Johannes Heinrich am Laptop, auf dem das Spiel Poller-Pumper zu sehen ist.
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Lehrer Johannes Heinrich zeigt, was Netzkultur in öffentlichen Debatten leisten kann
Bildrechte: Johannes Heinrich / Montage: Ramona Kisiela / BR
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Lehrer Johannes Heinrich zeigt, was Netzkultur in öffentlichen Debatten leisten kann

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Poller-Pumper: Augsburger programmiert Christkindlesmarkt-Game

Poller-Pumper: Augsburger programmiert Christkindlesmarkt-Game

Berufsschullehrer Johannes Heinrich aus Augsburg hat in weniger als 24 Stunden ein Spiel zur Poller-Debatte programmiert. Was als spontane Idee begann, wird jetzt zum viralen Stadtgespräch – dabei kann er eigentlich gar nicht programmieren.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Johannes Heinrich ist kein Programmierer. Er ist Berufsschullehrer in Augsburg – und radelte gerade durch die Innenstadt, als er die Männer in Warnwesten beobachtete, wie sie mit Hubwagen die hunderte Kilogramm schweren Poller auf dem Rathausplatz zur Seite schoben. Die Szenen fand er nach eigenen Aussagen absurd, gleichzeitig faszinierend. Und sie ließen ihn nicht los. Noch am selben Tag setzte sich Heinrich an den Rechner, programmierte mithilfe künstlicher Intelligenz ein Browser-Spiel – und nannte es "Poller-Pumper". Darin: Straßenbahnen, Weihnachtsmuffel, Glühwein – und natürlich: jede Menge Poller, die es rechtzeitig zur Seite zu schieben gilt.

Sicherheit, Kritik und der umständliche Aufwand

Die Stadt Augsburg hatte die mobilen Poller installiert, um den Christkindlesmarkt vor Fahrzeuganschlägen zu schützen – als sichtbares, aber flexibles Sicherheitskonzept. Gleichzeitig sollte der Straßenbahnverkehr nicht unterbrochen werden. Das Ergebnis: Poller, die in Stoßzeiten bis zu 60 Mal pro Stunde manuell bewegt werden müssen. In sozialen Netzwerken ist von einem "Advents-Workout" die Rede, Medien im In- und Ausland sprechen von einer "Poller-Posse". Oberbürgermeisterin Eva Weber verteidigt das umständliche Modell als "pragmatischen Kompromiss", Ordnungsreferent Frank Pintsch sieht darin eine notwendige Balance zwischen Sicherheit und Alltag. Die öffentliche Debatte ist dennoch deutlich – und reicht inzwischen weit über Augsburg hinaus.

Unterricht per KI: Wie ein Lehrer zum Entwickler wurde

Für Heinrich war die Poller-Idee ein kreativer Auslöser. Seit wenigen Wochen entwickelt er mit sogenannten "Vibe Coding"-Techniken eigene Lernspiele – mithilfe von KI, ohne klassische Programmierkenntnisse. An seiner Berufsschule unterrichtet er unter anderem angehende IT-Systemkaufleute und Spediteure. Den Unterricht spielerischer und digitaler zu gestalten, ist für ihn ein persönliches Experiment. "Poller-Pumper" war sein erstes Spaßprojekt – und wurde in nur 21 Stunden fertiggestellt, neben Unterricht, Familienzeit und Schlaf. Von der Domain bis zum Datenschutz, vom Code bis zur Punktewertung: alles selbst umgesetzt.

Poller-Pumper-Game als Konter für Häme

Im Spiel "Poller-Pumper" [externer Link] geht es darum, den Weihnachtsmarkt vor unerwünschten Gästen zu schützen – und gleichzeitig die Straßenbahnen durchzulassen. Glühwein, Christkind und Lebkuchen sind willkommen, Schwurbler, Störenfriede und Betrunkene müssen draußen bleiben, erklärt Heinrich die Regeln. Die Poller werden per Mausklick gesenkt oder gehoben. Die Ästhetik ist pixelig, der Ablauf simpel, die Anspielung deutlich. Heinrich beschreibt das Spiel als Mischung aus Ironie und Realität. Es sei kein politisches Statement, aber auch kein reiner Gag. Vielmehr ein kreativer Zugang zu einer Debatte, die gerade viele beschäftigt.

Unerwarteter Erfolg für Augsburger Poller-Spiel

Heinrich hatte nicht mit großer Resonanz gerechnet – doch bereits am ersten Tag spielten mehrere Nutzer gleichzeitig. Videos aus Kneipen machten die Runde, die Bestenliste füllte sich mit Höchstwerten. Parallel dazu bemerkte Heinrich eine andere Dynamik: Auf Instagram geriet er in eine Echokammer, in der sich politische Akteure an der Poller-Thematik abarbeiten – von überzogener Kritik bis hin zu rechtspopulistischer Instrumentalisierung. Diese Entwicklung sieht er mit Sorge.

Ob "Poller-Pumper" auch als Unterrichtsmaterial taugt, ist offen. Für Heinrich ist das Spiel vor allem ein Beispiel, wie kreative Ideen mithilfe digitaler Werkzeuge schnell umgesetzt werden können.

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