Wer von Thüringen in Richtung Mellrichstadt über die Landesgrenze nach Bayern fährt, kommt bei Eußenhausen an einer riesigen Baustelle vorbei. In Bayern angekommen, müssen die Erdkabel der Stromtrasse SuedLink zunächst über 1.000 Meter durch den Wald. Das löst eine katalanische Baufirma per Spülbohrung.
Aufwändige Bohrungen und Gräben
Heißt: Ein Bohrgerät schiebt einen steuerbaren Bohrkopf durch die Erde. So kann der Wald über dem Bohrkanal stehen bleiben. Der Aufwand für die Verlegung der Erdkabel ist riesig. Die geplanten Kosten für die gesamte Trasse liegen laut der Bundesregierung bei 13,6 Milliarden Euro.
Entlang der A71 bei Oerlenbach sieht man schon überall breite Kabelgräben mit Aufschüttungen rechts und links. Damit im Nachgang für die Landwirtinnen und Landwirte keine Schäden verbleiben, müssen die verschiedenen Bodenschichten einzeln entnommen und gelagert werden.
Der Verlauf von SuedLink
In Bayern sollen insgesamt 130 Kilometer Erdkabel verlegt werden: Der erste Trassen-Abschnitt erstreckt sich von Mellrichstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld bis zu einem der beiden Endpunkte von SuedLink, dem Konverter Bergrheinfeld/West im Landkreis Schweinfurt. Um die weite Distanz der Trasse effektiv zu überbrücken, ist SuedLink eine Gleichstrom-Pipeline. Das deutsche Stromnetz ist jedoch überwiegend ein Wechselstrom (AC)-Netz. Allein die Kosten für die Konverter sind immens.
Verlauf der SueLink-Trasse in Bayern
Fortschritte bei Oerlenbach
Der andere Trassen-Abschnitt erstreckt sich von Oerlenbach im Landkreis Bad Kissingen bis nach Altertheim an der Grenze zu Baden-Württemberg. Nach sechs Monaten Bauzeit habe man schon einige Kilometer Oberboden gelöst, sagt Chris Göpfert von der TransnetBW. Noch seien Archäologinnen und Archäologen unterwegs, um die letzten Bodenstrukturen zu scannen. Nach und nach folgen dann die Bohrungen, um die Kabel unter Wälder, Flüssen und Straßen durchzuführen. Das erste halbe Jahr sei nach Plan verlaufen.
Kritik und Bedenken der Trassengegner
Das sehen die Gegner der Trasse anders. Für die Bürgerinitiative "A7 Stromtrasse NEIN e.V." dokumentiert Hildegard Beyfuß Schäden in der Nähe von SuedLink-Baustellen. An der A7 bei Wasserlosen fiel ihr ein Teich mit Bohrflüssigkeit auf, die offenbar aus dem Boden ausgetreten ist. Auf Fotos ist die grau-braune Flüssigkeit zu sehen, inmitten von Strohballen. "Das wurde hier mit Strohballen abgesichert, wahrscheinlich von der Baufirma, damit es nicht weiter den Hang runterfließt", sagt Hildegard Beyfuß. Weiter unten sei ein Wassereinzugsgebiet. "Also wir sehen das als bedenklich an, als gefährlich", so Beyfuß weiter.
Risiken der Spülbohrung
Die Trassengegner befürchten, dass durch solche "Ausbläser" nach Spülbohrungen schädliche Stoffe in den Boden oder gar in das Grundwasser eindringen. Für Schlagzeilen sorgte ein großflächiger Austritt von Bohrflüssigkeit bei Altertheim im Landkreis Würzburg. Dort musste die Baufirma rund 30 bis 40 Kubikmeter der grau-braunen Soße absaugen und entsorgen.
Laut Angaben der TransnetBW sei die ausgetretene Flüssigkeit von der Baufirma vorschriftsmäßig "nach Protokoll" und "in kurzer Zeit" beseitigt worden. Die Überparteiliche Wählergemeinschaft "Zukunft für Würzburg" (ZfW) bezweifelt das und hat eigenen Angaben zufolge Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Würzburg gegen die TransnetBW gestellt.
Bedenken um Trinkwasserschutzgebiet
Gleich an mehreren Stellen sei Bohrflüssigkeit ungehindert hangabwärts abgeflossen. Das ZfW spricht von möglichen Risiken für das künftige Trinkwasserschutzgebiet "Zeller Quellen". Das Bohrkonzept sei für die wechselhafte Bodenstruktur ungeeignet.
Laut der TransnetBW sei die Bohrflüssigkeit, ein Bentonit-Wasser-Gemisch, nicht umweltgefährdend, das bestätigt auch das zuständige Wasserwirtschaftsamt. Gefährlich seien theoretisch bestimmte Beimengungen, die aber aufgrund der Vorgaben aus dem Planfeststellungsbeschluss nicht erlaubt sind.
Einschätzung der WVV
Auch die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) stuft das zutage gekommene Bentonit nicht als wassergefährdend ein. Die Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH habe keine erhöhte Trübung im Bereich der Zeller Quellen festgestellt. Eine akute Gefährdung werde aktuell ausgeschlossen.
Rechtliche Schritte gegen TransnetBW
Federführend für die Strafanzeige gegen die TransnetBW ist der Würzburger Stadtrat Wolfgang Baumann. Außerdem klagen SuedLink-Gegner aus mehreren Bundesländern gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bundes. Sie fordern stattdessen ein dezentrales System mit erneuerbarer Stromgewinnung nah am Verbraucher. Bis zu einer Entscheidung gehen die Arbeiten an der 700-Kilometer-Baustelle weiter.
Bei Oerlenbach sind die breiten Kabelgräben für die Stromtrasse SuedLink schon gut zu sehen.
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