"Alles ist viel zu teuer, alle Vermieter sind Abzocker, und meine Nachbarn nerven mich sowieso." Dieser Ansatz reiche nicht, sagt Gisela Sengl. Es brauche beim Thema Wohnen und Mieten mehr als "Aufregermodus". Die Co-Chefin der bayerischen Grünen stellt den Leitantrag vor, der am Freitagabend den Auftakt bildet zum dreitägigen Landesparteitag in Erlangen.
"Wohn-Milliarde" für die Kommunen
Die Grünen wollen einen Neustart in der bayerischen Wohnungsbaupolitik. Ministerpräsident Markus Söder und die CSU seien daran "komplett gescheitert", so Sengl. Es ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen, das den Grünen vorschwebt. Unter anderem eine "Wohn-Milliarde" für Städte und Dörfer, bezahlt vom Freistaat. Im Vorfeld des Parteitags hatte Sengls Co-Vorsitzende Eva Lettenbauer gesagt: "Bayern hat 10 Milliarden Rücklagen. Als erstes wollen wir auf die zurückgreifen. Das heißt, es braucht dafür keinerlei Schulden."
Viele Kommunen würden gerne bauen, allerdings sei das kommunale Wohnraumförderungsprogramm komplett leer. Sengls Ansage: "Söder, rück das Geld raus!"
Grüne wollen Leerstand sanktionieren und Eigentum fördern
Außerdem fordern die Grünen eine sogenannte Leerstandsabgabe, wenn sich Immobilienbesitzer weigern zu vermieten: "Wohnraum leer stehen zu lassen, muss ein Minusgeschäft werden", sagt Sengl und erntet Applaus von den Delegierten. Aber auch den Erwerb von Eigentum will die Partei fördern. Deshalb soll die Grunderwerbssteuer auf die erste selbstgenutzte Immobilie wegfallen. Wer daheim um-, an- und ausbauen wolle, bekomme einen zinslosen Kredit über die BayernLB oder die Deutsche Kreditbank.
Es brauche aber auch "faire Mieten in allen Lebensphasen". Kommunale Wohnbaugesellschaften und Genossenschaften sollen gefördert, die Mietpreisbremse entfristet werden. Den "völlig überhitzten Immobilienmarkt" wollen die Grünen abkühlen. "Wer mit dem Zuhause von Menschen spekuliert und Geld in Immobilien einfach nur parkt, zieht künftig den Kürzeren", so Sengl. Von den rund 350 Delegierten gibt es große Zustimmung, sie nehmen das Paket einstimmig an.
"Können wir uns Markus Söder eigentlich noch leisten?"
Neben der inhaltlichen Debatte setzen die Hauptrednerinnen an diesem Abend jede Menge Spitzen gegen die Parteichefs von CDU und CSU. Lettenbauer fragt in den Saal: "Können wir uns Markus Söder eigentlich noch leisten?" Die Landeschefin wirft dem CSU-Chef vor, die eigenen Klimaziele aufzugeben, während die Heimat von Dürren, Hochwasser und Hitze zerstört werde. Auf keinen Fall leisten könne man sich jedenfalls einen Ministerpräsidenten, "der 16.000 Euro für einen Food-Blogging-Ausflug nach Helgoland bezahlt".
Lettenbauer lobt Söder zwar dafür, dass er die AfD als "Demokratiefeinde" bezeichne, in seiner Politik merke man davon aber noch überhaupt nichts: "Herr Söder, Sie kündigen an, aber tun nichts. Seien Sie endlich konsequent und unterstützen Sie einen Antrag für ein AfD-Verbotsverfahren." Die Landesvorsitzende kritisiert auch Söders Industriepolitik: "Wer heute noch auf den Verbrenner setzt, der verliert morgen gegen China."
Bundeschefin Brantner kritisiert "Schweigegeld" für CSU-Chef
Zum Auftakt des Parteitags ist Besuch aus Berlin nach Erlangen angereist: Parteichefin Franziska Brantner geht Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wegen seiner Stadtbild"-Aussage scharf an. Dessen Aufgabe wäre es, ein Land zusammenführen. Es sei "unverantwortlich für einen Kanzler, Millionen Deutsche unter Generalverdacht zu stellen".
Statt wie vereinbart in Infrastruktur, Schulen oder die Bahn zu investieren, flössen viele Milliarden des Sondervermögens in Söders Wahlgeschenke, wie beispielsweise die Mütterrente. "Schweigegeld" nennt Brantner das. "Aber Schweigegeld zahlt man nicht aus Steuerzahlergeldern."
Zum Genderverbot in Bayern sagt Brantner. "Mir persönlich ist es egal, ob man das Gendersternchen benutzt, aber wenn aus dem 'Mia san Mia' ein MAGA-Himmel à la Trump wird, dann wird Söder es mit uns allen zu tun bekommen." Ihre Partei werde es nicht zulassen, dass die Demokratie zerstört werde. "Wenn diese vor Selbstbewusstsein strotzenden Männer doch nur mal mit dieser ganzen Kraft gegen die Putins dieser Welt, gegen die AfD kämpfen würden, statt gegen das Gendersternchen – wie schön wäre unser Land."
Sengl und Lettenbauer wollen gemeinsam weitermachen
Am Samstag stehen die Wahlen des Landesvorstands an. Das amtierende Spitzenduo Sengl/Lettenbauer möchte gerne weitermachen – mindestens für zwei weitere Jahre. Gegenkandidaturen gibt es bislang keine – allerdings kann jede und jeder Delegierte spontan antreten.
Zum Auftakt des Grünen-Parteitags beschließen die Delegierten ein Maßnahmen-Bündel im Bereich Wohnen und Mieten.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

