Diskussion um den Schusswaffengebrauch beim Polizeieinsatz  in Altenerding
Diskussion um den Schusswaffengebrauch beim Polizeieinsatz  in Altenerding
Bild
Innenminister Herrmann zum Schusswechsel bei der Bundeswehrübung in Erding im Oktober 2025.
Bildrechte: BR/Fabian Stoffers
Schlagwörter
Bildrechte: BR/Fabian Stoffers
Videobeitrag

Innenminister Herrmann zum Schusswechsel bei der Bundeswehrübung in Erding im Oktober 2025.

Aktualisiert am
Videobeitrag
Erschien zuerst am
>

Schüsse in Erding: Polizei reagierte wohl auf Platzpatronen

Schüsse in Erding: Polizei reagierte wohl auf Platzpatronen

Ein Soldat wird bei einer Militärübung von der Polizei angeschossen - so passiert im Oktober im Landkreis Erding. Aber warum? Bayerns Innenminister Herrmann hat neue Details zum Vorfall bekanntgegeben. Und die könnten juristisch interessant sein.

Über dieses Thema berichtet: BR24 TV am .

Die Schüsse auf Bundeswehrsoldaten bei einer Übung im oberbayerischen Altenerding waren laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine Reaktion der Polizei auf Feuer mit Platzpatronen. Nach dem Notruf einer Anwohnerin wegen der Sichtung eines bewaffneten Mannes hätten die Beamten zunächst Warnschüsse abgegeben und die Männer in Tarnkleidung aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen, sagte Herrmann im Innenausschuss des bayerischen Landtags. Darauf hätten die Soldaten zunächst auch reagiert. "Nach dem aktuellen Stand der Untersuchung eröffnete dann aber eine der Personen das Feuer mit Manövermunition, also sogenannten Platzpatronen", sagte Herrmann." Hierauf sei es zur Schussabgabe durch Polizeibeamte mit den bekannten Folgen gekommen.

Soldaten gingen laut Herrmann von Übungsszenario aus

Ein Teil der Soldaten vor Ort sei wohl davon ausgegangen, "dass sie sich in einem Übungsszenario befinden". Die Polizei hingegen ging von einer womöglich terroristischen Gefahr aus, so der Innenminister rückblickend. Ihre Einsatzkräfte erwiderten mit scharfen Schüssen. Dabei wurde ein Soldat im Gesicht leicht verletzt.

Bekannt ist: Eine Anwohnerin meldete am 22. Oktober eine Person mit Langwaffe und in Tarnkleidung. Um 17 Uhr erfolgte der Polizeieinsatz, in dessen Verlauf zunächst die Polizei Warnschüsse abgab. Laut Herrmann versuchte die Dienststelle telefonisch bei der Bundeswehr vor dem Einsatz abzuklären, ob es sich um Soldaten im Rahmen der Übung handeln könnte. Allerdings sei die Zeitspanne für diese Klärung auf wenige Minuten beschränkt gewesen.

Fatale Kommunikationspanne zwischen Polizei und Bundeswehr

Herrmann sieht trotz offener Fragen bereits einen Schwachpunkt in der Kommunikation. Konkret sprach er nun von widersprüchlichen Informationen der Bundeswehr: "Es gab wohl auch unterschiedliche Angaben, wann die Übung konkret wo beginnt. Es war eine freilaufende Übung, sodass nicht feststand, an welchem Ort sich manches Geschehen abspielt."

Bislang sei nicht geklärt, inwieweit die örtliche Polizei darüber informiert war, dass sich bereits Soldaten im Rahmen der Bundeswehrübung "Marshal Power" auf dem Gelände einer Straßenmeisterei in Alterding aufhielten. So wurde der 22. Oktober als Beginn der überregionalen Übung mitgeteilt, aber ein Übungsszenario für den Bereich Erding für die Nacht vom 23. Oktober angekündigt.

Auch sei offen, wie gut die "gegenseitige Erkennbarkeit" gewesen sei. "Hätte die Polizei sehen können, dass das Original-Bundeswehrsoldaten sind und hätten die Bundeswehrsoldaten sehen können, dass das Original Bayerische Polizei ist?" All dem müsse jetzt noch nachgegangen werden.

Dazu kommt: Anders als bei minutiös geplanten Großmanövern, sei im Oktober gezielt das flexible Reagieren der Soldaten auf wechselnde Situationen geübt worden. Demnach sei nicht vorherzusehen gewesen, wann sich Bundeswehrsoldaten in welcher Region tatsächlich vor Ort befanden.

Grüne fordern bessere Information der Bevölkerung

Florian Siekmann (Grüne) betonte im Innenausschuss die gemeinsame Verantwortung von Staatsregierung und Bundeswehr für ein Gelingen einer solchen Übung. "Die große Baustelle staatlicherseits sehe ich in der Information der Bevölkerung, in der Information der staatlichen Stellen." Die Informationspolitik der Regierung müsse bei diesen Übungen besser werden und beispielsweise auch über die Warn-Apps Katwarn und NINA die Bevölkerung informieren, wenn die Bundeswehr eine Übung in ihrer Region abhält.

Anteilnahme für verletzten Soldaten und Polizisten

Eine Vorverurteilung egal welcher Seite lehnten die Mitglieder des Innenausschusses parteiübergreifend ab. Polizisten wie Soldaten litten unter der seelischen Belastung dieser Situation. Niemand habe böswillig gehandelt, so das Fazit im Landtag. Einhellig begrüßt wurde im Landtag das Ziel Herrmanns, die Zusammenarbeit von Bundeswehr und Polizei, aber auch dem Technischen Hilfswerk, der Feuerwehr und den Rettungsdiensten zu überprüfen und zu verbessern. Denn angesichts der Bedrohungslage durch Russland wird es laut Staatsregierung künftig vermehrt Großübungen der Bundeswehr in Bayern geben.

Herrmann will sich nach Abschluss der Untersuchungen für eine organisationsübergreifende Nachbearbeitung des Geschehens einsetzen und die Kommunikation und Zusammenarbeit von Polizei und Bundeswehr weiter verbessern.

Anwälte des Soldaten haben Strafanzeige gestellt

Das Landeskriminalamt ermittelt noch zu den Vorgängen beim Polizeieinsatz und möglichen Kommunikationsfehlern im Auftrag der Staatsanwaltschaft Landshut. Beweismittel wie E-Mails, Telefonverbindungen und auch Zeugenaussagen werden derzeit aufgenommen.

Die vom Polizeieinsatz betroffenen Bundeswehrsoldaten haben inzwischen Anzeige wegen des Schusswaffengebrauchs der Polizei erstattet. Die Anwälte des angeschossenen Soldaten schrieben in einer Mitteilung von Hinweisen, wonach die Soldaten zum Zeitpunkt der Polizeischüsse "als solche erkennbar waren und sich Teile bereits ergaben oder am Boden befanden, als weiter geschossen wurde".

Mit Material von dpa

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!