschüttert. Da die Batterietechnologie schon weiter entwickelt sei und die Fahrzeuge dadurch günstiger seien, gebe es im Wasserstoffsektor einen größeren Förderbedarf.

Das bayerische Programm zur Förderung von Wasserstofftankstellen lief laut Ministerium Ende 2024 aus. Es seien Zuwendungsbescheide für 30 Tankstellen in Bayern ausgestellt worden. Fünf seien bereits in Betrieb, "die anderen Projekte werden noch umgesetzt". Eine weitere Förderung sei derzeit nicht geplant.

Aus Sicht des Ministeriums von Hubert Aiwanger (Freie Wähler) rivalisieren Wasserstoff-Fahrzeuge nicht mit batterieelektrischen, vielmehr handle es sich um komplementäre Technologien. Beide würden benötigt, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen.

Experte: Situation neu bewerten

Laut Richard Hanke-Rauschenbach, Professor für elektrische Energiespeichersysteme an der Universität Hannover, war es vor zehn bis 15 Jahren "eine gute Sache", die Förderung eines Wasserstofftankstellen-Netzes anzustoßen. Seither habe sich bei der Elektromobilität aber viel getan: "Wir haben nicht zu träumen gewagt, was in der Batterietechnik möglich ist."

Vor zehn Jahren noch habe man für den Busverkehr durch eine hügelige Landschaft keine Alternative zum Wasserstoff gesehen. "Heute kann man sagen: Das geht eigentlich prima mit Batterie." Daher sieht der Experte jetzt einen "guten Moment", die Förderpraxis zu hinterfragen und die Situation neu zu bewerten.

Wasserstoff wird weiter gebraucht

Unabhängig davon werde Wasserstoff in der Zukunft auch in der Mobilität gebraucht. Der Experte spricht von einem Dreiklang aus batterieelektrischen Antrieben, Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen: "Immer dann, wenn die Reichweiten- und Nutzlastanforderungen klein sind, machen wir das mit Batterie. Wenn es etwas schwieriger wird, gehen wir auf Wasserstoff", sagt Hanke-Rauschenbach. "Und dann, wenn es ganz weit geht und ganz schwer – Schiffsverkehr, Flugverkehr –, greifen wir auf synthetische Kraftstoffe zurück." Dabei werde Wasserstoff auch für die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen benötigt.

Aktuell seien Elektrofahrzeuge wirtschaftlicher und damit auch günstiger am Markt, sagt der Experte. Dass in Zukunft – dank möglicherweise extrem günstigem Strom aus den Erneuerbaren – Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe plötzlich auch erschwinglich für Autos und Lkw werden könnten, das will Hanke-Rauschenbach nicht ausschließen.

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