Es ist ein Dämpfer für Hubert Aiwanger. Mit 82,3 Prozent der Stimmen wird er bei der Landesversammlung in Straubing zwar wiedergewählt und bleibt damit weitere zwei Jahre an der Spitze der Partei in Bayern. Der Rückhalt für den FW-Landeschef fällt damit allerdings geringer aus als zuvor. In den Jahren 2021 und 2023 hatte er noch 95 Prozent der Stimmen erhalten.
"Ich bin mit dem Ergebnis trotzdem sehr zufrieden. Wir arbeiten weiter und fertig", kommentiert Aiwanger das Ergebnis. "Also, ich mache mir da keine schlaflosen Nächte." Er steht seit März 2006 an der Spitze der Freien Wähler im Freistaat, seit 2010 ist er auch Bundesvorsitzender.
Kritik an Bund und EU
Zum Auftakt des eintägigen Landesparteitags hatte der 54-Jährige in einer für ihn untypischen, recht ruhigen Grundsatzrede einen Rundumschlag zur aktuellen Politik geliefert und seine Partei auf den Kommunalwahlkampf eingestimmt. "Wir werden aus dieser Kommunalwahl gestärkt hervorgehen", betonte Aiwanger. Die Freien Wähler machten "Politik um des Bürgers willen". Dafür seien sie bekannt.
Allerdings stünden die Kommunen derzeit unter Druck. Der Bund müsse die Städte und Gemeinden dringend besser finanzieren und entlasten, anstatt immer weiter mit neuen Aufgaben zu belasten. Aiwanger nannte zum Beispiel vereinfachte Bundesvorschriften beim Bauen als drängend.
In der Wirtschaftspolitik attestierte Aiwanger sowohl Berlin als auch Brüssel Nachholbedarf. Er forderte mehr Unterstützung für die Unternehmen. Zu viele, strenge Regelungen bremsten die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettkampf aus. "Wir dürfen uns nicht selber einen Arm auf den Rücken fesseln und dann zum Boxkampf mit einem Profi antreten." Insbesondere Brüssel müsse der Wirtschaft die Fesseln abnehmen.
Kritik aus den eigenen Reihen
Für seine Rede bekam Aiwanger wie üblich langen, wenn auch diesmal keinen überschwänglichen Applaus. Rückendeckung erhielt er zuvor auch schon vom Präsidenten der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), Wolfram Hatz. Der lobte in einem Grußwort die Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsminister und sprach von "Teamwork". Zuletzt hatten Gewerkschaften Aiwanger scharf kritisiert und ihm vorgeworfen, nur Briefe nach Berlin zu schreiben, statt konkrete Probleme anzugehen. Daher hatte das Lob des vbw-Präsidenten beim Landesparteitag besonderes Gewicht.
Daran, dass Aiwanger in Straubing mit großer Mehrheit als Landeschef bestätigt wird, gab es im Vorfeld kaum Zweifel. Dennoch kam der kleine Dämpfer beim Wahlergebnis auch nicht überraschend. Zuletzt gab es immer wieder Debatten um seine Person.
Die Bundestagswahl war für die Freien Wähler ein Desaster. Die FW um den Spitzenkandidaten Aiwanger verpassten nicht nur den angestrebten Einzug in den Bundestag krachend, sondern verschlechterten sich auf 1,5 Prozent (Bayern: 4,3 Prozent). Im Streit mit der CSU um neue Staatsschulden zogen die Freien Wähler schließlich den Kürzeren. Auch die momentanen Umfrageergebnisse, die um die elf Prozent liegen, waren schon einmal besser.
Im Video: Bericht von der Landesversammlung der Freien Wähler in Straubing
Landesversammlung Freie Wähler in Bayern
Austritte und Neugründungen
Vor allem aber gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Unmut über Aiwangers Rhetorik, die manchem zu polarisierend ist, sich zu stark AfD-Reden annähert. Zuletzt äußerten mehrere FW-Kommunalpolitiker öffentlich Kritik am Kurs des Parteichefs. Mehrere Ortsverbände sagten sich von der Landespartei los.
Bei den bayerischen Kommunalwahlen im März braucht Aiwanger mit seinen Freien Wählern nun dringend Erfolgserlebnisse. Als "Bayerns Stimme der Kommunen" gehen die FW ins Rennen. Für ihr Selbstverständnis ist eine starke kommunale Verankerung zentral. Ihr Ziel ist es, nach den Wahlen noch mehr Landräte und Bürgermeister zu stellen. Vor allem in den Städten sieht Bayerns Digitalminister Fabian Mehring "Wachstumspotenzial". Für ihn gilt die Kommunalwahl als "Mutter aller Wahlen".
Neuwahl des Vorstands mit einigen Änderungen
Neue Köpfe gibt es im Vorstand der Freien Wähler Bayern. Armin Kroder (Landrat Nürnberger Land) und Michael Piazolo (ehemaliger Kultusminister) bleiben Stellvertreter. Neu dazu kommen die frühere Generalsekretärin Susann Enders, Bayerns Digitalminister Fabian Mehring und Sabrina Neckov aus Unterfranken. Die 43-Jährige ist Rektorin an einer Grundschule in Schweinfurt. "Ein bisschen Östrogen würde der ganzen Geschichte hier guttun", sagte sie bei ihrer Vorstellung mit Blick auf den bisherigen Vorstand, der nur aus Männern bestand. Die ehemalige Europa- und jetzige Landtagsabgeordnete Ulrike Müller war nicht mehr angetreten. Sven Baumeister und Hans Martin Grötsch wurden nicht wiedergewählt.
Grötsch hat aber schließlich ein neues Amt übernommen. Der 46-Jährige aus Königstein im Landkreis Amberg-Sulzbach wurde zum Generalsekretär gewählt. Als Kreisrat sei er ein Mann der Basis, betonte Grötsch. Er wolle die Arbeit in den Kommunen stärken und für künftige Wahlen gute Strategien erarbeiten, um die Partei noch breiter aufzustellen.
Im Video: Hubert Aiwanger bleibt Chef der Freien Wähler in Bayern
Beim Parteitag der Freien Wähler in Straubing wurde Hubert Aiwanger als Chef bestätigt. Kein Traumergebnis - aber er war zufrieden.
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